Kommentar Zuckerhaltige Lebensmittel: Aufklärung ist gesund
Falsche Ernährungsgewohnheiten führen zu schweren Wohlstandskrankheiten. Dabei könnte der Staat durchaus handeln.
Z u viel Zucker, zu viel Fett, zu viel Salz: Falsche Ernährungsgewohnheiten sind für schwere Wohlstandskrankheiten verantwortlich. Dieses Problem ist lange bekannt – und ungelöst. Die deutsche Politik weigert sich, tätig zu werden, obwohl es vergleichsweise einfache Instrumente für einen besseren gesundheitlichen Verbraucherschutz gibt.
Der zu hohe Zuckerkonsum illustriert eindrücklich das politische Versagen: Die Bundesregierung setzt auf eine freiwillige Änderung der Rezepturen für Getränke oder Pizzen. Erst wenn das nicht hilft, soll der Süßegehalt reglementiert werden. Die Verbraucherorganisation Foodwatch hat nun stellvertretend für alle Unternehmen Coca-Cola an den Pranger gestellt und gezeigt, wie der Getränkeriese seine eigenen Selbstverpflichtungen umgeht. Solange der Konzern viel Geld mit ungesunden Mixturen verdient, wird sich daran wohl nichts ändern.
Dabei könnte der Staat durchaus handeln: Erstens mit einem längst überfälligen Verbot von Kindermarketing in sozialen Medien. Deren Einfluss auf die wichtige Zielgruppe der jungen Konsumenten ist hoch und von den Eltern kaum kontrollierbar. Einmal auf den Süßetrip gekommen, ist zuckerreiches Ess- und Trinkverhalten auch fürs spätere Erwachsenenleben nahezu vorprogrammiert. Die indirekte Werbung über gekaufte Internetstars ist zudem unethisch, können sich Kinder doch aufgrund ihres Entwicklungsstandes selbst nicht gegen die Botschaften der Marketingabteilungen wehren.
Zweitens erhöhen Zwangsabgaben wirkungsvoll den Druck auf die Hersteller zu süßer Nahrungsmittel: In Großbritannien wird die Zuckersteuer gerade eingeführt. Schon im Vorfeld haben viele Getränkehersteller darauf mit einer Senkung des Zuckergehalts ihrer Rezepturen reagiert. Auch in Deutschland ist das Instrument schon einmal erfolgreich erprobt worden. Mit einer Abgabe auf alkohol- und zuckerreiche Alkopops wurden diese umstrittenen Mixgetränke praktisch aus dem Markt gedrängt.
Die wohl wichtigste Waffe gegen ernährungsbedingte Volkskrankheiten bleibt jedoch das Bewusstsein der Konsumenten selbst. Bildung ist ein Schlüssel zu einer gesunden Ernährung. Für einen gesunden Konsum müssen allerdings auch die nötigen zeitlichen und finanziellen Möglichkeiten vorhanden sein. Wo all dies fehlt, sind Übergewicht und Fettleibigkeit häufiger zu Hause. Menschen, die sich nicht gut ernähren, mangelnde Eigenverantwortlichkeit vorzuwerfen, ist daher nicht nur billig, sondern führt auch politisch ins Leere.
Mehr Erfolg verspräche dagegen ein entschiedener Einsatz für gleichwertigere Lebensbedingungen aller Gesellschaftsschichten. Und effizientere Programme zur gesundheitlichen Aufklärung. Das lohnt sich volkswirtschaftlich, weil Krankheitskosten verringert werden. Aber es bringt nur wenige Wählerstimmen ein. Ist dies etwa der Grund, warum das politische Interesse an einer Problemlösung so gering ist?
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