Kommentar junge Grüne: Aus Prinzip jung
Die Glaubwürdigkeit der Grünen hängt nicht an Gesichtern. Die Partei steckt in einem strategischen Dilemma, das sich bis 2013 noch verschärfen wird.
E s gibt eine Partei, die ist von Natur aus ewig jung: die Grünen. Nun ja - jedenfalls fühlen die sich so. Bis heute getragen vom Schwung einer Revolte gegen alte Männer, gehört bei keiner Partei das Jungsein so sehr zum politischen Habitus wie bei den Grünen. Das Doppelspitzenprinzip, wonach die Fernsehauftritte immer schon zwischen zwei Partei- und zwei Fraktionschefs aufgeteilt werden, verhindert zusätzlich, dass andere Köpfe bekannt werden. Das macht es denjenigen, die in der Partei auch noch etwas werden wollen, wahrhaftig nicht leicht. Zu Beginn jeder Legislaturperiode gibt es deshalb einen Aufstand: Nun müsse die Riege der Parteigründer abgelöst werden!
So auch jetzt: Renate Künast und Jürgen Trittin klopfen fröhliche Fraktionschefsprüche. In die zweite Reihe wollen all die Exfraktionsvorsitzenden, die ja auch noch da sind. Das kann der Nachwuchs nicht dulden. Biologisch Jungsein ist aber noch kein Grund für irgendetwas, haben die Neuen gelernt und erweitern deshalb ihre Argumentation: Es sei das "politische Alter", besonders die großenteils bitteren rot-grünen Erfahrungen, die die seit Jahren herrschende Garde belasteten. Es müssten jetzt für die Bundestagwahl 2013 Gesichter bekannt gemacht werden, die nicht mit Hartz IV und so weiter verbunden würden.
Damit hat der Nachwuchs - der biologische wie politische - sehr recht. Doch in einem dürfen sich die neuen Jungen nicht täuschen. Die Glaubwürdigkeit der Grünen hängt nicht an Gesichtern. Die Partei steckt in einem strategischen Dilemma, das sich bis 2013 noch verschärfen wird: Sie ist nach links gerückt, doch um der Machtoptionen willen muss sie sich nach rechts öffnen. Diesen Widerspruch aufzulösen, dazu bedarf es mehr, als bloß nicht altersmäßig vorbelastet zu sein.
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