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Kommentar zu fehlenden IndikatorenIntegration: modern, aber lästig?

Kommentar von Alke Wierth

M an kann lange darüber streiten, ob es richtig ist, Nachkommen von Einwandererfamilien „Menschen mit Migrationshintergrund“ zu nennen. Berlin jedenfalls hat sich dafür entschieden – nicht um die so Bezeichneten zu diskriminieren, sondern um ihnen „die Möglichkeit zur gleichberechtigten Teilhabe in allen Bereichen des gesellschaftlichen Lebens zu geben“.

So steht es jedenfalls in Paragraf 1 des Berliner Integrationsgesetzes, und weiter hinten steht noch etwas Wichtiges, nämlich: „[…] entsprechend ihrem Anteil an der Bevölkerung“. Um dieses Ziel zu erreichen, um prüfen zu können, ob die Maßnahmen wirksam sind, die man als Mittel zu diesem Zweck einsetzt, muss man Migrationshintergründe abfragen und erfassen. Auch darauf hat sich die Berliner Politik festgelegt.

Nur Verzierung?

Aber sie tut nicht, was sie beschlossen hat. Es sei eben so kompliziert, die rechtlichen Grundlagen zu schaffen, heißt es aus der Verwaltung. Dass dafür allerdings selbst die seit Beschluss des Integrationskonzeptes 2007 verstrichenen fünf Jahre nicht ausreichend gewesen sein sollen, klingt wenig überzeugend. Da ist der Verdacht der Grünen schon einleuchtender, der Senat habe sich mit seiner neuen Integrationspolitik nur schmücken wollen.

Integrationspolitik ist modern, und MigrantInnen sind in einer Stadt wie Berlin kein kleines Wählerpotenzial. Die SPD weiß das. Sie plädiert deshalb gern für das kommunale Ausländerwahlrecht – immer vor den Wahlen. Mit der Umsetzung hapert es danach auch immer. Bleibt die Hoffnung, dass BerlinerInnen mit Migrationshintergrund längst integriert genug sind, um solche Politik zu durchschauen.

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Kolumnistin taz.stadtland
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5 Kommentare

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  • WB
    Wolfgang Banse

    @Wolfgang Banse

    Selbstverständlich muss es Migranten heißen.Ich bitte um Entschuldigung

  • WB
    Wolfgang Banse

    Integration sollte sich nicht nur auf Migarneten beziehen

    Integration ist und sollte ein wichtiges Anliegen sein,aller gesellschaftlichen Gruppieren,was das Integrien von Menscehn anbetrifft.

    Integration sollten nicht nur Menscehn mit einem Migrationshintergrund erfahren,sondern auch gehandicapte Menscehn,Mitmenschen.Um deren Integration ,was Bildungseinrichtungen,Ausbildung,Arbeit auf dem ersten allgemeinen Arbeitsmarkt betrifft gibt es eine Reihe von Defiziten.Benachteiligte sind die Menscehn ,die eine sichtbare beziehungsweise unsichtbare Behinderung besitzen.

    Integration ist falsch verstanden,wen diese sich nur auf Migranten bezieht.

  • B
    Brandt

    Das Berliner Integrationsgesetz schreibt die Bezeichnung "Menschen mit Migrationshintergrund" gesetzlich fest. Es wurde der Bevölkerung nicht klar gemacht, welche Vorteile das Integrationsgesetz und die vereinbarten Indikatoren für die Integration hat.

     

    Es sind auch kein Datenaustausch zwischen der Weltbank und NGOs z.B. dem Migration Policy Insitute vereinbart worden, die Migration und Integration weltweit statistisch beobachten.

     

    Im Inland gibt es keine Anpassung des Sozioökonomischen Panels SOEP, um die Haushaltsstichproben anzupassen. Genausowenig wie es Vereinbarungen mit Sparkassen und Volks- und Raiffeisenbanken ein Informationsaustausch über die Versorgung der "Menschen mit Migrationshintergrund" gibt.

     

    Der Berliner Senat betreibt ganz klar Symbolpolitik, das kann sich die Weltwirtschaft nicht leisten.

     

    Migration & Entwicklungszusammenarbeit wachsen zunehmend enger zusammen. Die Aufgabenbeschreibung des Integrationsbeauftragten ist zu eng. Eine moderne Auffassung von Integration muss Politiken des Finanzsektors, der Weltbank und der UNO mit ins Kalkül nehmen.

     

    Die grosse wirtschaftliche Bedeutung der Rücküberweisungen von Migranten für ganze Volkswirtschaften macht eine multilaterale Politikabstimmung erforderlich.

     

    Der lebhafte Technologietransfer zwischen dem Silicon Valley Taiwan und Indien sollte uns die Augen öffnen dafür, was alles möglich ist in diesem Politikfeld.

     

    Eine bessere Arbeit bei der Kanalisierung von Kapital- und Technologietransfer in die Schaffung von Arbeitsplätzen und die Finanzierung von Unternehmertum in den Auswanderungsregionen ist eine wichtige Zutat, um Migration zu einer biographischen Option zu machen und ihm den Charakter einer Lebensnotwendigkeit zu nehmen.

     

    Im Augenblick verschwinden riesige Mengen an migrantischen Steuergeldern in der Subventionierung der Agendas der "Wähler der Mitte". Die Oligopole der Geldüberweisungsinstitute fressen hohe Prozentsätze der Rücküberweisungen auf.

     

    Die geographische Distribution der guten Lehrer auf die Quartiere der Besserverdienenden ist eine versteckte steuerfinanzierte Subvention der Grundstückspreise dieser Gegenden. Natürlich ziehen die Besserverdienenden in die Gegenden mit den besten Schulen und drängen da die unteren Einkommensbereiche heraus. Die Lehrer-Gehälter, der Lehrerausbildungserfolg und die Arbeitsbedingungen in diesen Gegenden sind in den Grundstückspreisen eingearbeitet.

     

    Eine Unterversorgung mit guten Lehrern und Schulen schlägt sich systematisch negativ auf die Arbeitsplatzsicherheit von Niedriglöhnern und Migranten aus. Die Ausweitung des Niedriglohnsektors verschlechtert die Lebensbedingungen vieler Wähler und die Gentrifizierung vertreibt sie nun auch noch von den guten Schulbezirken.

     

    Im Falle der Migranten trägt diese Politik auch noch zur weltweiten Destabilisierung der Haushaltseinkommen in den Auswanderungsregionen bei. Neben schlechteren Planungsbedingungen für Bildungsinvestitionen und Immobilienerweerb werden auch die Mehrwertsteuer-Einnahmen der Auswanderungsregionen durch niedrigere erwartbare Lebenseinkommen der Einwanderer in Mitleidenschaft gezogen.

     

    Die Integrations- und Migrationspolitik macht also nicht nur die Kaufkraft auf den heimischen Absatzmärkten, sondern auch die Steuereinnahmen und die Absatzmärkte in den Auswanderungsregionen kaputt.

     

    Unsere nachfrageorientierte Marktwirtschaft braucht aber Kaufkraftentwicklung im Binnenmarkt und in den wichtigsten Zielmärkten der Weltwirtschaft, um unsere Produkte absetzen zu können. Die Kaufkraftentiwcklung dort hängt mit den Einkommenstransfer über die transnationalen Familien der Migranten zusammen. Eine Klientelpolitik zugunsten der Besserverdienenden ist eine Rezessionspolitik.

  • C
    Charlene

    Den Migrationshintergrund und Migrationsstatus muss man schon alleine deswegen penibel erfassen, um Behauptungen wie "Migration macht Deutschland erfolgreich" verifizieren zu können. Wie wollen Sie denn sonst evaluieren, ob Migration erfolgreich verläuft. Schließlich wird ja immerzu gefordert, Deutschland solle sich als Einwanderungsland professionalisieren. Ohne vernünftige Datengrundlage kann man das doch gar nicht steuern. Oder plädieren Sie etwa dafür, die Sache so unprofessionell laufen zu lassen wie gehabt? Dann würde Sarrazin nämlich am Ende Recht behalten!

     

    Ein weiterer Grund, wofür diese Daten benötigt werden, sind die explodierenden Kriminalstatistiken. Für eine erfolgreiche Präventionsarbeit ist es unerlässlich, kulturelle Eigenarten zu kennen.

     

    Sie können aber auch gerne darauf verzichten und überhaupt aufhören, irgendetwas zu erfassen und zu steuern. Nur sollten Sie dann nicht den Anspruch hegen, in einer modernen, wohlhabenden, sicheren Gesellschaft leben zu wollen. Sie können nicht lauter Ausländer ins Land lassen in der Hoffnung, dass sich alles von alleine regelt. Die Vergangenheit hat zur Genüge gezeigt, dass es so nicht funktioniert.

     

    Ich bin daher auch für Quoten. Und zwar für begrenzende Quoten bestimmter Einwandererherkünfte!

  • RE
    Rudolf Eglhofer

    Irgendwie hat Du es immer noch nicht kapiert, liebe Alke:

    Die persönliche Abstammung fällt unter den Datenschutz und wenn Mensch seine "community" nicht demonstrativ vor sich her tragen will geht sie auch keinen was an.

    Versuche doch mal, nur so zum Spass, die Migrantenquote unter den taz Journalisten festzustellen!

    Deine KollegInnen werden Dir was husten!