Kommentar von Klaus Hillenbrand über die Schattenseiten der Buchmesse: Rettet die kleinen Verlage!
Wer ein Produkt anbietet, das sich am Markt nicht verkaufen lässt, verschwindet. So einfach ist der Kapitalismus. Das gilt für Kofferradios ebenso wie für Toast Hawaii oder dampfbetriebene Straßenbahnen. Warum sollte eine Gesellschaft künstlich den Konsum von Dingen befördern, die sich überlebt haben oder für die nie ein Interesse bestand?
Doch so logisch die Grundregel ist, so schwierig wird es, wenn es um spezielle Bereiche des Daseins geht. Jedes Stadtbus-Ticket wäre unbezahlbar, wenn die öffentliche Hand es nicht bezuschussen würde. Jede Solaranlage wäre unrentabel ohne das Erneuerbare-Energien-Gesetz. Und jede Oper in Deutschland müsste dichtmachen, flössen nicht Subventionen von Städten und Gemeinden. Will das irgend jemand?
Es gibt also Branchen, bei denen ein überwiegendes öffentliches Interesse besteht, diese am Leben zu erhalten, auch wenn sie unrentabel arbeiten. Weil Rentabilität eben doch nicht alles ist.
Zu diesen Branchen zählt das Buch unbedingt dazu.
Mit kleineren Verlagen Geld zu verdienen, war schon immer ähnlich schwierig, wie Salzwasser am Meer zu verkaufen. Jetzt aber wird es immer mehr zur Unmöglichkeit. Das liegt nicht daran, dass die Bücher schlechter geworden sind. Und es hat auch nichts damit zu tun, dass niemand mehr eine vielfältige Literatur nötig hätte. Vielmehr liegt es an einer Mixtur aus erschwerten rechtlichen Rahmenbedingungen und generell sinkendem Leseinteresse.
Es droht eine Versteppung der Lese-Landschaften, unterbrochen nur noch von den Leuchttürmen der Großverlage. Es droht damit ein Ende der wunderbaren Vielfalt, wonach die Bücher, für die sich nicht Zehntausende Leser finden, vom Markt verschwinden.
Kleine Verlage haben die Bundesregierung um Hilfe gebeten. Die will einen Verlagspreis ausloben. Das ist freundlich, aber es wird absehbar nicht reichen. In einer Zeit, in der die Leser sich um ihre künftigen Bücher sorgen müssen, wäre es angemessen, dass sie auch ihren Verlegern zur Seite stehen – und Subventionen für ihre kleinen, von der Pleite bedrohten Verlage fordern. Anders gesagt: Wenn es Demonstrationen für Froschteiche, Wälder und Eidechsen gibt, also für Artenvielfalt und Landschaftskultur, warum nicht auch solche für die Artenvielfalt in der Kultur-Landschaft?
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