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Kommentar rechtswidrige VerwahrungEher zu wenig

Christian Rath
Kommentar von Christian Rath

Mehr als acht Jahre waren die Kläger unrechtmäßig eingesperrt. Eine Entschädigung für diese Zeit von 500 Euro pro Monat ist eigentlich noch viel zu wenig.

D ieses Urteil wird in den üblichen Medien Empörung ernten. Vier Vergewaltiger werden nicht nur aus dem Gefängnis entlassen, sondern bekommen auch noch Zehntausende Euro Schadensersatz. „Irre Justiz“ ist das übliche Schlagwort. Doch das Urteil des Landgerichts Karlsruhe ist völlig berechtigt, die Entschädigung eher zu niedrig.

Es ging nämlich nicht um die berechtigte Strafe für die Männer. Diese saßen wegen der Vergewaltigungen bis zu 15 Jahren im Gefängnis und haben die Strafe voll verbüßt. Auch für jeweils zehn Jahre Sicherungsverwahrung bekommen sie keinen Cent.

Nur für die darüber hinausgehende Zeit in der Verwahrung werden sie entschädigt. Acht bis zwölf Jahre lang saßen sie rechtswidrig im Gefängnis. Jeder kann sich ausmalen, was das heißt.

Das Landgericht hat den Männern nun 500 Euro für jeden Monat rechtswidriger Sicherungsverwahrung zugesprochen. Viel ist das nicht. Wer unschuldig in Strafhaft saß, bekommt mehr, rund 750 Euro pro Monat, und auch das ist angesichts des Verlusts an Freiheit noch lächerlich wenig.

Bild: taz
CHRISTIAN RATH

ist rechtspolitischer Korrespondent der taz.

Nur zum Vergleich: Der Bundesgerichtshof hat am Montag einem Klinikchef, dessen Vertrag nicht verlängert worden war, mehr als 36.000 Euro Schmerzensgeld wegen Altersdiskriminierung zugesprochen.Dabei fand der Mann nach wenigen Monaten eine neue gut dotierte Stelle. Da stimmen die Proportionen offensichtlich nicht.

Andererseits ist auch an die Opfer der Vergewaltigungen zu denken. Wenn diese damals nicht vorsorglich von den verurteilten Tätern Schadensersatz verlangt haben, sind ihre Ansprüche heute vermutlich verjährt.

Die damaligen Vergewaltiger könnten den unerwarteten Geldsegen also behalten. Sie sollten ihn dennoch freiwillig größtenteils an ihre damaligen Opfer abgeben. Auch das hat etwas mit Proportionen zu tun.

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Christian Rath
Rechtspolitischer Korrespondent
Geboren 1965, Studium in Berlin und Freiburg, promovierter Jurist, Mitglied der Justizpressekonferenz Karlsruhe seit 1996 (zZt Vorstandsmitglied), Veröffentlichung: „Der Schiedsrichterstaat. Die Macht des Bundesverfassungsgerichts“ (2013).
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4 Kommentare

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  • G
    gundi

    @ cpt. langsam und zum mitdenken:

    die Entschädigung bezieht sich auf rechtswidrige Sicherungsverwahrung im Gefängnis und der Vorschlag, die Entschädigung an die Opfer weiterzureichen fällt unter moralische Anschauung -

    gesamt ein guter Kommentar!

  • H
    Hasso

    Das mit der nachträglichen Sicherungsverwahrung ist unter Schröder passiert. Der müsste das bezahlen-, denn Er hat gegen die Verfassung verstoßen.Jetzt können die Länder wegen der (wievielten?) Blödheit Schröders blechen. "Man kann Deutschland mit einer Hand in der Hosentasche regieren". Danach sah seine Politik auch aus.

  • MA
    Mirko A.

    Guter Kommentar!

  • CN
    Ctp. Nova

    Ziemlich schlechter Artikel, wie koennen vier Vergewaltiger zu unrecht in Haft sitzen?

    Und wieso bekommen sie nun im Nachhinein eine Entschaedigung dafuer?

     

    Entweder sitzt man in Haft als Vergewaltiger oder man sitzt in Haft, weil man eines Verbrechens schuldig gesprochen wurde, obwohl man es nicht getan hat.

     

    So sitzt man aber nicht als unschuldiger vergewaltiger im Knast. Und wieso sollen Unschuldige nun Geld an die Opfer zahlen??? haeee

     

    Das naechste mal klemmt euch doch bitte so einen Artikel der vermutlich auf dem Weg zur Arbeit noch schnell auf einen Block gekritzelt wurde.