Kommentar: Armutszeugnis
■ Warum die GAL ein unübersehbares Signal ihrer politischen Unreife gab
Es ist ja so herrlich einfach, Köpfe rollen zu lassen. Da kann man so richtig Frust abbauen, ein paar Leute zu Sündenböcken machen und bekommt auch sofort ein sichtbares Resultat. Das aber ist zu einfach.
Natürlich muss die GAL sich der Frage stellen, worauf die Klatsche an der Wahlurne zurückzuführen ist. Aber es wäre entzückend, wenn diese Partei, die vier Jahre in Hamburg Regierungsverantwortung trug und diese auch gerne noch länger getragen hätte, sich auch ernsthaft um Antworten bemühen würde. Darum aber drückt sie sich.
Auf der Mitgliederversammlung wurde eine politisch-inhaltliche Debatte kaum in Ansätzen geführt. Vielleicht habe die GAL in der rot-grünen Koalition zu wenig Profil gezeigt? Ja, irgendwie wohl schon. Und die vielen Sachzwänge, die seien auch unschön gewesen. Vielleicht war Krista Sager die falsche Spitzenkandidatin? Tja, hinterher sei man immer schlauer. Und hatte der Parteivorstand überhaupt den Durchblick? Irgendwie wohl nicht so ganz.
Aber irgendjemandem muss man ja die Schuld geben. Und zwar dem schwächsten Glied in der Kette, dem Vorstand. Aber erst, nachdem dessen Wahlanalyse und Vorschläge für die weitere Arbeit mit großer Mehrheit gebilligt wurden: Ein Zickzack-Kurs der grünen Basis, der absurd und politisch nicht begründbar ist. Ein Armutszeugnis.
Kein Konzept zu haben ist nicht dadurch zu kompensieren, dass erst mal Köpfe abgeschlagen werden. Die GAL hat kein Signal für einen Neuanfang gegeben, sondern ein Zeichen ihrer politischen Unreife.
Sven-Michael Veit
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