Kommentar zur Finanzierung des Sozialtickets: Eine Frage der Verantwortung
Die Kritik des Landesrechnungshof am Berliner Sozialticket ist formale Korinthenkackerei.
Der Rechnungshof kritisiert, dass der Senat ein Sozialticket finanziert. Das mag man blöd finden. Aber formal hat er Recht: Das Land Berlin ist nicht dafür zuständig, ein günstiges Ticket für Hartz-IV-Empfänger zu bezahlen. Das ist zu Recht die Aufgabe des Bundes. Der allein muss also dafür sorgen, dass Hartz IV hoch genug ist, um damit auch die Kosten für die Mobilität zahlen zu können.
Aber was tun, wenn der Verantwortliche seiner Verantwortung nicht gerecht wird? Soll das Land Berlin es hinnehmen, wenn der Bund glaubt, 351 Euro monatlich plus die Mietkosten würden zum Leben ausreichen? Nein, der Senat muss dann selbst Verantwortung übernehmen - und das macht er auch. Und zwar nicht nur durch Forderungen an den Bund, endlich mehr Geld zu zahlen. Sondern auch durch eigene Zuschüsse.
Was muss man also vom Rechnungshof halten, wenn er dem Senat solche Spartipps gibt? Gar nichts - es ist die Aufgabe der Haushaltshüter, Hinweise zu geben. Und sie helfen ja auch oft dabei, echte Verschwendung abzustellen. Was echte Verschwendung ist und was nur formale Korinthenkackerei, dass muss die Politik entscheiden. Dort übernimmt allein die FDP die Argumentation des Rechnungshofes - und zeigt, wie egal ihr soziale Verantwortung ist.
Der Senat dagegen muss auch an anderen Stellen handeln. Denn nicht nur für die BVG reicht Hartz IV nicht aus. Auch für Freizeit- und Kulturangebote fehlt Hartz-IV-Empfängern das Geld. Darum ist es längst überfällig, dass es in Kürze auch einen "Berlin-Pass" für Bedürftige geben soll, mit dem solche Angebote billiger werden. Bei diesem sozialen Kurs darf der Senat sich von den Formalfetischisten vom Rechnungshof und der FDP auch weiter nicht beirren lassen.
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