Kommentar zur EU-Rechtsfraktion: Mehr Kreide fressen
Danke, Ukip, oder was? Die europäische Rechtsaußen-Fraktion ist gescheitert, auch dank der fremdenfeindlichen Engländer. Zu großer Jubel wäre verfrüht.
S oll man Nigel Farage nun dankbar sein? Der Ukip-Chef hat bereits letzte Woche seine europäische Fraktion Europe of Freedom and Democracy neu formiert. Als Nebenwirkung hat er auch den Weiher leergefischt, in dem zwei andere Protagonisten des nationalstaatlichen Revivals nach Verbündeten suchten: Geert Wilders und Marine Le Pen.
Ihre mit großem Poltern angekündigte European Alliance for Freedom wird es nun nicht geben – nicht zuletzt, weil Farage mit der litauischen Ordnung und Gerechtigkeit (allein diese Namen!) sowie den Schwedendemokraten zwei Parteien an sich gebunden hat, die auch Wilders und Le Pen fest auf der Rechnung hatten.
Deren Kalkül wiederum ist offensichtlich: In einer Kooperation mit Farage hätte sich nicht allein die eigene antieuropäische Agenda umsetzen lassen, wäre auch für die Reputation deutlich besser als der antisemitische Rattenschwanz des FN, Wilders’ Ausfälle gegen Muslime oder die braunen Ränder von FPÖ und Vlaams Belang es sind.
Dass es eine solche rechte Fraktion nicht geben wird, ist natürlich eine gute Nachricht. Trotzdem wäre der Jubel darüber verfrüht. Le Pen und Wilders, vor einem halben Jahr noch als identitäres Traumpaar gefeiert, dürften jetzt weiter auf eine Annäherung an die bürgerliche Rechte setzen. Noch mehr Kreide fressen, das ist also die Devise – auch um die störenden Hintergrundgeräusche zum Beispiel des alten Le Pen zu übertönen.
Wie weit der nationalstaatliche Backlash inzwischen im Mainstream angekommen ist, belegen derweil zwei andere Parteien, die sowohl Farage als auch Wilders/Le Pen gerne als Verbündete gehabt hätten: die Dänische Volkspartei und die Wahren Finnen. Beide schlossen sich vor Kurzem den European Conservatives and Reformists an – wodurch sie künftig mit niemand Geringerem als David Cameron in einem Boot sitzen.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Anschlag in Magdeburg
„Eine Schockstarre, die bis jetzt anhält“
Bundestagswahl 2025
Parteien sichern sich fairen Wahlkampf zu
Exklusiv: RAF-Verdächtiger Garweg
Meldung aus dem Untergrund
Streit um Russland in der AfD
Chrupalla hat Ärger wegen Anti-Nato-Aussagen
Bundestagswahl am 23. Februar
An der Wählerschaft vorbei
Nach dem Anschlag in Magdeburg
Rechtsextreme instrumentalisieren Gedenken