Kommentar zum Volksentscheid: Berlin entfaltet Leidenschaft
E s ist ordentlich was los in der Stadt. Jeden Tag konnte man in Berlin in den vergangenen Wochen über die Zukunft der lokalen Energieversorgung diskutieren: Podien, Werkstattgespräche, Debatten im Freundeskreis, vor allem aber die Unterschriftenstände des Energietisches auf der Straße: Endlich gibt es in der Stadt eine leidenschaftliche Öffentlichkeit für die Fragen der Energiewende vor Ort. Das ist schon jetzt das größte Verdienst des Volksbegehrens.
Dessen Initiatoren stehen nun vor großen Herausforderungen. Zwar wird die Skepsis vieler Berliner gegenüber der Marke Vattenfall nicht abnehmen, solange die vor allem für den Klimakiller Kohle steht. Doch für einen erfolgreichen Volksentscheid muss das Bündnis vor allem Überzeugungsarbeit für seinen eigenen Gesetzentwurf leisten.
Demokratische Revolution
Denn der birgt Detailforderungen, die es in sich haben: In den Aufsichtsgremien von Stadtwerken und Stromnetzbetreibern sollen direkt gewählte Bürger sitzen. Dies würde nicht nur eine Rekommunalisierung, sondern eine demokratische Revolution bedeuten. Öffentliches Eigentum, beaufsichtigt von gewählten Bürgern – Senat und Parlamentarier werden allerlei kritische Fragen zu Legitimation, Kompetenz und Haftung aufwerfen.
Der Energietisch muss nun erklären, warum es gerade nach den Erfahrungen mit Regierungsvertretern im Flughafen-Aufsichtsrat lohnen würde, ein solches demokratisches Experiment zu wagen. Ohne Zweifel: Es wird weiter ordentlich was los sein in der Stadt. Erst recht, sollte der Senat versuchen, den Entscheid an einem anderen Tag als dem 22. September anzusetzen.
Eine Koalition, die was bewegt: taz.de und ihre Leser:innen
Unsere Community ermöglicht den freien Zugang für alle. Dies unterscheidet uns von anderen Nachrichtenseiten. Wir begreifen Journalismus nicht nur als Produkt, sondern auch als öffentliches Gut. Unsere Artikel sollen möglichst vielen Menschen zugutekommen. Mit unserer Berichterstattung versuchen wir das zu tun, was wir können: guten, engagierten Journalismus. Alle Schwerpunkte, Berichte und Hintergründe stellen wir dabei frei zur Verfügung, ohne Paywall. Gerade jetzt müssen Einordnungen und Informationen allen zugänglich sein. Was uns noch unterscheidet: Unsere Leser:innen. Sie müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 50.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Es wäre ein schönes Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Friedensforscherin
„Wir können nicht so tun, als lebten wir in Frieden“
Prozess gegen Maja T.
Ausgeliefert in Ungarn
Klimaneutral bis 2045?
Grünes Wachstum ist wie Abnehmenwollen durch mehr Essen
Bundesregierung und Trump
Transatlantische Freundschaft ade
CDU-Chef Friedrich Merz
Friedrich der Mittelgroße
ifo-Studie zu Kriminalitätsfaktoren
Migration allein macht niemanden kriminell