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Kommentar zu Julian AssangeUnglaubliche Doppelmoral

Bernd Pickert
Kommentar von Bernd Pickert

Julian Assange erhält Asyl in Ecuador. Die britische Drohung, die ecuadorianische Botschaft zu stürmen, führt internationales Recht ad absurdum.

Assange-Sympathisanten werden weggeräumt. Im Hintergrund: die ecuadorianische Botschaft. Bild: dapd

D er Fall des Wikileaks-Gründers Julian Assange ist zu einem unglaublichen Beispiel internationaler Doppelmoral geworden. Beide derzeit involvierte Länder, Großbritannien und Ecuador, messen mit zweierlei Maß. Am Mittwoch gab Ecuador die erwartete Entscheidung bekannt, Assange Asyl anzubieten, um ihn vor der möglicherweise drohenden Überstellung in die USA zu beschützen.

Unbemerkt von der Weltöffentlichkeit verfolgt die Regierung aber gleichzeitig die Ausweisung eines weißrussischen Ex-Regierungsmitarbeiters, der seit drei Jahren Asylstatus in Ecuador genießt.

Der Grund: Vor sechs Wochen war Weißrusslands Präsident Lukaschenko in Quito, unterzeichnete eine Reihe Wirtschaftsabkommen und machte Druck. Wenig später wurde der Mann, Alexander Barankov, in Quito verhaftet. Vor diesem Hintergrund sind die blumigen Erklärungen des ecuadorianischen Außenministers über die große Bedeutung politischen Aslys nicht mehr viel wert.

Bild: taz
Bernd Pickert

ist Auslandsredakteur der taz.

Großbritannien seinerseits hat mit seiner unverhohlenen Drohung, womöglich mit Polizeikräften die ecuadorianische Botschaft zu stürmen, um Assange zu verhaften, seine eigene, bisher zu Recht international vertretene Position über den Schutz der diplomatischen Vertretungen und die Treue zu den Wiener Konventionen ad absurdum geführt. Man stelle sich nur einmal vor, andere Staaten hätten in der Vergangenheit so gehandelt: Weder Dissidenten in der US-Botschaft in China noch DDR-Flüchtlinge in der deutschen Botschaft in Prag wären sicher gewesen.

Dass die britische Regierung bereit ist, einen derartigen Präzedenzfall auch nur anzudeuten, ist ein herber Schlag. Und: Sie gibt Assange damit eine Wichtigkeit, die überrascht.

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Bernd Pickert
Auslandsredakteur
Jahrgang 1965, seit 1994 in der taz-Auslandsredaktion. Spezialgebiete USA, Lateinamerika, Menschenrechte. 2000 bis 2012 Mitglied im Vorstand der taz-Genossenschaft, seit Juli 2023 im Moderationsteam des taz-Podcasts Bundestalk. In seiner Freizeit aktiv bei www.geschichte-hat-zukunft.org
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15 Kommentare

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  • V
    viccy

    @ hallo?

     

    "Wie sieht das für einen souveränen Staat aus, wenn diese sich von einem Mann, diktieren lässt, unter welchen Bedingungen Strafverfolgung und internationale Rechtshilfe stattfinden?"

     

    Dieses Argument hat zwar was, aber es ist rein formal. Denn zu Ende gedacht, würde der Prozess gegen "Pussy Riot" oder auch Steinigen wegen Ehebruchs im Iran oder sonstwo eine rein innerstaatliche Angelegenheit sein, die "uns" nichts angeht.

     

    Und am Umgang der USA mit Manning, der das Schlacht-Video der Luftwaffe mit öffentlich gemacht hat, sieht man ja, dass die USA - was ihr Strafsystem angeht - nicht per se so viel besser sind als Russland oder der Iran.

  • H
    hallo?

    Alle, die immer wieder gebetsmühlenartig die Beharrlichkeit der schwedischen und der britischen Regierung als Beleg dafür ansehen, dass es in Wirklichkeit um Wikileaks geht und die USA dahinterstecken, mögen doch bitte einmal Folgendes überlegen:

     

    Wie sieht das für einen souveränen Staat aus, wenn diese sich von einem Mann, diktieren lässt, unter welchen Bedingungen Strafverfolgung und internationale Rechtshilfe stattfinden?

    Das geht von daher schon aus generellen Erwägungen gar nicht, dass Schweden oder Großbrittannien da Garantien abgeben oder Zugeständnisse machen. Wie ein Strafverfahren abläuft, das richtet sich nach den Prozessordnungen und internationalen Übereinkommen und nicht nach dem Wunsch von Herrn Assange.

     

    Mit seinem Verhalten hat Julian Assange sicher auch nicht unwesentlich dazu beigetragen, dass die Situation so eskaliert ist. Er hat das britische Rechtssystem - das eine Auslieferung an die USA genauso wie an Schweden erlaubt hätte (einen Antrag hat es aber scheinbar nicht gegeben) - durch alle Instanzen in Anspruch genommen und sich dann - unter Verletzung der ihm gemachten Auflagen - dem Verfahren entzogen. Und dabei ging es die ganze Zeit um ein komplett unpolitisches Strafverfahren. Wie sinnvoll oder einsichtig die Strafvorschriften in Schweden auch scheinen mögen, sie sind jedenfalls dort geltendes Recht.

  • I
    inflexible

    Guter Kommentar. UK soll die Contenance wahren und diesem Herrn Asange nicht zum Märtyrer machen. Das hat er nicht verdient. Er erinnert mich an Steuerflüchtlinge, die sich ihre Drittstaatsnischen mit Bedacht aussuchen. Ecuador ist ein souveränes Völkerrechtssubjekt. Dann sollen sie Herrn Asange so lange souverän in ihrer Botschaft durchfüttern, wie es ihnen beliebt.

     

    Kommenatare wie der "alte Kolonialist" sind meine Wellenlänge nicht. Zu plump und ausgelatscht der geistige Pfad dahin. Ecuador war übrigens nie britische Kolonie.

  • SP
    Scarlet Pimpernel

    Fofi hat Recht. So machen sich gerade die alten Imperialisten lächerlich, die so tun, als ob es Assange sei, der sich der Verfolgung entziehe.

    Es ist - ganz ohne Verschwörungstheorie - umgekehrt.

     

    Das UK-Establishment, das schon bei den riots Mitglieder der Unterschicht zu Jahren Gefängnis für Supermarkt-Diebstahl verurteilt hat,

    wollen Assange vernichten. Die Australier wollten ihren Held retten, dessen Egomanie nicht gerade für Sympathien gesorgt hat.

    Gibt es in Schweden eigentlich eine Civil Rights Bewegung? Und in Ecuador Pressefreiheit?

     

    Die USA und die GB haben immer noch eins gemeinsam, erst bringen sie ihre Feinde um, Hundert Jahre später sagen sie 'sorry'. Nice bedfellows.

  • DS
    Daniel Sandberg

    Hallo

     

    Doppelmoral könnt ihr bei der TAZ aber auch ganz gut. Man stelle sich vor einer hopst nackt in der Synagoge

    herum und betet lautstark für die Freiheit von Horst Mahler oder um Erlösung von Frau Merkel. Was wären dann die Schlagworte der Pussys in Taz und öffentlich rechtlichem Rundfunk? Eklig, widerlich, menschenverachtend!

  • MG
    marco grandmann

    Es geht dabei nicht um Assange oder ob man ihn oder seine Ziele mag sondern um die zunehmende Impertinenz der USA ihre verkorksten Rechts- und Demokratievorstellungen mit Gewalt wenn es sein muss dem Rest der Welt aufzuwingen.Siehe Tim Dotcom, Europaeische Banken in Amerika, Amerikanische Drogenpolotik in Suedamerika, viele Auslieferungsersuchen international...die Liste ist endlos. Gleichzeitig wird dem eigenen System lax umgegangen wie man bei der Absegnung von Goldmann/Sachs sieht denen wir den ganzen Mist der Bankenkrise verdanken.Dass die Briten wieder einmal den Lakaien fuer die US spielen ueberrascht nicht, das war zu erwarten. Kein Mensch glaubt, dass es um Sexualvorwuerfe in Schweden geht, dazu ist das Timing zu seltsam und die Vorwuerfe zu vage.

    Amerika vergleicht sich gern mit dem Roemischen Reich und vergisst dabei dessen Untergang der auch damit begann , dass es zu gross wurde und zu arrogant und wenn die Kanten einmal broeseln kann es um sich schlagen so brutal es will, am Ende implodiert das Imperium. Aber ach, Geschichte war noch nie die Staerke dieser europaeischen Straeflingskolonie.

  • R
    Rau

    Der Fall über Gewährte Asylim Ecuador, der hier geschrieben wurde, war sehr viel bevor vom President Correa...Es kann das nicht vergleichen um eine Shärffekritik zu erscheinen: "doppelmoral"??? Damalsd gab es sogar andere Verfassung im Ecuador...Doppelmoral hat die britische Reigierung wenn Demokratie als Spitzeprinzip dieser monarchie behauptet, bemmerkt ihre Kompromiss mit einem Europäische Demokratie wie Sweden, und gleizeitig droh die Botschafft andere demokratie, weil sie eine leteinamerikanische Urusprünglich hat!!! Shande ist es!!

  • KI
    Kirche im Dorf...

    Botschaft stürmen macht GB doch schon allein deshalb nicht, weil dann - gleiches Recht für alle - auch nirgends auf der Welt mehr die Sicherheit britischer Diplomaten gewährleistet wäre.

    Sie haben versucht, damit zu pokern und haben verloren. Sicher könnte man noch viel darüber diskutieren, was es aussagt, dass man das überhaupt versucht... aber man kanns auch lassen.

     

    Es wird darauf hinaus laufen, dass sie ihn festnehmen, wenn er die Botschaft verlässt und weil er nicht doof ist, wird er das noch seehhr lange nicht tun, vielleicht jahrelang.

     

    Dass sie in der Sache unnachgiebig bleiben, find ich cool.

    Nachdem Assange nciht müde wird, zu kolporiteren, dass er an die USA ausgeliefert wird, sobald er einen Fuß auf schwedische Boden setzt und dass er augenblicklich abgemurkst wird sobald er einen Fuß auf merikanischen Boden setzt, wärs einfach ZU geil zu sehen, wie ihm in Schweden ein rechtstaatlicher Prozess gemcht wird, da wird er im ERgebnis dann enweder frei oder schuldig gesprochen und dann is gut.

     

    Das will ich sehen.

    Und deswegen will ich, dass er nach Schweden ausgeliefert wird.

  • BG
    Bernd Goldammer

    Assange hat mit Frauen geschlafen, die ihn in ihre Betten einluden. Sexuelle Vorwürfe dieser Art wären in Deutschland nicht einmal strafbar. Pikant aber ist die Doppelmoral Schwedens. Der angeblich so neutrale Staat hat es gegenüber Ecuadors Regierung klar ablehnt zu garantieren, das Assange nach der in Schweden erzwungenen Einvernahme nicht in die USA abgeschoben wird. Wenn Schweden wirklich nur die sexuellen Vorwürfe klären möchte, warum kann das Land diese Garantie nicht abgeben? Für mich ist damit klar: Schweden befindet sich in einer internationalen Aktion gegen Assange, in der es um weit mehr geht als Sex mit oder ohne Kondom. Das Großbritannien derart brutal vorgeht, lässt vermuten, dass die Aktion sich klar gegen Assanges Veröffentlichung bei Wikileaks richtet. Dort hat er schwerste US-amerikanische Kriegsverbrechen aufgeklärt. Soviel zur Doppelmoral. Und vor diesem Hintergrund wirkt der Kommentar geradezu einfältig! Wenn Assange in London auch nur ein Haar gekrümmt wird, dann sollten sich MI6 und CIA Angehörige in den Botschaften lateinamerikanischer Länder warm anziehen. Lateinamerika wird nämlich immer selbstbewusster.

  • L
    Lector

    Präsident Correa lässt in Ecuador Radios schließen und Presseorgane bedrohen, linke wie rechte. Beschimpfungen der Presse mit Nennung einzelner Journalisten per TV gehört zum Wochenplan des Präsidenten. Leider, leider, denn das verrät die in ihn gesetzten Hoffnungen.

    Von daher ist das Asyl für Assange wegen "freier Meinungsäußerung" ein Witz.

  • RA
    ralf ansorge

    am meistenkotzen mich die ganzen nerds an,dern held dieser wichtiguer und mutmaßliche vergewaltigerist.und für die wirklich untedrücken wie z.b. in weißrußland interessiert sich von denen kein schwein. aber immer schön auf den ach so bösen weste schimpfen.ekelhaft!!

  • A
    Augustgoethe

    Hat auch der Kommentator der taz derartige Zweifel an den britischen, schwedischen und auch amerikanischen Rechtssystemen wie Herr Assange? Sollte man nicht diesen Demokratien vertrauen? Wenn Herr Assange ein - ich verwende dieses altmodisch gewordenen Wort jetzt bewußt - reines Gewissen hat, soll er sich doch den Schweden stellen! Ich lese hier - wie bei der taz immer wieder gerne - einen solchen Ingrimm auf alles Westliche heraus, dass ich mich frage, warum die Herren und Damen dann nicht in diese gelobten Länder auswandern, wo doch dort alles so besser und schöner ist (Iran, Nordkorea, Kuba) - samt Herrn Assange. Wie sagt man? Links quatschen, rechts leben.

  • M
    Max

    Was sollte bitteschön überraschen? Dass Großbritannien angedeutet hat, mit allen Mitteln die Auslieferung Assange zu verhindern? Die Wichtigkeit überrascht niemanden: Jedes stabile System schutzt und verteidigt seine Stabilität.

  • A
    AJA

    So lange es einen ungeklärten kriminellen Vorwurf ("Sexuelle Belästigung") gegen Assange gibt, ist das ihm gewährte Asyl kein "politisches". Dieser Rechts-begriff sollte m.E. für eindeutigere Fälle reserviert bleiben.

  • F
    Fofi

    Nach der Olympiade lässt der alte Kolonialist die Maske fallen. "Rule Britannia" .....