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Kommentar WulffEine Frage des Charakters

Ines Pohl
Kommentar von Ines Pohl

Die einzige Legitimation, über die ein Bundespräsident verfügt, ist seine Integrität. Nach dem, was wir im Moment wissen, muss Christian Wulff deswegen zurücktreten.

A usgerechnet sein Freund und Gönner Egon Geerkens straft, so meldet das Nachrichtenmagazin Der Spiegel, den Bundespräsidenten Lügen. Anders als vom Präsidenten behauptet, hat dieser den umstrittenen Kredit persönlich und direkt mit Geerkens verhandelt.

Von welchem Konto die 500.000 Euro letztlich abgebucht wurden, ob von dem der Millionärsgattin, des Millionärs oder vom gemeinsamen Konto, das spielt keine Rolle. Was zählt und Konsequenzen haben muss ist die Tatsache, dass Wulff mehrmals behauptet hat, keinerlei Geschäftsbeziehungen mit Geerkens zu pflegen und gepflegt zu haben. Das aber scheint nach jetzigem Wissenstand falsch.

Dabei geht es im engeren Sinne längst nicht mehr darum, ob Christian Wulff tatsächlich formal juristisch gelogen hat, damals, als er noch Niedersachsens Ministerpräsident war. Es geht darum, dass der Niedersachse sich wieder und wieder in Grauzonen begibt, die politisch bedenklich sind. Und zurecht fatale Konsequenzen haben, wenn so arglos darüber hinweggegangen wird, als würde es keinerlei Problem darstellen, wenn Politiker sich auf diese Art und Weise in Abhängigkeiten zu Menschen mit konkreten Geschäftsinteressen einlassen.

Ines Pohl

ist Chefredakteurin der taz.

Zur Erinnerung: Mal urlaubte Wulff auf Kosten und gemeinsam mit dem Finanzunternehmer Carsten Maschmeyer auf Mallorca, mal ließ er sich zum Langstreckenflug nach Florida samt Familie kostenlos in die Luxusklasse hochstufen.

Man muss nicht sonderlich verderbt oder einfallsreich sein, um sich vorzustellen, dass solch großzügige Gesten natürlich mit einem Kalkül einhergehen. Gerade wenn sie von Geschäftsleuten ausgehen, die ja auch deswegen erfolgreich sind, weil sie wissen, wie man sich selbst zu Erfolgen verhilft.

Damit entblößt der Bundespräsident einen Charakter, für den es normal und unproblematisch ist, wenn Spitzenpolitiker und Spitzenunternehmer erst zusammen urlauben, um dann gemeinsam auf Geschäftsreisen zu gehen. Unabhängig davon, dass sich Wulff in seiner kurzen Amtszeit durchaus einige Verdienste erworben hat: Als Staatsoberhaupt ist er untragbar geworden.

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Ines Pohl
Ines Pohl (Jahrgang 1967) war von Juli 2009 bis Juni 2015 Chefredakteurin der taz. Bevor sie als politische Korrespondentin für die Mediengruppe Ippen in Berlin arbeitete, leitete sie das politische Ressort der Hessischen /Niedersächsischen Allgemeinen. 2004/2005 war sie als Stipendiatin der Nieman Foundation for Journalism für ein Jahr an der Harvard University. Im Dezember 2009 wurde ihr der Medienpreis „Newcomerin des Jahres“ vom Medium-Magazin verliehen. Seit 2010 ist Ines Pohl Mitglied im Kuratorium der NGO „Reporter ohne Grenzen“. Außerdem ist sie Herausgeberin der Bücher: " 50 einfache Dinge, die Sie tun können, um die Gesellschaft zu verändern" und "Schluss mit Lobbyismus! 50 einfache Fragen, auf die es nur eine Antwort gibt" (Westend-Verlag)
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48 Kommentare

 / 
  • W
    wilno

    Die Frau Auermann z.B. wurde verknackt

    und jeder kleine Außendienstler muß den

    geldwerten Vorteil z.B. eines Firmenwagens

    versteueren.

    Bei Herrn Wulff werden jedoch alle

    diesbezüglichen Anzeigen eingestellt.

     

    Die Feudalherrschaft läßt grüßen.

  • E
    EnzoAduro

    Nein, das macht Wulff nicht.

    Der stellt sich lieber jeden Donnerstag in den Pressesaal von Bellevue und gibt zu was herausgefunden wurde. Der macht das. Bis 2015. Dann ist sein Haus abbezahlt. Solange will er die Heizkosten sparen.

  • S
    Siegfried

    @Exilant987. Das Deutsche keine Ausländer wollen ist schon recht pauschal gesagt. Ich bin Deutscher und kann zumindest für mich sagen: Jeder Ausländer ist mir willkommen wenn er Krips im Kopf hat, einen gesunden Menschenverstand und den Willen sich in meinem Land zu integrieren. Über den Rest bedarf es keiner Diskussion. Denn wer in ein Land kommt um nur sein eigenes Ding durchziehen zu wollen ist nirgends willkommen.

  • D
    DerBerg

    @ Carlo: warum sollte der Bundespräsident kein Schnorrer sein? Passt doch gut nach Berlin, ich fand die Schnorrer bei meinen gelegentlichen Besuchen in der Hauptstadt jedenfalls immer sehr sympathisch! Solche Minirevolutionen gegen die bürgerliche Anstandsmoral sollten doch unterstützt werden.

  • D
    DerBerg

    Nun, egal ob er bleibt oder geht, ein gutes hat die Affäre (?) wohl doch: auch das BuPräsAmt ist den erhabenen verschwurbelten Höhen nun entrückt worden und man über Amt und Inhaber in der Kategorie: was bringt der Inhaber seiner Klasse offen diskutieren.

  • KN
    Klaus Neumann

    "9.12.2011 17:39 Uhr

    von M.Kusch:

     

    Ich hab' da 'mal 'ne Frage:

     

    Ist ein verbilligter Kredit eigentlich ein "geldwerter Vorteil", der zu versteuern ist?

     

    Wenn ja, hat er das gemacht?"

     

    Er hat einen Zinsvorteil genommen. Einen doppelten, weil der Darlehensbetrag den Wert des Hauses überstieg. Dieser Zinsvorteil von einem Geschäftsmann verstösst gegen das Ministergesetz §5 Abs. 4 von Niedersachsen. Zu diesem gibt es einen Runderlass, in welchem genau die Annahme eines Zinsvorteils als Amtsvorteilnahme verboten ist.. Ausführlich: „Es geht um § 5, Absatz 4 des Gesetzes. Da heißt es: „Die Mitglieder der Landesregierung dürfen (...) keine Belohnungen und Geschenke in Bezug auf ihr Amt annehmen.“ „Ein grundsätzliches Annahmeverbot“ gilt laut Erlass für die Gewährung besonderer Vergünstigungen bei Privatgeschäften „wie zinslosen oder zinsgünstigen Darlehen“.

    l.c. http://www.bild.de/politik/inland/christian-wulff/verstiess-bundespraesident-wulff-gegen-ministergesetz-21569324.bild.html Somit hat Herr Wulff sonnenklar gegen das Ministergesetz verstossen. Darf man als Meinung ja mal so ohne den Zusatz „mutmasslich“ sagen.

    Die Zinseinkünfte allerdings muss Familie Geerkens versteuern. Nicht Herr Wulff. Hier gelten für die Geerkens die pauschalen Kapitalertragssteuern. Aber hinter dem ganzen Geschäft steht auch noch der Geldwäschevorwurf, der noch nicht ausgeräumt wurde: "Denn dann hat der Bundespräsident nicht nur die Unwahrheit gesagt, als er noch am Dienstag bestreiten ließ, dass er das Geld vom Unternehmer Geerkens bekommen hat. Sondern die ganze Sache riecht auch nach möglicher Beihilfe zur Geldwäsche von in der Schweiz versteckten Geldern der Unternehmerfamilie. Oder wie Geerkens es unverblümt formulierte: "Uns war geholfen und ihm auch." l.c. http://www.zeit.de/politik/deutschland/2011-12/wulff-kommentar

    Dieser Geldwäschevorwurf wird erhärtet dadurch, dass Herr Geerkens nach eigener Aussage die Kreditverhandlungen geführt habe, er sich also damit rechtlich gegen den Geldwäschevorwurf absichert, indem er Wulf in diesen hineinzieht und sich so unter den „Rechtsschutz“ der politischen Nomenklatura begibt. Kluges Kerlchen.

    So, wie der Mann sich verhält und wie er sich zu allem äussert befindet Herr Wulff sich auf Selbstversenkungskurs.

  • AH
    Arnulf Hielscher

    Hört auf zu diskutieren, der Mann ist durch und durch korrupt. Hier, der hier solls machen, der sagt schöne Dinge: http://www.youtube.com/watch?v=vjxUfyCSEEE

     

    Der wird nicht wollen, befürchte ich, aber fragen könnte man ja mal...

  • C
    carlo

    Überhaupt nicht staatstragend, sondern nur meinem Verständnis von Glaubwürdigkeit und Wahrhaftigkeit folgend, fordere ich den Rücktritt des schwer angeschlagenen Bundespräsidenten. In welcher Rede wird er künftig noch über Werte reden können? Im Volksmund werden solche Leute als Schnorrer bezeichnet.

  • C
    carlo

    Überhaupt nicht staatstragend, sondern nur meinem Verständnis von Glaubwürdigkeit und Wahrhaftigkeit folgend, fordere ich den Rücktritt des schwer angeschlagenen Bundespräsidenten. In welcher Rede wird er künftig noch über Werte reden können? Im Volksmund werden solche Leute als Schnorrer bezeichnet.

  • M
    M.Kusch

    Ich hab' da 'mal 'ne Frage:

     

    Ist ein verbilligter Kredit eigentlich ein "geldwerter Vorteil", der zu versteuern ist?

     

    Wenn ja, hat er das gemacht?

  • CH
    Cornelia Holtmann

    @ polyphem

     

    Ich hatte vergessen, Ihre letzte Frage zu beantworten: Natürlich wird sie in bestimmten Kreisen schon für das Amt des Bundespräsidenten vorgeschlagen. Ich habe ein wenig in den Blogs der "Zeit" nachgelesen.

  • CH
    Cornelia Holtmann

    @ polyphem

     

    Vielleicht sind wir uns einiger, als ich dies bei der ersten Rückmeldung vermutet hätte. Und Sie haben recht: Frau Käßmann hat zumindest die Würde des Amts nicht beschädigt.

  • P
    Peter

    Wie geht eigentlich eine Amtsenthebung eines Presidenten

  • W
    wauz

    Im Vergleich: Frau Käßmann

     

    Ihre Trunkenheitsfahrt war tatsächlich ohne wenn und aber strafbar. Das ist die eine Seite. Die andere ist, dass sie es wohl selbst so einschätzte, dass ihr Ausrutscher eine Vorgeschichte hatte.

    Sie hat gut daran getan, zurückzutreten, bevor alle Details dieser Angelegenheit auf der Straße diskutiert wurden. So hat sie sich den Respekt vor ihrer Person bewahrt. Und sich die Zeit verschafft, sich um die privaten Angelegenheiten zu kümmern.

    So hat sie gezeigt, wie man umsichtig mit sich selbst, dem Amt und der Öffentlichkeit umgeht.

     

    Zu Guttenberg und Wulff sind Meilen davon entfernt. Ehrlich gesagt, erinnert ihr Gebaren an kleine Jungs, die mit dem Finger im Honigtopf erwischt wurden und die jetzt meinen, es reicht, wenn man sich die Hand am Hosenboden abwischt.

  • P
    polyphem

    @Cornelia Holtmann:

    Vor einem Rücktritt oder Nichtrücktritt erleben wir doch regelmäßig ein Pro und Contra. Auch CW bekommt noch reichlich Zustimmung, und ich idealisiere weder Frau Käßmann noch ihren Rücktritt. Ich gehöre nicht zu ihrer (Fan)-Gemeinde, bleibe aber bei meiner Meinung, dass ihr Rücktritt für das Amt, das sie inne hatte, gut war. Der vor- und nachfolgende Hype um die Person ist wahrlich bescheuert. Wurde sie schon als Kandidatin für das Präsidentenamt vorgeschlagen?

     

    P.S.: Ihr Zitat von Thomas von Aquin finde ich "gottvoll".

  • Y
    yberg

    ey,der mann hat ein netzwerk und das ganze war ne winwin situation.

     

    wnn koofmich koofschland vorsteht und oberstes bundespräsent ist handelt es sich um eine der wenigen wahrhaftigkeiten unsrer ELITEN und EXTZellenzen.

  • CH
    Cornelia Holtmann

    @ polyphem

     

    Das war mir klar, aber noch bevor sie zurückgetreten war, gab es eine breite Unterstützung für Frau Käßmann und nach ihrem Rücktritt gab es häufig den Ausdruck des Bedauerns über diesen Rücktritt.

     

    Ich fürchte auch, Sie idealisieren Frau Käßmanns Rücktritt. Denn wir können zunächst feststellen, dass sie sich auf diese Weise in erster Linie bohrenden Fragen entzogen hat. Die hat sie ja schon auf der "Rücktritts-Pressekonferenz" ausdrücklich nicht zugelassen. Ich erinnere mich noch gut an den Beginn ihrer Presseerklärung: „Gut, ich habe einen Fehler gemacht, den ich bedaure. Aber…“. Als vorbildlich kann ich dieses Verhalten nicht bezeichnen.

     

    Ein Zeichen von Reue habe ich von ihr auch nie gehört und sie mischt ja jetzt auch schon überall recht munter mit. Ihr Vorteil war und ist es, dass sie den Zeitgeist in wunderbarer Weise bedient ("Mehr Phantasie in Afghanistan"). Es ist hier aber wohl weder Zeit noch (genügend) Raum, Frau Käßmanns Verhalten zu diskutieren.

  • R
    reblek

    "Das aber scheint nach jetzigem Wissenstand falsch." - Wenn es nur so "scheinen" würde, hätte Wulff gute Karten, aber es ist falsch.

  • E
    Exilant987

    Wulff wird gerade abgeschossen, weil er das Thema "Multi-Kulti" zum Thema seines Amtes als Bundespräsident gemacht hat. Wulff ist CDU. Und die CDU möchte das Thema "Multi-Kulti" eben nicht positiv besetzen. Das ist jetzt das Problem von Wulff. Das Geld ist nur vorgeschoben. Allerdings sind die Parallelen zum Rücktritt von Ministerpräsident Glogowski schon sehr stark. Der SPD-Chef Willy Brandt verlor in den 1980ern sein Amt, weil er die konservative Frau Mathiopoulos zur SPD-Generalsekretärin machen wollte. Ich glaube, die Deutschen wollen keine Spitzenpolitiker, die sich positiv gegenüber Ausländern im eigenen Land äußern und verhalten.

  • B
    Basisdemokrat

    „Daran ändert auch die Tatsache nichts, dass er sich in seiner kurzen Amtszeit durchaus einige Verdienste erworben hat."

     

    Welche Verdienste sollen das sein?

    Seine Aussage, daß der "Islam zu Deutschland gehört" war eher spaltend und der Diskussion abträglich, weil er verkürzend und beschwichtigend versuchte, den Eindruck von Harmonie zu erzeugen, während die eigentlichen Probleme von Integration weiter unter den Tisch gekehrt werden, anstatt sie sachlich zu diskutieren und an Lösungen zu arbeiten.

     

    Ansonsten ist er eher durch Abwesenheit aufgefallen: Entweder war er auf Auslandsreisen oder hat zu allen wichtigen Themen geschwiegen.

  • P
    polyphem.os

    @Cornelia Holtmann: Sie bringen da was durcheinander. Frau Käßmann ist zurück getreten. Sie hatte Respekt vor ihrem Amte. Dafür bekommt sie nun selber welchen.

  • I
    intensiver

    Das zeigt doch nur einmal mehr, wie verkommen das

    politische Führungspersonal insgesamt ist, in korrupter Abhängigkeit vom internationalen Spekulationskapital, vor dem Wählervolk mit Hilfe der

    elektronischen Medien posierend und ihm Sand in die Augen streuend!

  • N
    Niedersachse

    Ich empfehle jedem, die Äusserungen von Christian Wulff über die Affäre seines Vorvorgängers Glogowski nachzuschlagen. Als dieser 1999 zurücktrat, ging es um merkwürdige Immobiliengeschäfte, politische Freundschaften, Reisen (und um eine Scheidung und neue Ehefrau).

    Wie sagte es Wulff damals: "Ich glaube, es ist die völlig fehlende Distanz zu Sachen, zu Personen, zu Dingen, die man in der Politik braucht, also eine Grundsensibilität, dass man Dienstliches und Privates relativ strikt trennt, dass man fließende Übergänge mit äußerster Vorsicht behandelt. Jeder Polizeibeamte, jeder Beamte eines Staatshochbauamtes, einer Vergabestelle hat natürlich gar kein Problem, Freunde aus der Wirtschaft in seinem Feld zu bekommen und beispielsweise auch Zuwendungen im Zusammenhang mit Festen, Feiern und privaten Dingen. Es darf nur eben nicht sein. Es muss jeder Eindruck von Korrumpierbarkeit schon im Ansatz verhindert werden. Es darf gar nicht erst zur Korruption kommen, sondern es muss der Anschein von Korrumpierbarkeit, von Abhängigkeiten, von Sponsoring von Politik und Politikern vermieden werden. Das ist hier alles völlig fließend, und das über Jahrzehnte in der Heimatstadt des Ministerpräsidenten mit seinem, ihm eigenen Umfeld. Das ist eine schwere Belastung, und aus dem hat er sich nie gelöst. Deswegen fehlen ihm eigentlich die Voraussetzungen - ich würde es hart formulieren wollen -, letztlich auch die Voraussetzungen für die Würde des Amtes des Ministerpräsidenten. Er ist der falsche Mann am falschen Platz."

  • W
    wauz

    Naivität ohne Ende

     

    Herr Wulff hatte ein Problem: die Frau frisch ausgewechselt und einen Job in einer fremden Stadt. Wie schön, dass der gute Freund grad ein paar Mäuse flüssig hat. Ein Deal zu beiderseitigem Vorteil, klasse. Ärgerlich nur, dass, kaum wieder im Büro angekommen, der liebe Referent darauf aufmerksam macht, dass es ein Ministergesetz gibt und einen Erlass, dass auch günstige Kredite unter Verdikt fallen. Was tun? Man stellt den Vertrag ein bisschen geschickter aus und macht die Ehefrau zur Geschäftspartnerin. Der eigentliche Kreditgeber ist schlau genug, aus der sache ein de-facto-Bargeldgeschäft zu machen, damit "kein neugieriger Banklehrling" darauf aufmerksam wird.

    Blöd war nur, das das ständige Zusammenglucken und das (ebenso naive) Upgrade für peinliche Nachfragen im Parlament sorgte. Da kam dann der gescheite Referent ins Spiel, der Dank eines Bisschens an Grammatikunterricht, in der Lage war eine korrekt geschwindelte Antwort der Regierung zu formulieren. Einfache Lösung, komm her, ich will dich umarmen.

    Dummerweise gibt es Journalisten, die an der Sache dran bleiben. Eine große Zeitung, der es bei der Wahl nicht gelungen war, in einer großen Kampagne ihren Favoriten ausreichend zu begünstigen, wollte es weiterhin genau wissen. Der Versuch, Recherchen juristisch abzublocken, misslang der Staatskanzleibzw dem Präsidialamt allerdings.

    Genau an der Stelle hätte ein Plan B zur Anwendung kommen müssen. Den gab es aber nicht. So stand der liebe Herr Präsident ganz und gar auf dem linken Fuß im Auslad, als ihn die Attacke aus der heimat kalt erwischte. Noch schlimmer: man konnte sich nicht zu Sofortmaßnahmen durchringen. Ein saudummes Statement aus dem Präsidialamt ließ die Affaire erst richtig hochkochen. Man musste unbedingt die Fehler eines nun nicht mehr hoch gerühmten Bundesministers wiederholen. Jetzt, da die Details der Sache schon auf der Straße diskutiert werden, versucht man den Grabenkampf. "Linke Kampagne", "böse Grüne", "politikverdrossene SPD"... der blöden Sprüche, aus dem Fußvolk lanciert, wird man nicht müde werden. Dümmer geht's immer

  • CH
    Cornelia Holtmann

    Um es vorwegzuschicken: Ich sehe die Persönlichkeit des Herrn Wulff äußerst kritisch. Vor allen Dingen empört hat mich die Streichung des Blindengelds, das er in Niedersachsen veranlasst hat.

     

    Trotzdem glaube ich, dass in der „Kreditaffäre“ aus einer Mücke ein Elefant gemacht wird. Ungeschicktes Verhalten, Kleinkrämerei …, alles richtig.

     

    Ich frage mich aber, wie die Kommentare ausfielen, wenn z. B. Frau Käßmann – die ja von großen Teilen der Öffentlichkeit wie eine heilige Kuh verehrt wird – sich in einer vergleichbaren Situation befände.

     

    Oder umgekehrt: Wie würde die Öffentlichkeit reagieren, wenn Herr Wulff betrunken Auto gefahren wäre und die Polizei belogen hätte?

     

    Einige Menschen werden eben „freigegeben“ und es gehört zum guten Ton, sich über sie zu empören oder sie verächtlich zu machen. Andere haben Narrenfreiheit.

  • Y
    york

    @reblek:

     

    es reicht, dass du die armen kinder in deinen deutsch-klassen tyrannisierst. verschon doch bitte die foristen mit deinen weisheiten. ob du es glaubst oder nicht: viele leser erkennen die fehler in rechtschreibung und grammatik auch, aber sie missbrauchen die kommentarfunktion nicht regelmaessig, um ihr unterentwickeltes ego zu erhoehen.

  • GN
    Graf Nitz

    Meine Güte!

     

    Können wir nicht ein paar Alt-reiche als Aushängeschilder für unseren Staat wählen? Menschen, die bereits über Geld und Geschmack verfügen?

     

    Dieser Eigenheimkitsch in, Achtung: GROSSBURGWEDEL! ist ja peinlichst.

     

    Wie wäre es mit einem Fürsten? Solms-Hohensolms-Lich? Fürstenberg? Oettingen? Die wissen, wie man's macht und blamieren uns nicht mit ihren Klinkerspiesserträumen.

  • P
    pohlyphem.os

    "..Ausgerechnet sein Freund und Gönner Egon Geerkens straft, so meldet das Nachrichtenmagazin Der Spiegel, den Bundespräsidenten Lügen."

     

    "Wem der große Wurf gelungen, eines Freundes Freund zu sein, wer ein holdes Weib errungen, mische seinen Jubel ein..." (Schiller - Ode an die Freude)

  • FE
    Frau Edith Müller

    Das gab es so in der DDR nicht. Ich empfinde den Herrn Wulff als sehr uanangenehm und unpassend für den genau genommen höchsten Posten dieses Landes. Man zeigt ja immer auf betrügende Hartz IV Empfänger und hat Repräsentanten, die viel schlimmer, da unmoralsicher sind? Ein Hartzler bescheisst vielleicht aus einer gewissen Not heraus. Aber ein seit Jahrzehnten überdurchschnittlich verdienenr Beamter des deutschen Staates?

  • CH
    Cornelia Holtmann

    Sie beschreiben den Charakter Herrn Wulffs wohl richtig und viele Kommentatoren haben Herrn Wulff in ihren Kommentaren nicht geschont. Ich auch nicht. Wenn ich meine Motive hinterfrage, so muss ich aber zugeben:Ich wollte meine „kleine Rache“.

     

    Mich hat es im Jahr 2005 empört, dass er die Streichung des Blindengelds in Niedersachsen veranlasst hat. Ich stehe hinter dem Inhalt aller Kommentare, die ich geschrieben habe. Aber ich muss auch zugeben, dass an Herrn Wulff wohl ein Exempel statuiert werden soll. An seiner Person arbeiten wir zur Zeit wohl unseren Unmut über die Charakterlosigkeit vieler Politiker ab.

     

    Und da denke auch ich jetzt: Es reicht!Rücktrittsforderungen auf der Grundlage der „Kreditaffäre“ halte ich für überzogen.

  • H
    Hasso

    Als Bundespräsident darf man keine halbseidene Charaktere sein. Hält man sich schon einen "Grüß-August", so sollte das doch zumindest ein vertrauenswürdiger "Grüß-August" sein. Köhler musste gehen, weil er das aussprach, was längst die meisten wussten- dass nämlich der Afghanistan-Krieg auch wirtschaftliche Gründe hat. Bei dieser Bundespolitik scheint eins nicht zu funktionieren: nämlich, dass Moral und Karriere sich die Waage halten.

  • EM
    Euklid München

    Ob die Weihnachtsepistel wohl von einem Anwalt verlesen wird?

  • T
    Tom

    Scheinheilige Aufregerei.

     

    Die alte Sehnsucht nach moralisch sauberen Lichtgestalten mal wieder.

     

    Viel interessanter wäre doch die Frage, warum die Bildzeitung

    gerade jetzt den Wulff abschießen will.

     

    Ansonsten gilt:

    Je weniger man was an den echten Problemen ändern kann und je größer die Unsicherheit der von Finanzkrise etc. verängstigten kleinen Bürgerlein, desto mehr hängt man sich an derartig unwichtigem Quatsch auf. Und die bereits Prekarisierten können mal wieder so richtig auf "die da oben" schimpfen. Ändert nur leider rein gar nix wenn mal wieder einer davon ausgetauscht wird. Bestenfalls (oder schlimmstenfalls) kommt als nächstes einer, der sich besser verstellen kann als Wulff. Irgendein scheinheiliger Pastor z.B.

     

    Eine "moralisch saubere Elite" wünscht ihr euch? Hahah. Gibt's nicht. Denn Dreck am Stecken hat jeder. Ja, auch DU! Vielleicht sogar Günther Jauch, der Bundespräsident der deutschen Herzen!

  • B
    bernd

    Das deutsche Volk bekommt die Politiker und die Repräsentanten, die es verdient.

  • W
    Wolf

    Der stets grinsende Mann sollte schnell seinen Hut nehmen.

    "Mein" Präsident war er nie und wird es auch nicht werden.

    Er sollte sich ein Beispiel an dem verstorbenen

    ehemaligen Präsidenten Johhannes Rau nehmen.

    Das war ein Mann für das ganze Volk !

  • V
    vic

    Laut Geerkens wurde der Freundschaftsdienst von einem Konto seiner Gattin vergeben, für das der Gatte eine Vollmacht hat.

    Zurückbezahlt wurde auf ein gemeinsames Konto.

    Läuft nicht gut für Wulff...

  • K
    KFR

    nich ganz; es ist diese unglaublich Naivität und Inkompetenz einerserseits und der immer häufigere Verdacht der bewussten "Verarschung", sowie die Frage,wofür verdienen diese leute eigentlich soviel !!

  • G
    Gloria

    Wichtig ist nicht, wer von dem befreundeten Ehepaar den Kredit gab oder warum ein besserer Sitzplatz angenommen wurde im Flieger! Und anderes mehr...!

     

    Wenn man sich die Person Wulff anschaut und die, mit denen er sich umgibt und zeigt, da tauchen Bedenken auf,wessen Geistes Kind dieser Mann ist?

    Und hinter der Biedermann-Fassade scheint er ein umtriebiger,seine Vorteile suchender Mensch zu sein.

     

    Solch ein Mensch ist kein Vorbild!

    Weder für die Jugend, noch für die Erwachsenen!

    Und sollte sich schnell zurück ziehen !

     

    Und seine Frau in Satin in der Wüste war auch übertrieben und deplaziert!

    Und die high heels behinderten doch schon sehr beim Einsteigen in den Helikopter.

     

    Ich halte das Gespann Wulff für Blender!

     

    Aufgestiegen mit Merkels Gnaden.

  • R
    reblek

    "formal juristisch" - Sinnvoll ist dies nur als ein Wort: formaljuristisch.

  • J
    Jared

    Vielleicht schießen ihn seine "Freunde" ja gerade um seiner Verdienste willen ab. Er war eben kein Schröder.

  • M
    Mirko

    Ich dachte, sich Kredit bei der Bank zu holen, ist böse. Sich Geld von einem Freund zu leihen, nun auch?

     

    Entscheidet euch alle mal bitte, ja?

  • F
    fazleser

    „Daran ändert auch die Tatsache nichts, dass er sich in seiner kurzen Amtszeit durchaus einige Verdienste erworben hat."

     

    Welche?

  • CE
    Charakt er

    Worin liegt das Kalkül der Studenten die für Putin protestieren ? Na also. Darin, nicht schikaniert zu werden.

     

    Worin liegt das Kalkül, bei Berlusconi-Sendern Werbung zu schalten ? Dazu müsste man Data-Journalismus betreiben und schauen ob dort überproportional viel oder die Korrellationen (Kaufkraft, Anzahl der Kunden, Zielgruppen,...) nicht stimmen.

    Abmahnungen, Knöllchen, Schutzgeld und Alimente bezahlt man auch nur, um in Ruhe gelassen zu werden. Und nicht weil man sich wirtschaftliche Vorteile erhofft.

    Aber weil genau sowas problematisch ist, weiss jeder Vollkaufmann und natürlich jeder Siemens-Manager, Pirat, Grüner und FDPler, das sowas zu vermeiden ist.

     

    Wenn die Republikaner schwören, niemals die Steuern zu erheben, mag das lächerlich klingen. Die taz sollte durchsetzen, das jeder Abgeordnete und Kandidat schwört, keine Geschmäckle zuzulassen und mit jedem Geld, Waren und Dienstleistungen ehrbarer um zugehen als der Papst und Transparency International und alle lupenreine Demokraten zusammen. Jetzt hat man ja einen weiteren guten Grund, das von jeder Partei durchgängig zu fordern.

  • MD
    muss das sein?

    muss das wirklich sein? immer diese staatstragende wichtigtuerei in den kommentaren?

  • I
    Ilausebbub

    Einfach Schwachsinn ---

    Das, was Wulff verbrochen hat, ist mit Gysi und Co. wirklich nicht zu vergleichen.

  • U
    Unbehagen

    Ausser dem Verhalten des Bundespräsidenten finde ich das Verhalten des politischen Berlins sehr bedenklich. Vor lauter Achtung des Amtes traut sich offenbar niemand einen Kommentar abzugeben. Weder die Kanzlerin noch die Regierungs- oder Oppositionsparteien. Wenn ein Präsident dermaßen in Bedrängnis ist, darf man das Ganze nicht einfach übers Wochenende ruhen lassen. Höchst unbehaglich ...

  • C
    chrisfre

    (Wie) kann sich "Charakter" unter den Bedingungen der Herkunft aus den kleinen Verhältnissen eines Scheidungskinds, dessen Oberschulabschluss zunächst

    in Frage stand, so entwickeln, dass nach der Teilhabe eines sozialen Aufsteigers an der von ihm als Glamourwelt ersehnten und dann als zu dieser nicht nur am Katzentisch Eingeladenen von Macht und Luxus (wie er diese auch immer definiert aus seiner Sicht) Faszinierten ein ethisch und intellektuell entfalteter entsteht? Es sei an das alte Kursbuch erinnert, das das Kleinbürgertum und dessen Denk- und Verhaltensweisen thematisiert nicht nur der wenig Privilegierten.

     

    Will sagen: mit dem Kriterium 'Charakter' kann diese

    causa nicht diskutiert werden.

     

    Doch eher mit der Frage danach, wer wie warum so

    sozialisiert ist, also einem systemischen Ansatz.

     

    Dass dieser BuPrä diese Gesellschaft spiegelt, aber

    nicht, wie erhofft, repräsentiert, ist, zumal in den

    Zeiten einer moralisch erodierten Gesellschaft, nur

    folgerichtig.

  • RK
    Rose Kreuzberg

    Das werde ich nie verstehen: Was bringt solche Leute, die eine hohe gesellschaftliche Position erreicht haben, z. B. Ministerpräsident , weitere, noch höhere Positionen anstreben ... und genügend materielle Sicherheit und zahlreiche Privilegien haben, dazu, ihre Gier nicht zu zügeln und dann noch dreist zu lügen ?

    Was mich weiter erbost: wenn der Herr Bundespräsident diese Affäre nicht übersteht und er zurücktritt, wird er sein Leben lang aus dem Staatshaushalt alimentiert.

    Ich finde das völlig ungerechtfertigt. Das Ehepaar Wulff müsste sich seinen Lebensunterhalt und seinen aufwändigen Lebensstil selbst verdienen müssen. Mal schauen, ob die Freunde wie Maschmeyer und Co. dann immer noch so spendabel sind ...