Kommentar Wohnungsbau in Jerusalem: Wo sich alles entscheidet
Zwei Staaten, unter Umständen ja, Jerusalem als Doppelhauptstadt niemals. Doch das ist Utopie – jedenfalls, wenn man die Palästinenser fragt.
D er Streit um den Status von Jerusalem ist bald 65 Jahre alt. Mit ihm entscheidet sich die Zukunft der gesamten Region. Ist erst einmal eine Lösung für die "ewig ungeteilte Hauptstadt", die Jerusalem für die Israelis ist, gefunden, bleiben nur noch "Peanuts". Doch so weit ist es noch nicht, wie der neue Konflikt über 900 Wohnungen im Osten der Stadt beweist.
In Jerusalem herrscht Wohnungsmangel. Noch stärker als in der Küstenregion steigen die Grundstücks- und Hauspreise rapide an. Denn das überwiegend konservative und religiöse Jerusalem wächst rascher. Die Entscheidung, 900 neue Wohnungen zu bauen, folgte somit einer innenpolitischen Notwendigkeit. Die Reaktionen im Ausland wurden dafür in Kauf genommen. Sie waren nicht das Ziel.
Die israelische Regierung möchte gern Frieden machen, allerdings nur, wenn das ohne Kompromisse in Jerusalem möglich ist: Zwei Staaten, unter Umständen ja, Jerusalem als Doppelhauptstadt niemals. Doch das ist Utopie – jedenfalls wenn man die Palästinenser fragt, die deshalb mehr und mehr über die Ein-Staaten-Lösung nachzudenken beginnen.
Susanne Knaul ist Israel-Korresponentin der taz.
Auch die palästinensische Bevölkerung wächst, nur mangelt es ihr an einer Lobby. Abhilfe zu schaffen ist Regierung und Stadtverwaltung deutlich weniger dringlich. Ungeachtet gegensätzlicher Versprechungen aus dem Rathaus, bleiben die nötigen Baugenehmigungen aus.
Was sich den jungen palästinensischen Familien als Alternative bietet, wäre logischerweise der Umzug in die Siedlungen, was theoretisch möglich ist, da laut Rathaus jeder wohnen kann, wo er will. Für das offiziell noch immer von der palästinensischen Führung verfolgte Ziel der Teilung der Stadt und der Zwei-Staaten-Lösung wäre eine solche Entwicklung hingegen fatal.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Exklusiv: RAF-Verdächtiger Garweg
Meldung aus dem Untergrund
Keine Konsequenzen für Rechtsbruch
Vor dem Gesetz sind Vermieter gleicher
Fragestunde mit Wladimir Putin
Ein Krieg aus Langeweile?
Kretschmer als MP von Linkes Gnaden
Neuwahlen hätten der Demokratie weniger geschadet
BSW-Chefin im ZDF
Wagenknecht macht BND für Irrtum verantwortlich
Wahlprogramm von CDU und CSU
Der Zeitgeist als Wählerklient