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Kommentar WeißrusslandDie EU musste Tacheles reden

Kommentar von Barbara Oertel

Die Regierung in Minsk treibt Weißrussland noch tiefer in die internationale Isolation. Die Frage ist jetzt, wie lange Lukaschenko noch so weiter machen kann.

W enn die weißrussische Staatsführung allen Ernstes meint, mit ihrem Boykott des EU-Ostgipfels in Warschau irgendjemanden zu beeindrucken, hat sie sich gründlich verkalkuliert. Das dürfte dieser Schritt aber auf jeden Fall bewirken: Er wird das Land international weiter in die selbst gewählte Isolation treiben.

Die Motivation der EU, mit den Minsker Autokraten im Gespräch zu bleiben, wird er alles andere als befördern. Und er müsste all jene, die aufgrund ihrer wirtschaftlichen Interessen noch immer an eine Öffnung des Landes unter Lukaschenko glaubten, nun endgültig eines Besseren belehren.

Die Frage ist jetzt, wie lange sich Staatspräsident Alexander Lukaschenko dieses Katz-und-Maus-Spiel noch leisten kann. Weißrussland steckt derzeit in der schwersten Wirtschaftskrise seit der Unabhängigkeit 1991. Eine massive Abwertung des Rubels, Preissteigerungen und eine galoppierende Inflation bringen viele Menschen in existenzielle Nöte.

Soziale Proteste scheinen nur noch eine Frage der Zeit zu sein. Langsam entwickelt sich eine Zivilgesellschaft. Auf Dauer wird ihr, das heißt vor allem jungen Leuten, die heute besser denn je vernetzt sind, mit Repressionen nicht mehr beizukommen sein.

Die Autorin

BARBARA OERTEL, ist Osteuropa-Expertin und Ko-Leiterin des Ausland-Ressorts der taz.

Und die EU? Von Anfang an war klar, dass der "Östlichen Partnerschaft" keine durchdachte Strategie zugrunde liegt. Das rächt sich jetzt. Nach zwei Jahren muss Brüssel zur Kenntnis nehmen, dass sich die Erwartungen, die mit diesem Projekt verbunden waren, nicht ansatzweise erfüllt haben.

Im Gegenteil: Anstatt einer Transformation in Richtung Demokratie haben sich in den beteiligten Staaten mehr oder minder autokratische Regimes etabliert.

Auch in der Ukraine geht die Reise seit dem Machtantritt von Staatspräsident Wiktor Janukowitsch 2010 zurück in die Vergangenheit. Die Pressefreiheit wurde immer weiter eingeschränkt, Oppositionelle unter Druck gesetzt und auch bei Wahlen wieder auf altbewährte "Fälschungsmechanismen" zurückgegriffen, wenn es denn dem Machterhalt diente.

Zudem sitzt mit Julia Timoschenko eine der wichtigsten Oppositionspolitikerinnen im Gefängnis. Ihr droht wegen Amtsmissbrauchs als Regierungschefin eine siebenjährige Haftstrafe. Dieser Prozess, der allen rechtsstaatlichen Prinzipien Hohn spricht, ist eindeutig politisch motiviert.

Gerade vor diesem Hintergrund ist es richtig und wichtig für die eigene Glaubwürdigkeit, dass die EU endlich Tacheles redet und wie jetzt in Warschau demokratische Reformen mit Nachdruck einfordert. Und dass sich Bundeskanzlerin Angela Merkel mit weißrussischen Oppositionellen trifft.

Eine Regierung, die politische Gegner einsperrt und sie dann auch noch ein bisschen foltert, kann nicht erwarten, mit der EU an einem Tisch auf Augenhöhe zu verhandeln. Und eine Regierung, die die politische Konkurrenz mit zweifelhaften Verfahren versucht aus dem Verkehr zu ziehen, kann nicht darauf setzen, mit Brüssel ein Assoziierungsabkommen abzuschließen.

Auch um den Preis neuer Spannungen: Diese klare Stellungnahme der EU war überfällig.

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Ressortleiterin Ausland
Geboren 1964, ist seit 1995 Osteuropa-Redakteurin der taz und seit 2011 eine der beiden Chefs der Auslandsredaktion. Sie hat Slawistik und Politikwissenschaft in Hamburg, Paris und St. Petersburg sowie Medien und interkulturelle Kommunikation in Frankfurt/Oder und Sofia studiert. Sie schreibt hin und wieder für das Journal von amnesty international. Bislang meidet sie Facebook und Twitter und weiß auch warum.
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4 Kommentare

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  • WW
    Wonder Women

    Die USA ist genauso Pleite wie Weißrusland.

    -

    Angela Dorothea Merkel bekamm vor kurzem in der USA eine Auszeichnung, von Obama.

    Vielleicht ist Merkel das Verbindungsstück zwischen USA und Weißrusland via Vatikanstaat-Opus Dei, die den Kommunisten im Kremlin in die Mangel nehmen wollen.

    Mit Honecker-Kader und CSU F.J. Strauss-Kader verknüpft mit den Chilenen. Während Putin, die Katholiken - Orthodoxen vorankommen läßt.

    Warum ? Ist die Frage des Jahrhunderts.

    Macht-Spiele zwischen NASA, ESA und Roscosmos, Katholiken und anders Gläubige, und Atheisten.

    Ist die Demokratie in Europa in Schach?

    Undemokratische Kräfte bewegen sich getarnt durch die Scheindemokratien in anderen Ländern, in Ost-Ländern so wie in Drittewelt Ländern?

    Eine Internationale undemokratische Kraft, die uns in die Weimarer Republik zurückführen will.

  • RD
    Richard Detzer

    Das mit Tacheles ist super. Kann man auch gut mit Brüssel assoziieren.

  • IL
    Iso lation

    Folgende Revolutionen wurden von vielen begrüßt:

    - Rot-Grün Trittin-Schröder oder Künast-Wowereit ersetzt Schwarzgelb.

    - Timoschenko übernimmt Ukraine

    - Haiti wirft den Diktator raus

    - Ägyptens Volk übernimmt die Macht

    - Libyens Volk übernimmt die Macht

    - Indiens Volk übernimmt die Macht

    - Die DDR wird befreit

    - Osteuropa wird befreit

    - Kosovo wird befreit

    - ...

    Und darauf und die "Erfolge" ist die Presse stolz ? Na also.

    Echte Piraten würden wahre Demokratisierung bewirken.

    Grüne und Linke sind ja nicht an Computern interessiert.

    Piraten wissen aber nicht mal wirklich, worum es geht. Leider existiert die Theorie der Demokratie nicht.

  • O
    OHZ

    Glückwunsch Frau Oertel! Im Gegensatz zu anderen Kommentaren zum Thema "Demokratie in Osteuropa" und/oder Östliche Nachbarschaft, haben Sie die Lage richtig erkannt. Leider schießen andere Kommentatore meilenweit an der Realität vorbei, siehe dazu: http://www.welt.de/print/die_welt/debatte/article13634324/Zukunft-fuer-das-Sixpack.html