Kommentar Vorratsdatenspeicherung: Die Polizei braucht sie nicht
Die meisten Menschen sind heute gläserner als früher. Wer hier zusätzlich polizeiliche Vorratsdatenspeicherungen fordert, hat den Blick fürs Ganze verloren.
A usgerechnet eine BKA-Untersuchung zeigt nun, dass die Vorratsspeicherung von Telefondaten völlig überflüssig ist. Nur zwei Prozent aller unerfüllbaren BKA-Anfragen betrafen Verbindungsdaten von Mobil- und Festnetztelefonen. Die Polizei ist vor allem an der Zuordnung von IP-Adressen zu realen Menschen interessiert. Und nur dort gibt es ohne Vorratsdatenspeicherung größere Lücken. Ein deutlicher Befund.
Derzeit wird auf EU-Ebene über eine Änderung der EU-Richtlinie zur Vorratsdatenspeicherung verhandelt. Dabei geht es auch um die polizeiliche Notwendigkeit dieses extrem breit angelegten Grundrechtseingriffs. Nach der BKA-Studie lässt sich eine sechsmonatige Zwangsspeicherung aller Telefonverbindungsdaten selbst aus polizeilicher Sicht nicht mehr rechtfertigen.
Doch der BKA-Befund ist nur ein Splitter in einer größeren Entwicklung. Nicht nur im Telefongeschäft sind so viele Daten vorhanden, dass sich eine Vorratsspeicherung erübrigt. Auch sonst produzieren wir heute im Alltag ungleich mehr Daten als vor zehn, zwanzig Jahren. Beim Einkaufen, beim Entertainment, bei der Kommunikation - ständig ist Datenverarbeitung im Spiel und oft werden die Daten für irgendwelche Zwecke weiter gespeichert und stehen damit auch der Polizei im Verdachtsfall für Ermittlungen zur Verfügung.
ist rechtspolitischer Korrespondent der taz.
Die meisten Menschen sind heute also gläserner als früher - und die Ermittlungsbedingungen für die Polizei damit besser als je zuvor. Dass es noch Räume gibt, in denen man sich unerkannt bewegen kann, etwa im Internet, ist da kein Grund zum Alarmismus, sondern ein notwendiger Ausgleich. Wer hier zusätzlich polizeiliche Vorratsdatenspeicherungen fordert, hat den Blick fürs Ganze verloren.
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