Kommentar zukünftige Volksgesetzgebung: Bürgerrechte für alle, nicht für wenige
Wenn die Umsetzung eines Volksentscheids Geld kostet, muss vor der Abstimmung klar sein, wie sie bezahlt werden soll.
D as Problem ist nicht von der Hand zu weisen. Wenn die Umsetzung eines Volksentscheids Geld kostet, muss klar sein, wie sie bezahlt werden soll. Und zwar vor der Abstimmung, damit die BürgerInnen auch um die Konsequenzen wissen. Das Olympia-Referendum 2015 ist vor allem daran gescheitert, dass kein realistisches Finanzkonzept auf dem Tisch lag. Das war die Schuld von „denen da oben“, dafür bekamen sie die Quittung.
Aber auch „die da unten“ dürfen sich nicht um Finanzierungsvorschläge herumdrücken. Unter den Bedingungen der Schuldenbremse gibt es keinen Dispo mehr, der lebenslang gnadenlos ausgereizt werden könnte. Dann kann nur noch das vorhandene Geld ausgegeben werden, und wofür das geschieht, muss transparent sein. Wer sich etwas leisten möchte, muss auch klar sagen, worauf er verzichten will.
Ansonsten könnten wortmächtige und gut organisierte Gruppen ihr Partikularanliegen ohne Rücksicht auf Verluste anderer durchsetzen. Das aber wäre der Triumph der interessengespalteten Gesellschaft, in der sich in letzter Konsequenz verfeindete Clans Dauerfehden liefern: Was die eine Minderheit heute durchsetzt, könnte die andere Minderheit morgen wieder ändern, Rechnung bitte ans Parlament.
Mithin geht es also bei Volksentscheiden, die nicht auf Pump finanziert werden, keineswegs um eine Einschränkung der Volksgesetzgebung mit ihren ohnehin schon arg niedrigen Quoren, es geht nicht um die Beschneidung von Bürgerrechten. Es geht vielmehr um die Wahrung der Bürgerrechte aller, nicht weniger. Ein Mehr an Demokratie kann nur durch Ausgleich erreicht werden, nicht durch Spaltung. Das klingt mühsam, aber anders kann ein Gemeinwesen nicht funktionieren. Wenn es denn bezahlbar bleiben soll.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Geschasste UN-Sonderberaterin
Sie weigerte sich, Israel „Genozid“ vorzuwerfen
Prognose zu Zielen für Verkehrswende
2030 werden vier Millionen E-Autos fehlen
Fake News liegen im Trend
Lügen mutiert zur Machtstrategie Nummer eins
Mord an UnitedHealthcare-CEO in New York
Mörder-Model Mangione
Partei stellt Wahlprogramm vor
Linke will Lebenshaltungskosten für viele senken
Vertrauensfrage von Scholz
Der AfD ist nicht zu trauen