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Kommentar Wirtschaftsminister GlosDer tragische Minister

Kommentar von Ralph Bollmann

Horst Seehofer (CSU) lässt Wirtschaftsminister Michael Glos nicht ziehen, weil der Rücktritt das fragile Machtgefüge der CSU gefährden würde.

J etzt werden sie alle wieder ihre Häme ausgießen über Michael Glos, den machtlosen Wirtschaftsminister, der nicht einmal seinen eigenen Rücktritt durchsetzen kann. Das ist aber ein Missverständnis. Schwach ist in der Politik nicht derjenige, der ein solches Rücktrittsgesuch stellt, sondern derjenige, der es ablehnt. Die Ereignisse vom Wochenende stellen nicht den Wirtschaftsminister bloß, dessen Wunsch nach einem zeitigen Abgang ehrenhaft ist, sondern den CSU-Vorsitzenden Horst Seehofer.

Bild: taz

Ralph Bollmann ist Leiter des Parlamentsbüros der taz.

Er kann den Minister nicht ziehen lassen, weil es das fragile Machtgefüge der neuen CSU gefährden würde. Damit stellt Seehofer erneut den Wunsch, die bayerische Parteikrise zu bewältigen, vor den Willen, die globale Wirtschaftskrise zu überwinden.

Dabei war es ihm nach Steuerstreit und Umweltgesetzblockade gerade erst gelungen, mit dem Kompromiss zur Schuldenbremse aus der Rolle des ewig Destruktiven herauszuschlüpfen.

Nun sieht es so aus, als müsse sich das Land wegen interner Schwierigkeiten einer Partei mit einem glücklosen Ressortchef abfinden. Dabei ist die Personalie Glos weit weniger gravierend als die Blockade der CSU in Sachfragen. Denn der Wirtschaftsminister ist in Deutschland schon qua Amt nicht einflussreich. Die Probleme von Glos liegen überwiegend in seiner Funktion begründet, nicht in seiner Person.

Der Wirtschaftsminister gebietet nur über zwei Prozent des Bundeshaushalts. Er kann nicht an ökonomischen Stellschrauben drehen wie der Arbeitsminister, nicht in andere Ressorts hineinregieren wie der Finanzminister, keine Richtlinienkompetenz ausüben wie die Kanzlerin. So ging es schon Martin Bangemann oder Helmut Haussmann, Günter Rexrodt und Werner Müller. Wolfgang Clement bezog seinen Einfluss aus dem Zweitjob als Arbeitsminister, Jürgen Möllemann suchte anderswo nach Kompensation.

Es mag sein, dass der Müllermeister Glos diese Konstellation weniger elegant mit schönen Worten zu ummänteln weiß als mancher seiner akademischen Vorgänger. Es spricht aber für ihn, dass er, anders als andere Politikerkollegen, selbst um Rücktritt nachsucht. Dass er nun bleiben muss, ist fast schon tragisch.

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2 Kommentare

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  • A
    Amos

    Ich verstehe nicht warum man für die paar Monate

    vor der Wahl noch einen neuen Wirtschaftsminister

    wählt. Nach der Wahl soll ohnehin ein FDP-Mann

    Wirtschaftsminister werden. Wenn die CDU mit der

    FDP nach der Wahl koaliert, wird Deutschland

    unter gehen. Denn was der Neoliberalismus bisher

    angerichtet hat, kann keinen Fortbestand haben.

  • V
    vic

    Es geht ausschließlich um das Machtgefüge in der CSU. Nun hört man schon, der Neue muss ein Franke sein, um den "Stämmeproporz" nicht zu gefährden.

    Also ein Franke, wie Glos. Nach Merkel muss er "passen", also pflegeleicht sein, wie Glos.

    Dann sollen sie das Original doch einfach behalten, is doch eh wurscht.