Kommentar Weservertiefung: Ökonomie durch Ökologie

Großprojekte sind nur noch im Konsens zu realisieren. Ökonomie durch Ökologie muss die Leitlinie sein, nicht länger Ökonomie. statt Ökologie.

Das Versenken aller Baggerträume geschieht in zwei Schritten. Der Beschluss des Bundesverwaltungsgerichts in Sachen Weservertiefung bedeutet erstens, dass die Planungsbehörden ohne Ende geschlampt haben. Umweltverträglichkeitsprüfungen müssen nach „einschlägigen Gesetzen“ durchgeführt werden, ruft der 7. Senat in Leipzig in Erinnerung. Und die hätten den Planern bekannt sein dürfen.

Und zweitens will das Gericht ein für alle Mal für Rechtssicherheit sorgen. Nach der erbetenen Auslegung der Europäischen Wasserrahmenrichtlinie durch den Europäischen Gerichtshof werden alle Infrastrukturvorhaben der EU nach klaren und transparenten rechtlichen Grundsätzen zu bewerten sein. Das ist politisch und juristisch sinnvoll. Dass es die Verfechter der Weservertiefung stärkt, ist indes fraglich. Die Prognose scheint nicht gewagt, dass die Luxemburger der Versenkung zweiten Teil verkünden werden.

Und daran schuld sind einzig die Hafenwirtschaft, die Handelskammern und ihre politischen Helfershelfer. Unter dem Druck von Reedern und Umschlagsunternehmen wurden geschönte Planungen entworfen, die mit der Realität oft nur wenig zu tun hatten. Das Prinzip Hoffnung lautete: Früher sind wir damit doch auch durchgekommen!

Das aber gilt so nicht mehr, weil die Rechte von Umweltschutzverbänden, als Sachwalter der Ökologie vor die Gerichte zu ziehen, gestärkt worden sind. Das passt selbstredend nicht jedem. Es macht aber die Klarstellung erforderlich, dass nicht angeblich fortschrittsfeindliche Umweltverbände ihnen gar nicht zustehende Rechte missbrauchen, sondern hohe und höchste deutsche Gerichte mitunter zu dem Schluss kommen, die Naturschützer hielten sich an den Geist und die Buchstaben von Gesetzen, nicht die Planungsbehörden.

Und deshalb droht auch den Plänen für die Elbvertiefung ein ruhmloses Ende. Zweimal wurden die behördlichen Pläne bereits zurückgezogen, weil selbst die Behörden nicht ignorieren konnten, dass sie Pfusch gebaut hatten. Diese jahrelangen Verzögerungen sind also selbst verschuldet. Und ob der dritte Versuch, über den Leipzig im Herbst verhandeln will, wasserdicht ist, scheint nach dem gestrigen Beschluss zur Weser mehr als zweifelhaft.

Und deshalb sollten alle Beteiligten zu der Einsicht gelangen, dass solche großen Projekte nur noch im Konsens zu realisieren sein werden. Ökonomie durch Ökologie muss die Leitlinie sein, nicht länger Ökonomie statt Ökologie.

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