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Kommentar WetterchaosFehlendes Gespür für Schnee

Reiner Metzger
Kommentar von Reiner Metzger

War früher alles besser im Winter? Ja, fast alles. Aber dafür war es auch sehr viel teurer. Deshalb ist es zu einfach, nur auf Bahn, Fluggesellschaften, oder Spediteure zu schimpfen.

W ar früher alles besser im Winter, auf Flughäfen, Straßen und Gleisen? Ja, fast alles. Aber dafür war es auch sehr viel teurer. Deshalb wäre es zu einfach, nur auf die Fluggesellschaften, die Bahn oder die Spediteure zu schimpfen.

Das mag in Einzelfällen zwar gerechtfertigt sein, aber der Grund für das winterliche Verkehrschaos, das jetzt herrscht, hat mehr mit den hohen Ansprüchen zu tun, die unsere Gesellschaft an den modernen Verkehr stellt. Denn ein großer Teil der Bevölkerung will immer mehr, immer schneller und immer verlässlicher - und zugleich immer billiger - mobil sein. Das aber geht nicht zusammen.

Im Flugverkehr wurden die Flüge eng getaktet, damit sich das Geschäft lohnt, und es wurde an Enteisungsanlagen gespart, weil die teuren Geräte sonst 51 Wochen im Jahr nutzlos auf der Halde liegen. Dass deshalb jetzt, in der Woche vor Weihnachten, viele Flüge ausfallen, ist zwar misslich, gehört aber zum Geschäftsrisiko dazu. Es ist zu verschmerzen, denn nur in den wenigsten Fällen handelt es sich dabei um lebensnotwendige Mobilität.

Bild: taz

Reiner Metzger ist stellvertretender Chefredakteur der taz.

Ganz anders sieht es bei der Deutschen Bahn AG aus. Hier wurde mit Blick auf den Börsengang eindeutig zu viel gespart. Eigentlich sollte man sich ja auf die Schiene verlassen können, wenn auf Flughäfen und Straßen nichts mehr geht. Doch wurden hier in den letzten Jahren so viele Mitarbeiter entlassen und so viele Züge, Strecken und Stellwerke abgebaut, dass es nun zu mehr Ausfällen und Verspätungen kommt, als akzeptabel ist.

Natürlich konnte die Bundes- und Reichsbahn mit ihren mehr als 500.000 Beschäftigten nach der Privatisierung nicht einfach unverändert weitergeführt werden. Aber wie viel Geld bei der Bahn wohin fließt, das muss endlich neu überdacht werden. Damit es im nächsten Winter wieder besser wird.

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Reiner Metzger
Leiter Wochenendtaz
Reiner Metzger, geboren 1964, leitet taz am Wochenende zusammen mit Felix Zimmermann. In den Bereichen Politik, Gesellschaft und Sachkunde werden die Themen der vergangenen Woche analysiert und die Themen der kommenden Woche für die Leser idealerweise so vorbereitet, dass sie schon mal wissen, was an Wichtigem auf sie zukommt. Oder einfach Liebens-, Hassens- und Bedenkenswertes gedruckt. Von 2004 bis 2014 war er in der taz-Chefredaktion.
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6 Kommentare

 / 
  • M
    Max

    Man könnte auch einfach gleich die Privatisierung als solche in Frage stellen.

    Es gibt schließlich zahllosse Beispiele dafür, dass Dinge nach der Privatisierung konsequent kaputt gespart werden.

    Am Beispiel der Londoner Wasserversorgung wurde das schon vor Jahrzehnten nachgewiesen. Eigentlich wissen das alle. Es ist bloß keiner bereit, daraus zu lernen.

  • P
    peterle

    hilfloses Gejammere von Herrn Metzger. Die taz war schon mal um Längen besser.

    Der Billig-Anspruch und damit wir alle sind also schuld? NEIN!

    Es ist ein politische Problem, wenn Regulierungen abgebaut werden, und die Anbieter überhaupt erst Reisen zu Dumping-Preisen anbieten können.

    Und es ist ein politisches Problem, wenn die Bahn kaputtgespart wird. Da hilft kein moralisches "jetzt muss aber endlich"; von einem Kommentator erwarte ich Wissen und Analyse, wer für was politisch verantwortlich ist und mittels welcher politischer Prozesse hier Änderungen herbeizuführen sind.

    Wenn er das nicht kann, dann soll er auch nicht kommentieren.

  • S
    Stefan

    Ein guter Artikel.

    Mein Vorschlag: Leute, die nur bei solchem Wetter auf die Bahn zurückgreifen, mögen sich in ihrer konkreten Kritik zurückhalten. (Fahr doch mit dem Auto, wenn es dir nicht passt!)

  • W
    Walta

    "Früher... Aber dafür war es auch sehr viel teurer".Hä? was soll mir dies sagen? Nachdem Löhne und Gehälter und Erspartes mit dem TEuro halbiert und die Preise verdoppelt wurden (falls jemand noch in der Lage ist, sich an die Umrechnung DM/EURO zu erinnern...oder kostete zB die Tasse Kaffe früher etwa 4,-DM und heute 'dürfen' wir uns über den 'halben' Preis von 2,-€ 'freuen'?) war "früher" alles "teurer"? Wenn man den Umrechnungskurs im Nachhinein anders erinnert, vielleicht...real allerdings ist 1€ noch imma 2 Maak.Und nun die Preise schön brav real nachrechnen...

    Auwaei, oberflächlicher und d... gehts imma.

    'Qualitätsblatt' taz, wo bist Du?

  • B
    Branko

    Herr Metzger

     

    Weitesgehend stimmme ich Ihrem Artikel 99%ig zu.

     

    Nur vor einer Illusion möchte ich an dieser Stelle warnen:

    Seitens der DB AG wird da gar nichts neu überdacht werden.

    Im Gegenteil.

    Wenn die Kosten bereits da wären, wo sie für einen Börsengang hingehören, dann wäre die Bahn bereits an der Börse.

     

    Überdenken sollten es die verantwortlichen Politiker.

     

    Denn eine zuverlässig funktionierende, flächendeckende und hochfrequent betriebene Bahn ist heutzutage mehr denn je ein Grundbedürfnis für die Mobilität der Menschen und Bürger eines Landes - nicht nur im Winter, wenn es schneit.

     

    Und Fakt ist, eine Bahn lässt sich entweder nur sehr, sehr lückenhaft oder defizitär betreiben.

     

    Das erste nützt dem Bürger, der Industrie und der Umwelt nichts,

    und das Zweite kann und wird kein privates Unternehmen realisieren; erst recht keines mit Börsenambitionen.

     

    Die einzig sinnvolle und notwendige Konsequenz muß daher lauten:

    "Das Experiment 'Privatisierung der Deutschen Bahn' ist gescheitert.

    Die Bahn wird wieder verstaatlicht."

     

    Oder es müssten derartig viele Gesetze und Vorschriften erlassen und kontrolliert werden, daß eine Verstaatlichung letzlich die einfachere Lösung wäre.

     

    Und wer das für rückständigen Mumpitz hält, den empfehle ich, den nächsten Urlaub per Bahn in der Schweiz zu machen, und sich die Schweizer Staatsbahnen SBB anschauen:

    unkompliziert, zuverlässig, pikobello sauber, schnell, flächendeckend, pünktlich, mit anderen Bahnen und Bussen astrein getaktet,(fast) immer ausreichend Platz, entspanntes, freundliches, kompetentes Personal, erschwingliche Preise ohne hochkompliziertes Tarifsystem

    - VORBILDLICH wie aus dem Lehrbuch!

     

    Und die SBB/CFF/FFS kosten im Verhältnis den Staat weniger, als es die DB AG tut.

     

    Es kann funktionieren.

    Man muß es nur wollen.

  • B
    Branko

    Herr Metzger

     

    Weitesgehend stimmme ich Ihrem 99%ig Artikel zu.

     

    Nur vor einer Illusion möchte ich an dieser Stelle warnen:

    Seitens der DB AG wird da gar nichts neu überdacht werden.

    Im Gegenteil.

    Wenn die Kosten bereits da wären, wo sie für einen Börsengang hingehören, dann wäre die Bahn bereits an der Börse.

     

    Überdenken sollten es die verantwortlichen Politiker.

     

    Denn eine zuverlässig funktionierende, flächendeckende und hochfrequent betriebene Bahn ist heutzutage mehr denn je ein Grundbedürfnis für die Mobilität der Menschen und Bürger eines Landes - nicht nur im Winter, wenn es schneit.

     

    Und Fakt ist, eine Bahn lässt sich entweder nur sehr, sehr lückenhaft oder defizitär betreiben.

     

    Das erste nützt dem Bürger, der Industrie und der Umwelt nichts,

    und das Zweite kann und wird kein privates Unternehmen realisieren; erst recht keines mit Börsenambitionen.

     

    Die einzig sinnvolle und notwendige Konsequenz muß daher lauten:

    "Das Experiment 'Privatisierung der Deutschen Bahn' ist gescheitert.

    Die Bahn wird wieder verstaatlicht."

     

    Oder es müssten derartig viele Gesetze und Vorschriften erlassen und kontrolliert werden, daß eine Verstaatlichung letzlich die einfachere Lösung wäre.

     

    Und wer das für rückständigen Mumpitz hält, den empfehle ich, den nächsten Urlaub per Bahn in der Schweiz zu machen, und sich die Schweizer Staatsbahnen SBB anschauen:

    unkompliziert, zuverlässig, pikobello sauber, schnell, flächendeckend, pünktlich, mit anderen Bahnen und Bussen astrein getaktet,(fast) immer ausreichend Platz, entspanntes, freundliches, kompetentes Personal, erschwingliche Preise ohne hochkompliziertes Tarifsystem

    - VORBILDLICH wie aus dem Lehrbuch!

     

    Und die SBB/CFF/FFS kosten im Verhältnis den Staat weniger, als es die DB AG tut.

     

    Es kann funktionieren.

    Man muß es nur wollen.