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Kommentar Wahl im KongoEin Land wird unregierbar

Dominic Johnson
Kommentar von Dominic Johnson

Viele Gegner des vorläufigen Wahlsiegers Kabila sind zum Äußersten bereit. Die internationale Gemeinschaft hat es versäumt, rechtzeitig die Notbremse zu ziehen.

E s ist ein groteskes Schauspiel. Die Wahlkommission der Demokratischen Republik Kongo hat Präsident Joseph Kabila zum vorläufigen Sieger der Präsidentschaftswahl vom 28. November erklärt.

Das öffnet den Weg in eine Konfrontation zwischen den Kräften einer Staatsmacht, die in den letzten Jahren der alten Tradition von Willkürherrschaft und Machtmissbrauch gefolgt ist, und einer Volksmacht, die sich seit zwei Jahrzehnten im Kampf gegen Willkürherrschaft und Ungerechtigkeit verausgabt hat und sich jetzt endlich am Ziel wähnte, nämlich dem Wahlsieg des langjährigen Oppositionsführers Etienne Tshisekedi.

Das ist ein Schlag ins Gesicht vor allem der internationalen Diplomaten, die in den letzten Tagen versucht hatten, die Wahlkommission zu mehr Transparenz und zur Korrektur allzu offensichtlicher Merkwürdigkeiten im Wahlergebnis zu bewegen. Denn die Teilergebnisse, die Kabila seit einer Woche einen deutlichen Sieg zugesprochen hatten, waren nach Meinung der meisten Beobachter falsch. Nun hat die Wahlkommission sie bestätigt, und zwar fast unverändert.

Bild: taz
DOMINIC JOHNSON

ist Co-Chef des Auslandsressorts der taz mit Arbeitsschwerpunkt Afrika.

Fest steht: Kabila wird den Kongo nicht regieren können. Viele seiner Gegner sind zum Äußersten bereit. Sie halten die Weltgemeinschaft für einen Komplizen der Ungerechtigkeit. Die an rassistischen Hass grenzende Wut so mancher radikaler Anhänger der Demokratiebewegung im Kongo richtet sich mittlerweile gegen die ganze Welt. Und sie könnte das riesige Land im Herzen Afrikas unregierbar machen.

Die internationale Gemeinschaft hat es versäumt, rechtzeitig die Notbremse zu ziehen. Sie stand der Regierung Kabila mehrfach in entscheidenden Momenten zur Seite, hat aber in kritischen Augenblicken nicht wirksam Druck auf sie ausgeübt. Nun steht sie da als Schutzmacht eines Regimes, das sie nicht unter Kontrolle hat.

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Dominic Johnson
Ressortleiter Ausland
Seit 2011 Co-Leiter des taz-Auslandsressorts und seit 1990 Afrikaredakteur der taz.
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5 Kommentare

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  • M
    margret

    es ist so erschütternd was da im kongo passiert, mir tun die Menschen so leid. Verständlich, wenn die Menschen wütend sind.

    Sonja sagt richtig, da wird nicht regiert, da wird nur Macht ausgeübt. jeder schaut wieder mal seine Taschen zu füllen und wieder muss das Volk dafür bezahlen.Noch mehr unten kann es doch kaum noch gehen.

    Seit der Kolonialzeit wurden immer schon die an die Macht gebracht oder an der Macht gehalten, wenn die westl. Welt wußte von dem bekommen wir all das was wir für wenig Geld bekommen können.

    Ich halte auch die Entwicklungshilfegeschichte für fragwürdig immer mehr Gelder bekommen heißt den Kongo immer mehr zu verkaufen und was hatte bislang das Volk davon. Können alle in die Schule gehen, haben alle genug Nahrung ?

    Auch der jetzige Krieg im Osten ist ein Krieg um die Erdschätze und jeder nimmt was er will, jeder macht was er will vor allem mit den Frauen. Wer hilft den Menschen dort, wer beendet den Krieg einmal ohne Gegenleistungen, nur damit das Leid aufhört.

  • T
    thebastian

    staat ohne staat

    hatte mal im kongo einen autounfall

    diesen polizeilich "behandeln" zu lassen

    war eine erfahrung für sich

    die verkehrspolizei wird yellow fever genannt

    gewandet in gelbe uniformen

    die krankheit die dauernd geld will

    das sagt alles

  • S
    sonja

    Dante:

     

    Sie sehen vor allem zu, solange ein korrupter Präsident an der Macht ist. Noch besser, er ist vom Volk "gewählt", halleluja! Aber was passiert, wenn die Menschen aufmucken, wenn es einen Putsch gibt? Du wirst sehen, wie schnell sie da sind, um einen anderen Spezialisten für Korruption an die Macht zu pushen. Natürlich alles zur Vermeidung ziviler Opfer, versteht sich.

  • D
    Dante

    @Sonja

     

    Ich gebe Dir vollkomm recht, weil der Staat als solcher in der DR Kongo überhaupt nicht existiert. Er nimmt kaum seine Aufgabe wahr, er besteht nur auf korrupten Politiker, die nur ihre Priviligien bewahren wollen. Aber es wird leider jetzt noch schlimmer, weil der Leidensdruck noch mehr nach unten geschraubt wird.. Kabila ist dermaß gehasst, vor allem in Kinshasa, wo ich mich deshalb frage, wie er sich noch dort bewegen will. Es wird zu einem zivilen Krieg kommen und diesmal Mitte in Kinshasa und nicht wie bisher an der Peripherie. Also, noch mehr Tote, noch mehr Blut und die internationale Gemeinschaft wird selbstverständlich nur zuschauen. Das kann sie am besten wenn es sich um den DRKongo handelt.

  • S
    sonja

    Ich könnte mich kringeln wenn ich hier was lese von "unregierbar". Im Kongo wird doch nicht regiert, da wird lediglich Macht ausgeübt. Die Menschen sind Gewalt und Korruption hilflos ausgeliefert, weil es keine vernünftige Regierung gibt. Die Regierung beschränkt sich darauf, ihre Privat-Vermögen zu vergrößern und ihre Macht immer wieder zu festigen. Mit Regieren hat das doch nichts zu tun, was Kabila und seine Konsorten da treiben.