Kommentar zu Sarkozy und den Medien: Spitzeln durch die Hintertüre
Die Neugier hat Grenzen, die Staatsräson aber auch. Frankreichs Präsident Sarkozy hat wohl ein paar "Leichen im Keller" vor der Öffentlichkeit zu verstecken.
I n Frankreich zirkuliert schon lange ein Witz: "Weißt du, was der Unterschied ist zwischen Berlusconi und Sarkozy? Sarkozy muss die Medien nicht selber kaufen, um sie zu kontrollieren …" Niemand lacht, schon gar nicht die Journalisten. Sie wussten schon lange, dass der neue Präsident andere Saiten aufziehen würde.
Schon als Präsidentschaftskandidat hatte er im Fernsehsender France 3 drohend gesagt: "Es gibt Dinge, die sich ändern müssen, und sie werden sich ändern." Gesagt, getan. Der Staatspräsident selbst ernennt jetzt die Vorsitzenden der öffentlichen Fernseh- und Rundfunkanstalten und er mischt sich auch sonst ganz ungeniert in die Personal- und Programmfragen ein. Die Medien scheinen für ihn weder eine "vierte Macht" der Demokratie noch Teil einer unabhängigen Wirtschaft zu sein. Kann das verwundern, da doch die meisten privaten Medien im Besitz enger Freunde des Präsidenten sind?
Zwar verstärkte Sarkozy den Schutz der Informationsquellen der Journalisten. Im entsprechenden Gesetz ließ er aber eine Hintertür offen: Sind "höhere Staatsinteressen" tangiert, können sich Ermittlungsbehörden über das berufliche Recht zur Geheimhaltung hinwegsetzen. In "Sarkozystan" aber verkörpert der Präsident selbstredend diese Staatsräson. Wer ihm, seiner Privatsphäre oder seinen Interessen schadet, riskiert, das Interesse des polizeilichen Nachrichtendienstes auf sich zu ziehen, der wiederum nach ganz oben meldet, wer da seine Nase in Dinge steckt, die nur die Staatsführung angehen sollten.
ist Frankreich-Korrespondent der taz.
Die Neugier hat Grenzen, die Staatsräson aber auch. Wer wie Sarkozy in seinem Dementi illegale Überwachungsmethoden mit Praktiken der Stasi vergleicht, um unbequeme Fragen abzuwimmeln, hat wohl ein paar "Leichen im Keller" vor der Öffentlichkeit zu verstecken.
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