Kommentar zu fehlenden Indikatoren: Integration: modern, aber lästig?
M an kann lange darüber streiten, ob es richtig ist, Nachkommen von Einwandererfamilien „Menschen mit Migrationshintergrund“ zu nennen. Berlin jedenfalls hat sich dafür entschieden – nicht um die so Bezeichneten zu diskriminieren, sondern um ihnen „die Möglichkeit zur gleichberechtigten Teilhabe in allen Bereichen des gesellschaftlichen Lebens zu geben“.
So steht es jedenfalls in Paragraf 1 des Berliner Integrationsgesetzes, und weiter hinten steht noch etwas Wichtiges, nämlich: „[…] entsprechend ihrem Anteil an der Bevölkerung“. Um dieses Ziel zu erreichen, um prüfen zu können, ob die Maßnahmen wirksam sind, die man als Mittel zu diesem Zweck einsetzt, muss man Migrationshintergründe abfragen und erfassen. Auch darauf hat sich die Berliner Politik festgelegt.
Nur Verzierung?
Aber sie tut nicht, was sie beschlossen hat. Es sei eben so kompliziert, die rechtlichen Grundlagen zu schaffen, heißt es aus der Verwaltung. Dass dafür allerdings selbst die seit Beschluss des Integrationskonzeptes 2007 verstrichenen fünf Jahre nicht ausreichend gewesen sein sollen, klingt wenig überzeugend. Da ist der Verdacht der Grünen schon einleuchtender, der Senat habe sich mit seiner neuen Integrationspolitik nur schmücken wollen.
Integrationspolitik ist modern, und MigrantInnen sind in einer Stadt wie Berlin kein kleines Wählerpotenzial. Die SPD weiß das. Sie plädiert deshalb gern für das kommunale Ausländerwahlrecht – immer vor den Wahlen. Mit der Umsetzung hapert es danach auch immer. Bleibt die Hoffnung, dass BerlinerInnen mit Migrationshintergrund längst integriert genug sind, um solche Politik zu durchschauen.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Historiker Traverso über den 7. Oktober
„Ich bin von Deutschland sehr enttäuscht“
Deutsche Konjunkturflaute
Schwarze Nullkommanull
Schäden durch Böller
Versicherer rechnen mit 1.000 Pkw-Bränden zum Jahreswechsel
Ende der scheinheiligen Zeit
Hilfe, es weihnachtete zu sehr
Elon Musk greift Wikipedia an
Zu viel der Fakten
Grünen-Abgeordneter über seinen Rückzug
„Jede Lockerheit ist verloren, und das ist ein Problem“