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Kommentar britische EnergiepläneAchse der Atomkraft

Ingo Arzt
Kommentar von Ingo Arzt

Welchen Sinn macht ein deutscher Atomausstieg, wenn Nachbarländer Atomkraft als Zukunftsenergie zementieren? Die Bundesregierung müsste ein Gegengewicht aufbauen.

D ie britische Regierung hält Atomkraft für so unverzichtbar, dass sie künftig gefördert werden soll wie Windkraft oder Solarzellen. Das ist nichts anderes als ein Eingeständnis, dass Atomkraft kommerziell nicht konkurrenzfähig ist. Früher erzählte man den Briten noch, Atomkraft sei too cheap to meter – zu billig, um den Preis überhaupt messen zu können. Die Milliarden flossen versteckt, wie in Deutschland, etwa durch Steuererleichterungen. Jetzt werden die Kosten transparenter, denn die EU duldet keine versteckten Subventionen mehr. Den alternativen Energien nutzt das allerdings nichts.

Hinter der Förderung steckt vor allem der französische Staatskonzern EDF. Der ist das derzeit einzige Unternehmen, das die Kapitalkraft für neue Atomkraftwerke auf der Insel aufbringen kann. Damit wird nicht nur die britische Regierung erpressbar. Laut einem Bericht des Guardian arbeiten Experten der EDF sogar kostenlos direkt im britischen Energieministerium – und schreiben sich die Gesetze selbst.

Die Folge: Großbritannien und Frankreich bilden eine Achse für Atomkraft in der EU, der sich Tschechien und Polen anschließen. Welchen Sinn macht ein deutscher Atomausstieg, wenn Nachbarländer Atomkraft als Energie für das nächste halbe Jahrhundert zementieren? Von Seiten des deutschen Vertreters in der EU-Kommission, dem für Energie zuständigen Günther Oettinger, ist dazu nichts zu erwarten. Der ärgert sich lieber über den deutschen Ökosonderweg und definiert Atomkraft als Norm.

taz
Ingo Arzt

ist taz-Redakteur im Ressort für Ökologie und Wirtschaft.

Würde jedoch die Bundesregierung die Energiewende ernst nehmen, würde sie längst versuchen, ein Gegengewicht zur Atomfront aufzubauen – mit Ländern wie Italien oder Österreich. Doch davon ist bisher rein gar nichts zu sehen.

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Ingo Arzt
ehem. Wirtschaftsredakteur
Beschäftigte sich für die taz mit der Corona-Pandemie und Impfstoffen, Klimawandel und Energie- und Finanzmärkten. Seit Mitte 2021 nicht mehr bei der taz.
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8 Kommentare

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  • EdF in Grossbritannien entwickelt sich allmählich zu dem was es in Frankreich ist: Eine Krake, die alle erneuerbaren Pflänzchen und einen FAIREN Markt unter Einbeziehung ALLER Kosten (Rückbau von AKW, Endlagerung, faire Versicherung von AKW) zu Nicht macht. Erst jüngst hat das DIW aufgezeigt, wie systematisch die Kosten von Kohle und Atomstrom runtergerechnet und die der Erneuerbaren hochregechnet werden: http://www.diw.de/documents/publikationen/73/diw_01.c.424628.de/13-29.pdf

     

    Ich hatte vor Monaten mal Gelegenheit in einer Diskussion den Chef von EdF in Grossbritannien zu sprechen, nachdem er sich für einen "freien und fairen Stromwettbewerb" ausgesprochen hatte: Seine Antwort auch auf seinen Heimatmarkt Frankreich bezogen waren nur dumme Ausflüchte...

     

    Das ein liberalisierter Strommarkt auch eine Chance für Alternativen sein kann zeigt immer wieder eindrucksvoll u.a. EWS aus Schönau...

  • B
    Branko

    So, damit ich mir hier keinen Guttenberg einfange - immerhin habe ich das Zitat Eingans meines vorigen Posts zumindest in Anführungszeichen gesetzt, um zu zeigen, dass die Aussage nicht von mir stammt - hier nun das korrekte Zitat:

     

    "Nuclear power can be made safe.

    But if it's made safe in a commercial world it could never be economical."

     

    "Kernenergie kann sicher betrieben werden.

    Nur wenn sie in einer kommerziellen Welt sicher betrieben wird kann sie niemals wirtschaftlich sein."

     

    Baul Blanch

     

    45 Jahre Erfahrung als Elektro-Ingenieur in der Kernenergie

    US-Marine Reaktor Operator und Instructor

    'nuclear engineer of the year'

     

    Also mit Sicherheit kein "grüner Ökospinner".

     

     

    Der Link zu dem kompletten Video der Kurzvortragsreihe und anschließender Podiumsdiskussion wurde mir freundlicherweise von Fairewinds zugemailt.

     

    http://fairewinds.org/content/duxbury-emergency-management-hosts-independent-nuclear-expert-panel

  • B
    Branko

    "Kernergie lässt sich entweder sicher nutzen, oder wirtschaftlich. Beides geht nicht."

     

    Man darf nie aus den Augen verlieren, dass die vermeintliche Trennung zwischen der sogenannten zivilen (oder "friedlichen") und der militärischen Nutzung der Kernkraft eine künstlich aufgebaute Illusion ist, die auf einer UNO-Konferenz in den 50ern beschlossen worden ist.

     

    Warum hat man beschlossen, die weltweite Bevölkerung diesbezüglich zu belügen?

     

    Weil man nach Hiroshima und Nagasaki zu Beginn des kalten Krieges ein gigantisches Arsenal an Nuklearsprengköpfen aufbauen wollte. Dazu brauchte man viele, grosse Anlagen, die in der Lage sind, das benötigte Material zu erzeugen.

    Das Abfallprodukt Wärme dieser Prozesse lässt sich prima in Strom umwandeln, so dass man den Menschen den Segen von der Kernenergie eingeredet hat.

    Und zwar so erfolgreich, dass sogar trotz der mitlerweile offenen Fakten- und Beweislage immer noch nicht wenige dran glauben (wie man in den Kommentaren zum Thema immer wieder lesen kann).

     

    Nicht umsonst gibt's doch das Hick-Hack mit dem Iran, weil die beiden Bereiche sich eben nicht trennen lassen.

     

    Die Kraftwerksgesellschaften haben sich solange gegen die Kernenergie gewehrt - weil sie schlichtweg unrentabel ist - bis man ihnen bezüglich Sicherheitsvorschriften entgegen kam, in Deutschland sie von der Entsorgungsfrage befreite (-> Atomminister Strauss), sie mit aberwitzigen Milliardensummen an Steuergeldern subventionierte und sie auch von der Verantwortung im Falle des Falles befreite (kein einzige KKW ist ausreichend versichert.)

     

    Alleine diese "atomaussteigende" Bundesregierung - ich glaub das erst, wenn`s Realität ist - hat noch nach Fukushima einen Haushalt verabschiedet, der diesem Fantasiephantom der Kernfusion Summen zusagt, die einem Rettungsschirm gleichkommen.

     

    Ein absoluter Endmumpitz.

    Wir haben einen gigantischen Fusionsreaktor jeden Tag am Himmel stehen - für lau und umme, der uns am Tag soviel Energie schenkt, wie die gesamte Erdbevölkerung im Jahr benötigt.

    Und statt uns ernsthaft mal nen Schädel zu machen, wie man diese Energie anzapft, versucht man ein solches Teil auf der Erde für unglaubliche Summen nachzubauen.

     

    Das ist, wie wenn sie in den Wald zum frische Luft schnappen gehen, und sie verpflichtet sind ne Taucherflasche mit der frischen Luft für 50,- mieten zu müssen.

     

    Die Subventionen, die man in die Kernenergie seit den 50ern alleine nur in Deutschland reingefeuert hat, belaufen sich infaltionsbereinigt, aber unverzinst, mitlerweile auf eine knappe Billion Euro.

     

    Logischerweise hat man sich hier einen Riesensaurier herangezüchtet, der den Menschen Böses prophezeit, will man ihm sein Futter wegnehmen.

     

    Stellt man die Subventionen, die in die Kernenergie geflossen sind als bildhaften Grössenvergleich neben die der regenerativen Energien, ist das wie ein Brötchen neben einem Kreuzfahrtschiff.

     

    Auch die Entsorgung und Versicherung auf Staatskosten ist eine Subvention - auch wenn nicht direkt Gelder in diese Richtung fliessen. Schliesslich sind das Kosten, die aufgebracht werden müssen, die der KKW-Betreiber nicht zahlen braucht. Tepco ist übrigens wesentlich stärker in der Haftung, als es ein deutscher Betreiber in einem vergleichbaren Fall wäre. Und bisher ist die Behandlung von erkrankten Menschen quasi noch nicht spürbar in der Bilanz.

    Das wird noch alle bisherigen Kosten um ein Vielfaches übertreffen.

    Problem ist dann nur, dass sich dann wieder alle zuständigen Stellen weigern werden, diese Fälle anzuerkennen. Es wird dann offziell heissen:"Dass sich im Gebiet um das Kraftwerk Fukushima die Krebsraten, Fehlgeburten und Misbildungen derartig markant häufen, ist purer Zufall, und kann nicht auf den Unfall zurückgeführt werden."

     

    So geschehen in Harrisburgh, Krümmel, Tschernobyl, usw.

     

    Der Unterschied zwischen den Subventionen für die Kernenergie und die regenerativen Energien ist abgesehen von einem Grössenverhältnis von Faktor ca. 1000, dass die Kernenergie ohne Subventionen gar nicht überlebensfähig wäre.

    Die Regenerativen werden sich auf Dauer ohnehin durchsetzen - die sind auf Dauer wirklich alternativlos; weil die anderen Energiequellen irgendwann schlichtweg aufgebraucht sein werden - was die Kernbrennstoffe übrigens mit einschliesst.

    Die Subventionen für die Regenerativen können einen Umstieg beschleunigen, sie sind aber nicht auf sie angewiesen.

    Wir aber sind auf die Regenerativen angewiesen.

     

    Und diejenigen, die als erste diese Technologie hendlen können, werden die élscheichs von mirgen - und für lange Zeit sein.

    Wer auf Kernenergie setzt verspielt die Zukunft in der Energiefrage.

    Die 'dummen Araber' übrigens investieren bereits massiv in regenerative Energien.

    Wie die haben nämlich kapiert, dass ihnen nur die Wüste bleibt, wenn das Öl dann mal alle ist.

     

    Und wer das immer noch nicht kapiert hat, füllt sein Säckel entweder auch mit den Subventionen für die herkömmlichen Energieträger, verwechselt Religion mit Wissenschaft oder sollte dringends mal weniger Buntfernsehen glotzen und sich mal mehr mit realen Fakten auseinandersetzen.

     

    Denn sicher glauben immer noch Leute an die Allheilwirkung der Kernenergie - aber mit Fakten, Realität und Wahrheit hat das überhaupt rein gar nix zu tun.

     

    -> Als Einstieg suche man mal nach Beiträgen von Dr. Sebastian Pflugbeil, Leukämiecluster Geesthacht

     

    http://www.fairewinds.com/

     

    Alles Beiträge von seriösen Wissenschaftlern, die vom Fach sind.

     

     

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    Sorry für diesen langen Beitrag - Danke fürs Lesen bis hier ;-)

  • S
    Staatsbürger

    zu Petsim.

    Ihre Folgerung ist unglogisch. Es werden alle Formen der Energieerzeugung suvbentioniert. Dass dies nicht für die Atomkraft gelte, wurde ja lustiger Weise vorher von Atomkraftbefürwortern, behauptet. Die aktuelle Situation ist, dass Kohle und Atom mehr gefördert werden als die erneuerbaren Energieformen. Gas ist weit mehr in der Zukunft verfügbar als man so denkt. Den Markt, den Sie vorgeben zu vertreten, gibt es bei den subventionierten Monopolisten der Atom und CO 2 Wirtschaft am allerwenigsten. So wie es sowieso nur theoretisch peferkte Märkte in den Köpfen neoklassicher "Denker" gibt - oder bei den Ferengi (Deren Ohren wurden übrigens denen von Milton Friedmann nachempfunden).

    Und die Gaskraftwerke, die für die Ausgleichslasten benötigt, machen nur einen geringen Teil der Gesamtmenge aus.

     

    Zum Kommentar: Während England, Frankreich, Polen und Tschechien die Energiewende verschlafen, und damit die Chance im Industriebereich mit Deutschland wenigstens in Teilen gleich zu ziehen, machen sich China, und auch bald die USA auf, die neuen Leittechnologien als schweres Pfund im globalen Machtspiel auszubauen. Dänemark, ein Land mit 5,5 Millionen Einwohnern, hat bereits 14 Prozent der globalen Windenergie installiert. Deutschland nur etwas über 7. Doch auch das ist schon nicht schlecht. Mit rückwärtsgewandter Innovationsfeindlichkeit und "German" Angst, wie bei petsim und in den angeprochene Ländern, wird die ökonomische Zukunft verspielt. Die aktuelle Bundesregierung zeigt, was passiert, wenn das Land den Verzagten überlassen wird und die erwähnten Nachbarländer, was im Sinne eines starken und wettbewerbsfähigen und unabhängigen Europa genau falsch ist.

  • S
    strooker

    Die vom Kommentator gewünschte Gegenfront gibt es de facto bereits. Wer sich die Energiepolitik der EU inklusive Euratom-Vertrag betrachtet, wird erkennen, dass es keine einheitliche europäische Haltung gibt. Dies resultiert natürlich daraus, dass es verschiedene Fronten gibt. Eigentlich ist hier also die Intransparenz der EU das Problem - und man sieht am Ende nur die Ergebnisse, wie das Britische Energiegesetz, und wundert sich.

     

    @ von Demokrat: Grundsätzlich richtig - aber leider ist hier die EU der Hebel, der es jedem ermöglicht sich bei jedem anderen einzumischen. Gleichwohl ist die deutsch-französische Achse auch nicht die Lösung aller Probleme und Fr. Merkel erscheint mir weniger fähig die europäische Integration voranzutreiben als andere Kanzler vor ihr.

  • SH
    Sebastian Hoehne

    Hallo "Demokrat",

    es ist nicht alleinige Sache des jeweiligen souveränen Staates, ob er AKW erlaubt oder nicht, da bei einem Unfall benachbarte Staaten ebenfalls verseucht werden können. Ganz bewusst werden viele AKW nahe einer Grenze gebaut, um den eigenen Schaden im Fall des Falles gering zu halten.

    Entscheidungen mit übernationalen oder sogar globalen Auswirkungen (z.B. Klimawandel...) sollten nicht einer einzelnen Regierung überlassen werden.

  • D
    Demokrat

    Deutschland sollte sich nicht in die Angelegenheiten unabhängiger Staaten einmischen!!!

  • P
    petsim

    "Die britische Regierung hält Atomkraft für so unverzichtbar, dass sie künftig gefördert werden soll wie Windkraft oder Solarzellen. Das ist nichts anderes als ein Eingeständnis, dass Atomkraft kommerziell nicht konkurrenzfähig ist."

     

    Lustig. Denn dieser Satz ist ja gleichzeitig das Eingeständnis, daß Windkraft und Solarzellen kommerziell nicht konkurrenzfähig sind. Schön, daß die taz das auch endlich mal einsieht.

     

    Und man sollte bei Hohn und Häme über die geförderten AKW in GB ja nicht vergessen, daß wir bei uns in D demnächst Gaskraftwerke subventionsmäßig stark fördern müssen - sonst baut die nämlich keiner mehr. Und ohne Gaskraftwerke im großen Stil klappt die famose Energiewende ja leider nicht. Das ist schon lustig, daß die Erneuerbaren CO2-Freien dringend fossile Unterstützung brauchen bei ihrem edlen Werk, damit nicht der ganze Laden zusammenkracht. "Kapazitätsmarkt" wird dieses Gas-Subventions-Spielchen getauft, was da über den Stromkunden an weiteren Kosten demnächst hereinbrechen wird. Schönes neues Wort. Wobei von "Markt" natürlich keine Rede sein kann, das wird reine Planwirtschaft. In BW und Bayern suchen sie nämlich schon händeringend nach Investoren, aber finden keine ohne Subventionen. Und ohne Gaskraftwerke kann man in BW nach Abschaltung aller AKW so viele Windräder in die Landschaft knallen, wie man will - das bringt's leider gar nicht, wenn die steuerbare Leistung fehlt. "Leistungsbereitstellung" heißt das Zauberwort.

     

    Ach, und für die Offshore-Netzanbindung wird es demnächst auch eine weitere kleine Umlage geben, wie seitens der Bundesregierung zu hören war - denn ohne spezielle Zusatz-Subvention, bislang noch etwas phantasielos "Offshore-Umlage" genannt, wird das wohl nix mit den Windrädchen in der Nordsee.

     

    Also, ich verstehe eigentlich nicht, warum die taz sich hier über Subventionen für AKW empört...