Kommentar von Sven-Michael Veit zum G20-Gipfel: Protest – legitim und hilflos
Es wäre ein hoher Preis, Hamburg über Wochen in einen Hochsicherheitstrakt zu verwandeln
Natürlich ist es legitim, wenn die Mächtigen der Welt sich treffen, um darüber zu reden, wie sie sich den Planeten weiterhin Untertan machen können. Lässt sich beides ohnehin nicht verhindern. Und selbstredend ist auch Protest legitim, wenn auch vermutlich hilflos: gegen die Plünderung der Ressourcen, gegen das Nichtstun in Sachen Klimawandel, gegen die Unterdrückung von Individuen oder gar Völkern.
Soll also der G20-Gipfel kommendes Jahr in Hamburg stattfinden und der dazugehörige Gegengipfel ebenso. Dabei könnte man es als Nichteingeladener schulterzuckend bewenden lassen – wenn da nicht die Sicherheitsfrage wäre: Die Stadt über Wochen in einen Hochsicherheitstrakt zu verwandeln, weil hier die Mächtigen miteinander verhandeln – das wäre ein hoher Preis.
Und sogar der wäre angemessen – unter Berücksichtigung des Arguments, dass man vor dem Terror nicht weichen dürfe. Ein Gipfel ist ein potenzielles Anschlagsziel, und Fanatiker gibt es überall, so ist nun mal die Welt. Der Preis wäre allerdings zu hoch unter Berücksichtigung des Arguments, dass die Freiheitsrechte der betroffenen Anwohner schwerer wiegen müssen als das Interesse der Gipfelteilnehmer an körperlicher und seelischer Unversehrtheit – so sehr dies auch subjektiv nachvollziehbar ist.
Und hier stößt die praktische Politik eines global eher bedeutungslosen Stadtstaats an ihre Grenzen. Seine Souveränität muss Hamburg im kommenden Jahr faktisch an die Geheim- und Sicherheitsdienste mehr oder minder befreundeter Großmächte abtreten – Rote Flora hin, Grünen-Regierungsbeteiligung her. Welche Verwerfungen das hinterher im politischen Gefüge der Stadt hinterlässt, ist derzeit nebensächlich.
Da ist es gut und richtig, wenn der grüne Justizsenator Till Steffen jetzt schon warnend seine Stimme erhebt. Aber sollte der Gipfel nicht friedlich über die Bühne gehen, dann werden auch in Hamburg Bürger- und vielleicht sogar Menschenrechte auf dem Altar der Globalisierung geopfert werden.
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