Kommentar zur Kandidatin der Linken: Die Notlösung
Die Linkspartei hat Luc Jochimsen als Kandidatin für das Bundespräsidentenamt nominiert. Doch: Sie verkörpert so gar keine Idee. Das ist ärgerlich.
D ie Linkspartei ist noch immer das Schmuddelkind unter den hiesigen Parteien. Deshalb fällt es ihr nicht leicht, jemand mit überparteilichem Renommee als Kandidat für die Bundespräsidentenwahl zu gewinnen. Die Kandidaturen von Uta Ranke-Heinemann 1999 und Peter Sodann im Jahr 2009 bewegten sich hart an der Grenze zum Unernsten. Bei Luc Jochimsen, der Ex-Chefredakteurin des Hessischen Rundfunks, ist das nicht anders.
Ihre große Zeit als linksliberale Journalistin liegt schon mehr als zwei Jahrzehnte zurück. Dass die Linksparteiführung seit Tagen Joachim Gauck als Mann der Vergangenheit kritisiert und nun eine 74-Jährige aufstellt, an deren Heldentaten sich nur Ältere erinnern, zeigt, dass diese Kandidatur aus purer Not geboren ist.
Weil SPD und Grüne - durchaus gezielt gegen die Linkspartei - Gauck ins Rennen schicken, fühlt sich die Linkspartei bemüßigt, ihre Eigenständigkeit zu demonstrieren. Das wirkt nicht wie eine souveräne Geste, sondern wie ein Pawlowscher Reflex. Warum also diese Kandidatin? Jochimsen ist seit fünf Jahren für die Linkspartei im Bundestag, ohne dabei weiter aufgefallen zu sein.
Offenbar reichen dies und ihr ausgeblichenes publizistisches Renommee, um sie für diese Kandidatur zu qualifizieren. Die Partei will auf Nummer sicher gehen. Jemand aus den eigenen Reihen zu nominieren mindert die Gefahr, dass das Ganze in einem unkontrollierbaren PR-Desaster endet. Aber das ist keine Antwort auf die Frage, ob diese Kandidatur nötig und sinnvoll ist. Natürlich ist es völlig legitim, auch jemand ins Rennen zu schicken, der keine Chance hat. Es widerspricht der viel zitierten Würde des Amtes nicht, diese Wahl zu nutzen, um einer Idee Öffentlichkeit und symbolische Repräsention zu verschaffen. Aber mit Verlaub: Welche nach vorne drängende Idee verkörpert Luc Jochimsen?
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