Kommentar Wahl Kolumbien: Mockus muss Farbe bekennen
Die Prognosen, die Grünen würden durch ihren originellen Wahlkampf auch Millionen Erst- und Neuwähler an die Urnen locken, haben sich nicht bewahrheitet.
S o schnell bricht das System Uribe nun doch nicht zusammen. In der ersten Runde der kolumbianischen Präsidentschaftswahl kamen die drei Kandidaten des Regierungslagers zusammen auf knapp 63 Prozent – das ist ziemlich genau das Ergebnis, mit dem Álvaro Uribe 2006 wiedergewählt worden war. 35 Prozent entfielen jetzt auf die drei Mitte-Links-Kandidaten, der Grüne Antanas Mockus trifft in der Stichwahl auf Uribe-Kronprinz Juan Manuel Santos.
Als Niederlage erscheinen die 21,5 Prozent für Mockus jetzt vor allem, weil sämtliche großen Meinungsforschungsinstitute den Medienliebling und Facebookstar im Mai zumindest gleichauf mit Santos gesehen hatten. Dabei ist das Resultat der jungen Grünen Partei gemessen an den Parlamentswahlen im März ein enormer Fortschritt. Doch ein Sieg in der Stichwahl scheint jetzt in weite Ferne gerückt.
Die Prognosen, die Grünen würden durch ihren originellen Wahlkampf auch Millionen Erst- und Neuwähler an die Urnen locken, haben sich nicht bewahrheitet. Vor allem den Millionen armen KolumbianerInnen war die Botschaft des grünen Pädagogen von der Bedeutung einer "sauberen" politischen Kultur offenbar nicht genug. Korruption erscheint aus ihrer Perspektive abstrakt und weniger schlimm als der befürchtete Verlust von Sozialleistungen bei einem Regierungswechsel.
ist Südamerikakorrespondent für die taz.
Viel wird davon abhängen, ob der grüne Hoffnungsträger bis zur Stichwahl einen großen Teil jener WählerInnen erreichen kann, die sich Santos bisher versagt haben. Seine wirtschaftsliberalen und sicherheitspolitischen Vorstellungen sind dabei eine Brücke nach rechts. Zugleich müsste er sich auf ein programmatisches Bündnis mit den dezimierten Linksliberalen und vor allem mit der zivilen Linken des "Alternativen Demokratischen Pols" einlassen. Ob das gelingt, ist ungewiss: Die Linke ist gespalten, und durch seine demonstrative Distanz hat Mockus ihrem Kandidaten Gustavo Petro zu einem Achtungserfolg mitverholfen.
Außerdem sollte Mockus seine sozialen und ökologischen Botschaften so zuspitzen, dass er auch von bisherigen Nichtwählern stärker als echte Alternative zu Juan Manuel Santos wahrgenommen wird. Seine Rede am Wahlabend war ein guter Anfang. Und unabhängig vom Ergebnis am 20. Juni müssen jetzt die Voraussetzungen dafür geschaffen werden, dass auch in Kolumbien mittelfristig ein modernes ökosoziales Projekt entstehen kann.
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