piwik no script img

Kommentar YoutubeJenny lebt, andere nicht

Reiner Metzger
Kommentar von Reiner Metzger

Youtube entfernt Videos einer betrunkenen Schauspielerin. Aber nicht den umstrittenen Mohammed-Film. Das ergibt schon Sinn.

J enny Elvers-Elbertzhagen (40), hatte einen Fernsehauftritt bei „Das!“ im NDR, am Montag Abend. Und sie war offensichtlich betrunken. Jetzt geht sie in eine Entzugsklinik, sagt sie. Der Teil der Sendung – und darum geht der Streit – ist nicht im Videoarchiv des NDR zu sehen. Die Eskapade wurde zwar beim Videoportal Youtube hochgeladen, aber dann von Youtube wieder gelöscht.

Nun läuft ein Hase-und-Igel-Spiel zwischen Leuten, die es hochladen und Leuten, die bei Youtube beantragen die einzelnen Videoschnipsel wieder zu entfernen. Ist das Runternehmen Zensur? Nein, nein und nochmals Nein. Auch eine Jenny E. hat ein Recht auf Schutz ihrer Person. Weil sie lebt ( „Würde des Menschen“ und so weiter, liebe Hochlader).

Nun ist Jenny E. einigermaßen prominent. Sie tritt im Fernsehen auf, hatte und hat einen Haufen prominenter Freunde und redet mit der Bild-Zeitung, auch über den Faux-pas beim NDR. Das heißt aber nicht, dass ihr Privatleben bis ins Letzte der Öffentlichkeit gehört. Und dass sie kein Recht hat auf Resozialisierung. Wenn sie anfinge, ein Geschäft aus ihrer Alkoholkrankheit zu machen, als Buch, als Soap aus der Entziehungsklinik, als Talkshow-Tour, dann würde sich die Sache wieder anders darstellen. So weit sind wir aber nicht und bis zum Beweis des Gegenteils bleiben ihre Krankheiten ihre Privatsache.

Bild: taz
Reiner Metzger

ist stellvertretender Chefredakteur der taz.

Ähnlich privat: die nackten Brüste der britischen Prinzessin Kate. Die Dame hat sie nicht am Strand herum gezeigt oder vom Balkon des Buckingham-Palastes, sondern auf ihrer Ferienveranda. Also geht das auch keinen außerhalb der Veranda etwas an.

Das mit der Menschenwürde und dem Schutz der Privatheit gilt übrigens nicht für Mohammed oder Jesus. Nicht weil die beiden keine Menschen, sondern gottgleich oder -ähnlich wären. So etwas erfasst weder das Grundgesetz noch das Straf- oder Presserecht.

Die beiden sind schlicht keine lebenden Personen. Für sie gilt weder der Schutz der Privatsphäre, noch können sie bei Beleidigungen oder Lügen klagen. Selbst das Urheberrecht für ihre Werke ist längst abgelaufen. So sieht es zumindest Youtube in Deutschland.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Reiner Metzger
Leiter Wochenendtaz
Reiner Metzger, geboren 1964, leitet taz am Wochenende zusammen mit Felix Zimmermann. In den Bereichen Politik, Gesellschaft und Sachkunde werden die Themen der vergangenen Woche analysiert und die Themen der kommenden Woche für die Leser idealerweise so vorbereitet, dass sie schon mal wissen, was an Wichtigem auf sie zukommt. Oder einfach Liebens-, Hassens- und Bedenkenswertes gedruckt. Von 2004 bis 2014 war er in der taz-Chefredaktion.

10 Kommentare

 / 
  • B
    Bachi

    Hat auch Vorteile, daß das Video immer wieder auftaucht: Man kann sich überzeugen, daß J.E. mit zunehmender Sendezeit scheinbar immer alkoholisierter wird (?!?) und daß das Video ziemlich überbewertet ist, wenn man an den Auftritt von Kinski und Krug im WDR denkt - die waren seinerzeit völlig dicht. Und auch ohne solche "Nummern" gab es genügend Rauschpannen, z.B. "Koks-Carlo" von Tiedemann, mit Regelmäßigkeit auch die Landplage Ina Müller. Aber auch Leute die selbst nüchtern noch größeren Mist verzapft haben.

  • KD
    kern der sache

    @Zali:

    Genau, die Würde das Menschen endet nicht mit dessen Tod! Das Beispiel zum Schluss war also völlig unpassend gewählt, geht am Kern der Sache vorbei, und hat wenig mit dem Thema zu tun.

  • HH
    Hans Höfer

    Der Kommentator "sha" hat völlig recht. Es geht beim Löschen von Youtube ausschließlich um Nutzungsrechte. Die liegen bei NDR-Sendungen eben beim NDR. Wenn dieser - warum auch immer in diesem Fall - entscheidet, daß Youtube das nicht zeigen darf, dann ist das eben so. Menschenwürde mag beim NDR dahinterstehen oder nicht, das spielt für Google/Youtube keine Rolle.

     

    Was Jesus und Mohammed betrifft hat der zwar taz-Autor recht. Diese sind länger als siebzig Jahre tot (falls es sie überhaupt gegeben haben sollte), damit sind ihre Werke gemeinfrei. Gott wurde von Nietzsche auch schon vor weit über diesem Zeitraum für tot erklärt, da gilt das gleiche. Aber Urheberrecht und Menschenwürde sind zwei verschiedene Themen.

  • Z
    Zali

    Es gibt auch in deutschland Gesetze die das beleidigen von toten verbietet.

  • V
    viccy

    Also dann müssten auch sämtliche DSDS-Casting-Sequenzen von youtube weggeschnitten werden oder Clips von grenzwertig debielen Frauen aus "Frauentausch".

     

    Aber da kräht kein Hahn nach.

     

    Jenny ist halt ein lebender Mensch mit Kohle und Einfluss. Da wird die Würde dann doppelt hochgeladen.

     

    Ich hab mir das Video übrigens angeschaut. Soooo schlimm ist es gar nicht. Am Ende eine Werbemaßnahme ala B. Wulff?

  • S
    sha

    Ich möchte dem Kommentar an und für sich ja zustimmen, aber leider ist er komplett falsch. Youtube sperrt nicht wegen Persönlichkeitsrechten oder Rücksicht auf Menschenwürde, sondern wegen Lizenzrechten - Google ist vom Gesetz her dazu gezwungen. Wenn der NDR in Bezugnahme auf die Lizenz- und Urheberrechte die Videos nun sperren lässt (wenngleich für den NDR die Persönlichkeitsrechte der Anlass sein mögen), hat dies nichts damit zu tun, wenn eine Produktionsfirma von sich aus, wie nun mit dem Mohammed-Film geschehen, einen Clip selbst auf Youtube hochlädt. In dem Falle gibt es für YouTube/Google keinerlei Anlass, etwas zu sperren oder gar zu löschen.

  • KK
    Kein Kunde

    Wer eine "Dienstleistung" in die Öffentlichkeit stellt muss sich nicht wundern, wenn dann auch Nachfrage daran entsteht.

     

    Repräsentative Monarchen die heiraten müssen sich ebensowenig wundern wie Jenny E..

     

    Das ist eben ne Ware wie gesalzenes Süßzeug, das macht Durst auf mehr.

  • L
    Lobo

    Das kann man so nicht stehen lassen.

    * Wer sich freiwillig betrunken ins TV begibt - tut mir leid: kein Mitleid.

    * Wer sich im privaten Bereich bewegt und mal oben frei sein möchte - bitte schützen.

    *Götter und Propheten – also wenn die sich nicht selbst schützen können – dann kann auch der Staat nichts mehr machen…..

    Ich denke klarer kann ein Fall nicht liegen.

  • T
    Thorben

    Alkoholismus ist eine Krankheit der Seele, nicht der Kehle.

     

    Ich kenne die Uschi nicht, aber siehe erster Teil. Also in Ruhe lassen.

  • A
    aida

    Der NDR wäre besser beraten gewesen, die Sendung erst gar nicht auszustrahlen. Und der "treusorgende" Ehemann wäre noch viel besser beraten gewesen, seine alkoholkranke Frau sich erst gar nicht in der Öffentlichkeit bloßstellen zu lassen.

    Was das "vermarkten" der Sucht der Jenny E. angeht, werter Herr Metzger, keine Sorge, das wird kommen, ganz,ganz sicher.