Kommentar über Altersdiskriminierung: Absurde Argumente
Schon mit Blick auf die Fitness ist es sinnfrei, Über-40-Jährige nicht mehr umzuschulen
E igentlich möchte man nicht schon wieder auf eine Institution eindreschen, die gesellschaftspolitisch unsinnig argumentiert. Allerdings scheint man im Fall des 58-jährigen Ex-Druckers, der sich jetzt endlich zum Behindertenbetreuer qualifizieren darf, dazu genötigt.
Denn nicht nur, dass es mit Blick auf körperliche und geistige Fitness absurd ist, Menschen jenseits der 40 – so die Aussage der Oldenburg-Bremischen Rentenversicherung – keine Umschulung mehr zuzugestehen. Auch rechnerisch ergibt die Argumentation, man tue dies „aus Verantwortung für kommende Generationen“, keinen Sinn. Denn der Mann will ja arbeiten und Geld verdienen – also Steuern zahlen und dem Gemeinwesen etwas zurückgeben. Genau das fordert die Politik doch permanent von denjenigen, die nicht arbeiten.
Zudem könnte es sein, dass Harald Braun dank entsprechender Qualifikation die Hinzuverdienst-Grenze für die Teilerwerbsrente überschreiten wird. Dann könnte die Rentenversicherung ihre Zahlungen kürzen und hätte ganz konkret etwas gewonnen. Dies alles scheint sie nicht durchgerechnet zu haben.
Auch hat sie nicht bedacht, dass es durch den demographischen Wandel künftig immer mehr 60-Jährige geben wird. Arbeitgeber und Werbewirtschaft haben das noch nicht recht begriffen, aber wenn es die Rentenversicherung, die sich qua Amt mit dem Alter befasst, nicht tut: Wer denn dann?
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Internationaler Strafgerichtshof
Ein Haftbefehl und seine Folgen
Krieg in der Ukraine
Geschenk mit Eskalation
Umgang mit der AfD
Sollen wir AfD-Stimmen im Blatt wiedergeben?
Krieg in der Ukraine
Kein Frieden mit Putin
Warnung vor „bestimmten Quartieren“
Eine alarmistische Debatte in Berlin
Nan Goldin in Neuer Nationalgalerie
Claudia Roth entsetzt über Proteste