Kommentar zu militantem Staatsschutz: Ein Rechtsstaat - ganz am Ende
Willkür beherrschte das Ermittlungsverfahren. Beruhigend ist, dass die Kontrolle durch das BGH dieses Mal funktioniert hat.
Dieses Ermittlungsverfahren grenzte an Willkür. Über sieben Jahre wurden drei Linksradikale abgehört und observiert, weil sie die "militante gruppe" (mg) gegründet haben sollen. Doch die Überwachung der drei war von Beginn an rechtswidrig. Das hat der Bundesgerichtshof (BGH) in einem jetzt bekannt gewordenen Beschluss festgestellt.
Und dabei ging es nicht um offene Rechtsfragen, die der BGH nun endlich geklärt hat. Nein, es bestand von Anfang an kein Verdacht und es ergab sich auch keiner im Rahmen der siebenjährigen Ermittlungen. Es genügte, dass die drei Beschuldigten sich mit ähnlichen Themen befassten wie die mg. Öfter wurde die Überwachung abgebrochen, dann wieder aufgenommen, aber nicht, weil es nun doch einen Verdacht gab, sondern weil sich die allgemeine Gefahrenlage verschärfte und man dann einfach jemand überwachen wollte - quasi als Arbeitsnachweis.
Üblicherweise entschuldigen BKA und Bundesanwaltschaft solche illegalen Grundrechtseingriffe damit, es habe ja der Ermittlungsrichter des BGH zugestimmt. Auch diesmal gab es mehr als 30 zustimmende Beschlüsse. Allerdings wurde dem Richter ein entlastendes Sprachgutachten des BKA vorenthalten. Bei solchen Manipulationen kann der Richtervorbehalt nicht funktionieren. Leider handelt es sich bei diesem an den Haaren herbeigezogenen Ermittlungsverfahren um keinen Ausrutscher. So hat die Bundesanwaltschaft im Vorfeld des G-8-Gipfels von Heiligendamm 2007 eine terroristische Vereinigung von Gipfelgegnern erfunden, um die Bewegung besser überwachen zu können.
Beruhigend ist an diesen Vorgängen nur, dass zumindest die Schlusskontrolle durch den 3. Strafsenat des BGH funktioniert. Hier gibt es keine Kameraderie, sondern rechtstaatliche Kontrolle, wie sie sein sollte.
40.000 mal Danke!
40.000 Menschen beteiligen sich bei taz zahl ich – weil unabhängiger, kritischer Journalismus in diesen Zeiten gebraucht wird. Weil es die taz braucht. Dafür möchten wir uns herzlich bedanken! Ihre Solidarität sorgt dafür, dass taz.de für alle frei zugänglich bleibt. Denn wir verstehen Journalismus nicht nur als Ware, sondern als öffentliches Gut. Was uns besonders macht? Sie, unsere Leser*innen. Sie wissen: Zahlen muss niemand, aber guter Journalismus hat seinen Preis. Und immer mehr machen mit und entscheiden sich für eine freiwillige Unterstützung der taz! Dieser Schub trägt uns gemeinsam in die Zukunft. Wir suchen auch weiterhin Unterstützung: suchen wir auch weiterhin Ihre Unterstützung. Setzen auch Sie jetzt ein Zeichen für kritischen Journalismus – schon mit 5 Euro im Monat! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Werben um Wechselwähler*innen
Grüne entdecken Gefahr von Links
Wahlverhalten junger Menschen
Misstrauensvotum gegen die Alten
Kanzler Olaf Scholz über Bundestagswahl
„Es darf keine Mehrheit von Union und AfD geben“
Donald Trump zu Ukraine
Trump bezeichnet Selenskyj als Diktator
Berlinale-Rückblick
Verleugnung der Gegenwart
Wahlarena und TV-Quadrell
Sind Bürger die besseren Journalisten?