Kommentar von Federico Svezia über Staatsschulden in einer solidarischen Gesellschaft: Keine Angst vor Schulden!
Wer bietet mehr? Die CDU/CSU plant Entlastungen im Wert von 89 Milliarden Euro und die FDP sogar 138 Milliarden Euro. Kürzungen beim Bürgergeld sollen das mitfinanzieren.
Die Vorstellung, dass das funktionieren kann, beruht auf wirtschaftstheoretischen Annahmen, die längst überholt sind. Denn die Logik, dass man irgendwo sparen muss, wenn man anderswo mehr ausgeben möchte, gilt nicht für Staaten. Makroökonomisch ist es so: Wer beim Bürgergeld kürzt, der kürzt am Ende bei den Unternehmen. Denn wenn die Bürgergeldempfänger weniger Geld zum Ausgeben zur Verfügung haben, schrumpft der Umsatz der Unternehmen genau um die Höhe der Kürzung.
Unternehmen haben drei Möglichkeiten, dem zu begegnen: die Löhne zu kürzen, Arbeitnehmer zu entlassen oder anderweitig Kosten einzusparen. Für große, effiziente Unternehmen fällt Letzteres weg, die Alternativen sind indes verheerend. Fragen die Arbeitnehmer wegen ihres geringeren Gehalts zum Beispiel weniger nach, senken sie damit weiter den Umsatz der Unternehmen. Die Wirtschaft droht in eine Abwärtsspirale zu geraten.
Wird ein Unternehmen seine Produkte wegen fehlender Nachfrage nun nicht los, dann wird es auch keine Investitionen tätigen. Bleibt nur noch der Staat, um diese Nachfragelücke auszugleichen. Doch wenn der Staat mehr ausgeben möchte, bleibt ihm nichts anderes übrig, als Schulden zu machen. Bis heute besteht dabei die unsinnige Ansicht, Schulden seien schädlich und würden zu Steuererhöhungen führen.
Nehmen wir Japan, ein Land mit ähnlicher Wirtschaftsstärke wie Deutschland, das eine deutlich geringere Abgaben- und Steuerquote als wir hat. Kritiker werden einwenden, dass dafür die Staatsverschuldung von Japan auch rund viermal so hoch ist wie die von Deutschland. Dennoch hat Japan kein Bonitätsproblem. Und wenn die Wirtschaft wieder wächst, verringern sich auch die Staatsschulden.
Gerade in Deutschland wird aber bis heute oft die Neoklassik unterrichtet, eine in vielen Teilen widerlegte Wirtschaftstheorie, die Schulden ganz schlimm findet. Die meisten Menschen setzen sich mit diesen Themen leider nicht auseinander, obgleich die Frage der Staatsschulden für Wirtschaftswachstum und Wohlstand zentral ist.
Zurück zum Bürgergeld: Anders als viele denken, ist das Bürgergeld ein Nachfragestabilisator, der dafür sorgt, dass die Nachfrage eines Arbeitslosen nicht komplett wegbricht. Das Bürgergeld ist zudem ein wesentlicher Bestandteil unseres solidarischen Sozialstaats. Und wenn wir nicht möchten, dass die Gesellschaft bei uns auseinanderbricht, dann sollten wir dafür kämpfen, ihn zu erhalten. Das ergibt eben auch ökonomisch Sinn.
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