Kommentar mehr Akademiker: Mut und Geld
Auch wenn mehr Studenten bis zum Abschluss durchhalten, die Zahl derer, die überhaupt studiert, stagniert seit Jahren. Um das zu ändern, müssten zusätzliche Mittel bereitgestellt werden.
Gratulation zur bestanden Prüfung! 2007 haben erneut mehr Studierende als im Vorjahr ihr Abschlussexamen geschafft. Holt Deutschland im internationalen Vergleich auf und wird zur Nation der Forscher und Denker? Leider nein. Denn dazu müsste der Anteil der jungen Leute, die sich für ein Studium einschreiben, in der gesamten Bevölkerung steigen. Doch er stagniert in Deutschland seit Jahren bei rund einem Drittel. Die Herausforderung besteht also darin, die Unis für begabte Menschen zu öffnen.
Dabei müssen zunächst jene erreicht werden, die schon eine Eintrittskarte für die akademische Welt haben, also Abitur oder Fachhochschulreife. Doch von den Hochschulberechtigten verzichtet jeder vierte aufs Studium, wobei 40 Prozent der Kinder aus sogenannten bildungsfernen Familien ihr Ticket zu höherer Bildung verfallen lassen. Jene Klientel also, die in Gymnasien und Unis sowieso unterrepräsentiert ist. Die rot-grüne Bundesregierung hatte es seinerzeit geschafft, die Studierfreude von Abiturienten aus Arbeiterfamilien zu steigern: Sie erhöhte das Bafög und ließ mehr Studierende daran teilhaben. Das versucht zwar die jetzige Bundesregierung auch, aber eine Bafög-Reform alle sieben Jahre hilft höchstens, den Abwärtstrend bei Studienanfängern zu stoppen.
Neben der Minderheit derer, die Hoch- oder Fachhochschulreife haben, gibt es noch die große Gruppe jener, die nach der Schule eine Ausbildung machen. Hier liegt es in der Hand der Bundesländer, Hochschulen auch für Meister und Facharbeiter zu öffnen. Warum soll eine Erzieherin nicht gleich nach ihrer Lehre Pädagogik studieren, wenn sie das Zeug dazu hat?
Länder wie Sachsen haben ihr Hochschulgesetz bereits überarbeitet. Gleichzeitig gilt es, die Rahmenbedingungen entsprechend anzupassen. Menschen, die bereits Geld verdient haben und womöglich schon Mütter und Väter sind, brauchen entsprechende Stipendien und Darlehen. Klar ist: Reformen kosten Geld. Ohne zusätzliche Mittel wird Deutschland die Absolventenzahlen nicht nachhaltig steigern können.
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