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Kommentar chinesische RaubkunstEin chinesisches Schlitzohr

Kommentar von Arno Frank

Der Sammler Cai Mingchao hat aus Peking geraubte Kunstwerke aus dem Nachlass von Yves Saint-Laurent "erworben" - bezahlen will er die Beutekunst nicht. Warum auch?

Man muss sich nicht einmal die offizielle chinesische Position zu eigen machen, um eine Rückgabe der von britisch-französischen Truppen unter Lord Elgin im Zweiten Opiumkrieg 1860 aus dem "Sommerpalast" zu Peking gestohlenen Kunstwerke für moralisch geboten zu halten. Es genügt, Victor Hugo zu zitieren, der schon 1861 notierte: "Eines Tages sind zwei Banditen in den Sommerpalast eingedrungen. Der eine plünderte, der andere legte Feuer. […] Wir Europäer sind die Zivilisierten, und für uns sind die Chinesen die Barbaren. […] Vor der Geschichte wird der eine der beiden Banditen Frankreich heißen, der andere England."

Vor den Gerichten allerdings hat Yves Saint-Laurent, dessen Nachlass da versteigert wurde, die Bronzeskulpturen rechtmäßig erworben. Dass Cai Mingchao mit seinem Schachzug das fröhliche "rechtmäßige" Weiterverhökern der Kunstwerke einstweilen blockiert hat, mag nur ein symbolischer Akt sein - aber einer, an dem sich andere Beraubte ein Beispiel nehmen könnten. Denn normalerweise wird jahrzehntelang ergebnislos verhandelt, wenn es um die Rückgabe von Kulturgütern geht; siehe Nofretete oder Pergamonaltar, die von den Zivilisierten in Berlin "für die Ewigkeit" gehütet werden, wozu Ägypter oder Türken angeblich nicht in der Lage sind. Fachleute nennen diese arrogant-perfide Argumentation "Elginismus".

Lord Byron übrigens beschimpfte Elgin in seinem Versepos "Childe Harolds Pilgrimage" als "Kulturbarbaren" - womit er allerdings Elgins Vater meinte, der, auf ähnliche Weise wie später der Sohn in Peking, in Athen den Parthenontempel gefleddert hatte.

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Inlandskorrespondent

2 Kommentare

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  • N
    Nobilitatis

    Der Verfasser bringt kaum Argumente. Entscheidend wäre wohl die Rechtsgrundlage zum Zeitpunkt der Verbringung und das danach Vorgefallene. Wie würde wohl die Argumentation DIESES Verfassers lauten, wenn er den Fall mit der geraubten Kunst in ex-sowjetischen Ländern vergleichen müsste? Oder den aus den USA zurückerworbenen Kulturgütern, die im Verlauf des Weltkriegs privat gestohlen wurden? Ist Pergamon nicht griechisch? Konnten wir überhaupt rechtliche Grundlagen nachlesen, die die Sachlage erhellen?

    Und was ist mit den anderen Tierplastiken aus derselben Quelle, die von China bisher erworben wurden? Gilt bei denen ein anderes Recht? Fragen über Fragen.

  • Z
    Zielcke

    Ganz schlechter Kommentar !!!

     

    In der tat wären "Ägypter und Türken" damals dazu nicht in der Lage gewesen. Und Chinesen auch nicht. Es ist ein bisschen einfach jetzt daher zu kommen und die Dinge zurückzufordern.