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Langsam ist es nicht mehr nachvollziehbar! Kaum kommt irgendwo ein irgendwie gearteter Vorwurf auf, "wird eine Pressesau durch Dorf gejagt", unabhängig von Sachaufklärung und Sachzusammenhang. Dass ein Personalreferent eines Bistums nicht für Personalentscheidungen einer Ordensgemeinschaft verantwortlich ist, müsste jedem halbwegs informierten Menschen - und dazu zähl(t)e ich bislang seriöse Journalisten - eigentlich geläufig sein. Und wenn dann eine Staatsanwaltschaft - pflichtgemäß! - einer Anzeige eines in seiner Jugend missbrauchten bedauernswerten Menschen nachgeht, wird rasch daraus "für den eiligen Leser" bereits ein neuer Skandal konstruiert, das Ergebnis dieser Prüfung zumindest zwischen den Zeilen bereits vorweggenommen und als stichhaltig suggeriert.
Wo ist eigentlich der "investigative Journalismus" früherer Tage geblieben, der seine Aufgabe nicht im unreflektierten Skandalisieren, sondern im seriösen Hinterfragen und im Aufklären von Sachverhalten sah? Ich kann mich des Eindrucks nicht erwehren, dass der Stil bestimmter groß-schlagzeiliger Vier-Buchstaben-Blätter immer mehr auch in bislang von mir als seriös eingestufte Presseprodukte Einzug hält. Schade!
Wann kommt in diesem Zusammenhang eigentlich die Rede auf den Regensburger Bischof Müller? Aus irgendeinem Grunde gelingt es ihm, aus den Schlagzeilen zu bleiben. Dabei gibt es in der Diözese Regensburg einen Vorfall, der nicht, wie die Kirche versucht, glauben zu machen, 150 bis 300 Jahre zurück liegt, sondern erst 3! Riekofen, mehr sog i ned.
Die Parteien der Mitte meinen, mit empathischer Kümmerergeste „das Ossi“ für sich gewinnen zu können. Sie sollten sie lieber zum Mitwirken auffordern.
Kommentar Zollitsch: Alles auf den Tisch
In der medialen Beschäftigung mit dem Skandal in der katholischen Kirche wird ein Moment der Ermüdung immer stärker. Der Missbrauchsskandal muss die Kirche aber weiter beschäftigen.
Medial ist der Fall Zollitsch noch nicht ganz ausgestanden. Folgendes zeichnet sich aber ab: Nach den Maßstäben des weltlichen und kirchlichen Rechts ist dem Freiburger Erzbischof und Vorsitzenden der Deutschen Bischofskonferenz nichts von Bedeutung vorzuwerfen - jedenfalls kaum Beihilfe zum sexuellen Missbrauch.
Zu dünn erscheint zurzeit dafür die Aktenlage, zu viel Zeit ist wohl auch vergangen - beziehen sich die Vorwürfe doch auf das Jahr 1987 -, und zu wenig Verantwortung trug Zollitsch damals als Personalreferent eines Bistums, das für den beschuldigten Pater anscheinend gar nicht zuständig war, folgt man den Erklärungen von Bistum und Kirchenjuristen.
Dennoch war die Anzeige richtig - und auch das Nachhaken der investigativen Journalisten, die die Sache hartnäckig verfolgt haben. Gerade Zollitsch muss als Vorsitzender der Bischofskonferenz eine reine Weste haben, will er die Aufklärung des Missbrauchsskandals vorantreiben. Insofern dienen die juristischen Vorwürfe der Aufklärung des Geschehens. Denn nur wo alles auf dem Tisch gelandet und so weit wie möglich geklärt worden ist, ist ein Neuanfang der Kirche möglich. Zollitsch ist sicherlich intelligent genug, das einzusehen.
Philipp Gessler
42, ist Reporter der taz und beschäftigt sich viel mit religiösen Themen. Er hat Geschichte, Journalistik, Theologie und Politologie studiert.
Zugleich ist unverkennbar: In der medialen Beschäftigung mit dem Skandal in der katholischen Kirche wird ein Moment der Ermüdung immer stärker, was nach bald einem halben Jahr intensiver Berichterstattung zum Thema kaum verwundert. Der Skandal ist jedoch nicht beendet. Er muss die Kirche weiter beschäftigen, wenigstens diese Selbstreflexion ist sie den Opfern schuldig. Ihr Leid wird sie in vielen Fällen ihr Leben lang begleiten. Auch dann, wenn über den Kirchenskandal niemand mehr redet.
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Philipp Gessler
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