Kommentar zur Wettmanipulation: Der ganz alte Fußballgeist
Der neue Fußball-Wettskandal erinnert an alte Zeiten, als Fußballer noch Kerle waren, die in dunklen Kaschemmen ihr Gehalt verspielten.
E s gibt sie noch - echte Kerle im Fußball. Auch das ist eine Nachricht, die mit all den Enthüllungen um manipulierte Spiele einhergeht. Es ist der ganz alte Fußballgeist, der sich regt, wenn über Kicker berichtet wird, die Wettschulden in Millionenhöhe haben, denen Gläubiger aus der Halbwelt mit gezückter Waffe gegenüberstehen, die immer den Geldbeutel zücken, wenn jemand eine Wette anbietet.
Der neue Fußballgeist weilt derweil im Trainingslager irgendwo am Golf, wo sich schon als Bubis zu Weicheiern verhätschelte Jungprofis von einem Psychologen beraten lassen, wie sie aus ihrem mentalen Loch wieder herausfinden können, und danach im Hotelzimmer überlegen, welches Auto sie dem Model, das sie ihre Freundin nennen, kaufen sollen.
In Bochum vor dem Landgericht wird dieser Tage in Sachen Wettmanipulation verhandelt. Spiele in ganz Europa sind geschoben worden. Über den Fußball sind aus kleinen Hinterzimmergaunern große Ganoven geworden. Schieber aus dem kleinkriminellen Milieu konnten am großen Rad drehen, weil es in der Kickerszene unter Spielern wie Schiedsrichtern immer noch genug Menschen gibt, für die Fußball etwas anderes ist als verwissenschaftlichter Leistungssport.
ANDREAS RÜTTENAUER ist Redakteur im taz-Ressort Leibesübungen.
Es gab einmal eine Zeit, da wurden die Fußballer am meisten verehrt, die es nicht nur wegen guter Leistungen auf dem Platz in die Medien geschafft haben, sondern auch weil sie regelmäßig Räusche heimgetragen und eventuell in dunklen Kaschemmen Schlägereien angezettelt haben.
Das waren Männer, die nicht nur auf dem Fußballfeld gespielt haben - und sich gerade deshalb als wahre Kicker fühlten. Um diesen verruchten, wahren Fußball geht es im Bochumer Prozess. Der hat seine Fans. Die wissen auch: Wettmanipulation ist unfair, aber Schieber am Spielfeldrand gehören irgendwie dazu beim Fußball
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