Kommentar zu Mediaspree: Politik ist mehr als Aktivismus
Die Mühen der Verwaltungsebene haben die Aktivisten von Mediaspree versenken schlussendlich doch gescheut. Somit sind sie die Versager. Schade für die Versenker selbst - und die Basisdemokratie.
Sie wollten nicht mehr zusehen, wie Investorentürme das Spreeufer verschandeln. Sie wollten kämpfen, sich einmischen, Politik machen. Jetzt haben die AktivistInnen der Initiative Mediaspree Versenken den Sonderausschuss mit Politikern und Investoren verlassen, weil ihnen die Ergebnisse zu "kläglich" waren. Damit haben sie selbst kläglich versagt. Denn wahrer Kampfgeist beweist sich nicht im Transparenteschwingen, sondern in den Mühen der Verwaltungsebene. Schade für die Versenker - und die Basisdemokratie.
Dass sie die Kraft aufbringt, BürgerInnen zu mobilisieren, hat die Initiative Mediaspree versenken mit dem Bürgerbegehren bewiesen. Doch im Sonderausschuss, wo es um die konkrete Umsetzung ging, erwiesen sie sich als Papiertiger. Wer es ernsthaft mit Politik und Verwaltung aufnehmen will, muss sich auf die Spielregeln einlassen, Verwaltungsvorschriften studieren, Baupläne wälzen, dröge Detaildiskussionen führen. Doch wie man von Mitgliedern des Sonderausschusses hört, fehlte den vier AktivistInnen sogar das elementarste Wissen über demokratische Gewaltenteilung. Wer aber den Unterschied zwischen einem Bezirksamt und einer Partei nicht kennt, ständig zu spät kommt und mit wechselndem Personal zu den Sitzungen aufkreuzt, muss sich nicht wundern, wenn er nicht ernst genommen wird.
Es ist schade, dass die wenigen Erfolge des Ausschusses nun allein den etablierten Politikern zugutegehalten werden. Denn ohne den basisdemokratischen Elan der Mediaspree-Leute hätte es wohl gar keinen Uferweg gegeben. Es bleibt das Verdienst der Initiative, ein städtebauliches Unding wie "Mediaspree" ans Licht gezerrt zu haben. Doch die Versenker müssen jetzt entscheiden, was ihnen wichtiger ist: Fundi oder Realo. Die Maximalforderung "Spreeufer für alle" bedeutet Straßenkampf. Der Kampf um reale Teilerfolge erfordert eine Rückkehr in den Ausschuss. Die Grünen hätten dafür bestimmt Verständnis.
Eine Koalition, die was bewegt: taz.de und ihre Leser:innen
Unsere Community ermöglicht den freien Zugang für alle. Dies unterscheidet uns von anderen Nachrichtenseiten. Wir begreifen Journalismus nicht nur als Produkt, sondern auch als öffentliches Gut. Unsere Artikel sollen möglichst vielen Menschen zugutekommen. Mit unserer Berichterstattung versuchen wir das zu tun, was wir können: guten, engagierten Journalismus. Alle Schwerpunkte, Berichte und Hintergründe stellen wir dabei frei zur Verfügung, ohne Paywall. Gerade jetzt müssen Einordnungen und Informationen allen zugänglich sein. Was uns noch unterscheidet: Unsere Leser:innen. Sie müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 50.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Es wäre ein schönes Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Klimaneutral bis 2045?
Grünes Wachstum ist wie Abnehmenwollen durch mehr Essen
Leak zu Zwei-Klassen-Struktur beim BSW
Sahras Knechte
Nach Hitlergruß von Trump-Berater Bannon
Rechtspopulist Bardella sagt Rede ab
Friedensforscherin
„Wir können nicht so tun, als lebten wir in Frieden“
CDU-Chef Friedrich Merz
Friedrich der Mittelgroße
Wahlentscheidung
Mit dem Wahl-O-Mat auf Weltrettung