Kommentar zum Nein der SPD: Die Dialektik des Jan Stöß
Die Berliner SPD ist am Samstag zu einem Landesparteitag zusammengekommen. Eine große Mehrheit sprach sich gegen den Volksentscheid für ein Öko-Stadtwerk aus.
W äre die Berliner SPD ein Automobil, müsste die Polizei augenblicklich eingreifen. Wer einen solchen Schlingerkurs fährt, muss sofort zur Alkoholkontrolle. Aber die Berliner Sozialdemokratie ist bekanntlich kein Automobil, sondern, wie es einst ein Genosse formulierte, Berlins größte Selbsterfahrungsgruppe.
Klares Ja, klares Nein
Das war sie auch wieder beim Landesparteitag am Samstag. Ein klares Ja zur Rekommunalisierung und ein klares Nein zum Volksentscheid des Energietischs: So etwas packt nur ein Dialektiker wie Landeschef Jan Stöß. Der gibt gegenüber Bundeschef Sigmar Gabriel gewohnt den linken Flügelstürmer – und plädiert für Rot-Rot-Grün auf Bundesebene statt für ein Bündnis mit der CDU.
Geht es dann um Berlin, verteidigt Stöß aber lieber hinten rechts gegen allzu forsche Vorstöße des Gegners von links. Damit unterscheidet sich Stöß nicht von Klaus Wowereit. Auch der galt den Sozialdemokraten im Bund als linker Frontmann, in Berlin aber hat er seine Genossen lieber in die Arme der CDU geführt.
Dabei hat Sigmar Gabriel seine Partei am Samstag genau vor einer solchen Selbstgefälligkeit gewarnt, als er von der „Kluft“ zwischen der Lebenswelt der Bürger und den SPD-Funktionären sprach. Bei Jan Stöß ist das ganz offensichtlich nicht angekommen. Wie sonst kann man ernsthaft behaupten, dass ein von der CDU auf Minigröße reduziertes Kraftwerk das einzig gültige Maß der Rekommunalisierung ist?
Aber vielleicht muss man das ja alles nicht so ernst nehmen. Für Selbsterfahrungsgruppen gelten schließlich andere Regeln als für normale Parteien.
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