Kommentar Walpurgis-Krawällchen: Steine helfen nicht weiter
Der Feind für die Bewegung "Recht auf Stadt" ist nicht die Polizei sondern die Immobilienspekulation, assistiert von einer Politik, die zusieht, wenn sich wenige privat bereichern und viele dafür bezahlen.
D ass es diesmal in der Nacht zum 1. Mai zu keinen nennenswerten Straßenschlachten kam, ist erfreulich. Die Frage ist bloß, woran es liegt: Hat die Polizei das Schlimmste verhindert, indem sie den Festspielort, die Schanzen-Piazza, zur Gefahrenzone erklärte und alles kontrollierte, was auch nur entfernt nach Ärger aussah?
Möglicherweise ist es dadurch tatsächlich gelungen, die Party-Randalierer abzufangen, die auch diesmal wieder aus den Hamburger Vororten angereist sein dürften. Nichts geholfen hat die Polizeipräsenz allerdings gegen den Schwarzen Block, der aus der Demo heraus mit Feuerwerkskörpern warf.
Selbst wenn das Ziel der Böller Polizisten gewesen sein sollten und nicht die Passanten: Solche Aktionen sind Bullshit: Der Feind, wenn er sich denn personalisieren ließe, ist nicht die Polizei, und wenn sie sich noch so martialisch gebärdet.
Der Feind für die Bewegung "Recht auf Stadt" ist die Immobilienspekulation, assistiert von einer Politik, die zusieht, wenn sich wenige privat bereichern und viele dafür bezahlen. Flora-Eigentümer Klausmartin Kretschmer wäre da immerhin die richtige Symbolfigur.
Doch selbst wenn der Gullydeckel aufs Edelrestaurant den Eigentümer getroffen hätte und nicht einen Angestellten: Es wäre nichts gewonnen. Verwertungsdruck und Renditelogik spielen sich auf unsichtbaren Märkten ab. Mit Steinen sind sie nicht zu treffen.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Internationaler Strafgerichtshof
Ein Haftbefehl und seine Folgen
Krieg in der Ukraine
Geschenk mit Eskalation
Umgang mit der AfD
Sollen wir AfD-Stimmen im Blatt wiedergeben?
Warnung vor „bestimmten Quartieren“
Eine alarmistische Debatte in Berlin
Krieg in der Ukraine
Kein Frieden mit Putin
Nan Goldin in Neuer Nationalgalerie
Claudia Roth entsetzt über Proteste