Kommentar zur CDU-Vorstandswahl: Einer zeigt endlich Mut
neuer cdu-kandidat
Er heißt nicht Braun, nicht Steffel, nicht Grütters. Er heißt Walther. Und kaum einer kennt ihn in der CDU, anders als die anderen, die immer mal wieder als Chefs im Gespräch waren. Er ist bar aller Chancen. Und vielleicht fehlt ihm tatsächlich vieles zu einem guten Parteichef. Aber er traut sich im Gegensatz zu den anderen: Er kritisiert nicht nur, er kandidiert, selbst auf die Gefahr hin, lächerlich zu wirken. Und das ist bewundernswert.
200 Parteimitglieder aus Zehlendorf hatten vor zwei Wochen den Aufstand geprobt, als Frank Henkel bei ihnen vorbeischaute, den der Landesvorstand als neuen CDU-Landeschef empfahl. Drei Stunden lang herrschte der Aufstand im örtlichen Ratskeller. Aber trat da einer vor und sagte: "Nur kritteln hilft nicht, man muss auch eine Alternative anbieten - hier bin ich"? Nein. Walther tut es.
Und was heißt überhaupt, er habe überhaupt keine Erfahrung in der Politik, er könne die Partei nicht führen? War Ingo Schmitt, der vorher außer Senator schon fast alles war, deshalb ein guter CDU-Chef? Nein.
Das wirklich Spannende an Walthers Kandidatur ist, dass sie eine eigene Dynamik entwickeln und andere anstecken könnte. Als der damalige Landeschef Eberhard Diepgen 2002 trotz seiner Abwahl als Regierender Bürgermeister noch eine Ehrenrunde im Bundestag drehen wollte, grummelte die Partei, schien aber zu akzeptieren. Und dann stand beim Nominierungsparteitag plötzlich ein weithin unbekannter Gegenkandidat auf. Der zog seine Bewerbung zwar kaum eine Stunde später wieder zurück, aber auf einmal war ein Damm gebrochen. Parteiobere versichern zwar, Diepgen wäre damals auch ohne die Gegenkandidatur gestürzt. Einen Anteil daran hatte sie aber in jedem Fall.
So ist auch Walthers Bewerbung zu sehen: als Weg, der Basis zu zeigen, dass sie wählen kann, wenn sie nur will. Dass sie will, muss sie jetzt beweisen. Dieter Walther hat seinen Teil erledigt.
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