Kommentar freies WLAN: Ganz ohne Ärger geht es nicht

Im Urteil des Bundesgerichtshofs zur Störerhaftung liegt die Wurzel neuen Ärgers. Es kommt darauf an, wie mit Sperransprüchen umgegangen wird.

Jemand hält eine Smartphone in der Hand

Such das Wlan, such! Foto: dpa

Freies WLAN in Cafés, Bahnhöfen und Behörden? Da ist die Bundesrepublik Deutschland immer noch ein Entwicklungsland. Selbst manche afrikanische Metropole ist da schon weiter.

Hauptgrund für diese deutsche Rückständigkeit war die sogenannte Störerhaftung. Wer ein ungeschütztes WLAN betrieb, musste für Urheberrechtsverletzungen haften, die andere dort begingen. Deshalb hat der Gesetzgeber die Störerhaftung für WLAN-Betreiber abgeschafft. Der Bundesgerichtshof (BGH) hat dies nun gebilligt.

Doch in diesem Erfolg liegt schon die Wurzel neuen Ärgers. Denn der BGH hat offene WLANs nur deshalb akzeptiert, weil Musik-, Film- und Spielefirmen ja spezielle Sperrmaßnahmen fordern können, wenn es Missbrauch durch Nutzer gibt.

Für eine CafébetreiberIn, die ihren Gästen ein offenes WLAN anbieten will, ist das nicht wirklich beruhigend. Letztlich ist es ihr egal, ob sie wegen der Störerhaftung verklagt wird oder weil sie die Webseiten von Tauschbörsen sperren soll; sie will nämlich gar nicht verklagt werden.

Entscheidende Frage ist nun, wie die Sperransprüche in der gerichtlichen Praxis gehandhabt werden. Muss jeder seinen WLAN-Router restriktiv einstellen, bei dem es einmal einen kleinen Urheberrechts-Zwischenfall gab? Oder soll dies nur WLAN-Betreiber treffen, bei denen immer wieder und in großem Umfang geschützte Musik, Filme und Spiele illegal „geteilt“ werden? Letzteres wäre eindeutig sinnvoller. Nur mit einer Geringfügigkeitsschwelle hätte die Cafébetreiberin einigermaßen Sicherheit, dass sie nicht ständig rechtlichen Ärger mit ihrem WLAN bekommt.

Vermutlich wird sich diese Linie am BGH auch durchsetzen. Die Richter mussten jetzt die Position der Firmen stark reden, um zu zeigen, dass sie durch die Gesetzesänderung nicht enteignet wurden. Aber wenn es dann um die Abwägung mit den Interessen der CafébetreiberIn und ihrer KundInnen geht, sollten die Firmen nicht den Vorrang haben.

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Geboren 1965, Studium in Berlin und Freiburg, promovierter Jurist, Mitglied der Justizpressekonferenz Karlsruhe seit 1996 (zZt Vorstandsmitglied), Veröffentlichung: „Der Schiedsrichterstaat. Die Macht des Bundesverfassungsgerichts“ (2013).

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