Kommentar Waffenlieferung an Syrien: Die deutsche Skepsis ist berechtigt
Europa sollte keine Waffen an die syrischen Rebellen liefern. Besser wäre es, sich für mehr humanitäre Hilfe einzusetzen, auch wenn das unheroisch klingt.
W er Waffen in ein Kriegsgebiet liefert, der sorgt für eine Eskalation. Das gilt auch für den Bürgerkrieg in Syrien. Frankreich und Großbritannien wollen Waffen an die Rebellen dort liefern, Deutschland sieht das mit gutem Grund skeptisch. Sollte es dem Druck nachgeben, würde es mit an der Gewaltspirale drehen.
Muss man daran erinnern, was die Waffenlieferungen des Westens an die Mudschaheddin in Afghanistan in den siebziger Jahren angerichtet haben? Auch die bekämpften damals eine säkulare Diktatur, die von Moskau unterstützt wurde. Ähnliche Folgen könnten europäische Waffenlieferungen an die syrischen Rebellen haben, die gegen Assad kämpfen. Diverse Fraktionen werden schon jetzt von Katar und Saudi-Arabien militärisch unterstützt. Und natürlich rüstet Assad sein Arsenal mit Waffen aus China, Iran und Russland nach. Opfer dieses Wettrüstens ist die syrische Zivilbevölkerung, die zwischen die Fronten gerät. Europa täte gut daran, ihr Leid nicht auch noch zu vergrößern.
Es gab auch unter Linken schon immer welche, die glaubten, politische Konflikte ließen sich mit Waffengewalt lösen. In der taz wurden einst Spenden für „Waffen für El Salvador“ gesammelt. In dieser Traditionslinie bewegen sich jene, die heute fordern, Waffen an Syriens Rebellen zu liefern. Denkt man diese Logik weiter, dürfte Deutschland dann auch Waffen an Tschetschenen schicken, die von Moskau unterdrückt werden? An Tibeter, damit sie den bewaffneten Kampf gegen Peking aufnehmen? Oder gar an Palästinenser, die gegen die israelische Besatzung aufbegehren?
Besser wäre es, sich für mehr humanitäre Hilfe einzusetzen, auch wenn das unheroisch klingt. Und die Kriegsparteien zu Verhandlungen zu drängen, so schwierig das ist. Alles andere ist Gesinnungsethik. Und die ist verantwortungslos.
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