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Kommentar Volksentscheid BerlinWowereit muss dazulernen

Matthias Lohre
Kommentar von Matthias Lohre

Den Volksentscheid zum Flughafen Tempelhof ist gescheitert. Aber Berlins Regierender Bürgermeister hat dennoch verloren.

Klaus Wowereit, den Volkstribun, gibt es seit heute nicht mehr. Zwar ist die Niederlage des Regierenden Bürgermeisters bei Berlins erstem Volksentscheid nicht vollständig, denn die nötigen 25 Prozent der Stimmberechtigten haben die Schließungsgegner nicht in die Wahlkabine locken können. Trotzdem hat das von CDU, FDP und Wirtschaftsverbänden dominierte Volksbegehren eines seiner wichtigsten Ziele erreicht: Die Berliner haben eine Abstimmung über die Nutzung einer Immobilie zum Votum über Wowereit gemacht. Dies gelang nicht nur, weil der Wahlkampf der Flughafenbefürworter perfide war; Schuld trägt auch der Regierungschef.

Die Tempelhof-Kampagne hätte nicht diese Wucht entfalten können ohne Wowereits demonstrative Gleichgültigkeit gegenüber dem Wählerwillen. In der Politik genügt es nun mal nicht, auf die Einhaltung von Verträgen zu pochen. Wowereit hat sein einst enormes Gespür für Stimmungen verloren. Seine Popularität war jedoch die einzige Trumpfkarte des Berliners beim Machtkampf in der Bundes-SPD. Ohne sie ist Wowereit in der landesweiten Wahrnehmung nur ein exzentrischer Provinzfürst, der Volksentscheide erst einführt, ihre Ergebnisse dann aber ignoriert.

Vor einer vollständigen Niederlage bewahrt haben Wowereit jene Berliner, die sich nicht haben verrückt machen lassen. Also jene 40 Prozent der Wähler, die für die Schließung gestimmt haben, obwohl der Senat immer wieder gesagt hat, er werde das Abstimmungsergebnis ignorieren. Und obwohl CDU und Wirtschaftsverbände ihnen aus Eigeninteresse vorgaukelten, es gehe um die Luftbrücke und die Alternative "Weltstadt oder Provinz".

Dieser Volksentscheid zeigt auch: Direkte Demokratie lässt sich nur instrumentalisieren, wenn es zuvor keine öffentliche Sachdebatte gegeben hat. Für Regierungen bedeutet das: Sie müssen für ihre Vorhaben noch mehr werben, Bürger überzeugen, immer wieder - auch als Schutz vor dem eigenen Sturz. Wowereit wird dies lernen müssen, soll seine Karriere nicht mit Mitte fünfzig enden. Begreift er das nicht, läutet der gescheiterte Volksentscheid doch noch Wowereits Abstieg ein. Und wieder wäre er selbst schuld.

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Matthias Lohre
Schriftsteller & Buchautor
Schriftsteller, Buchautor & Journalist. Von 2005 bis 2014 war er Politik-Redakteur und Kolumnist der taz. Sein autobiographisches Sachbuch "Das Erbe der Kriegsenkel" wurde zum Bestseller. Auch der Nachfolger "Das Opfer ist der neue Held" behandelt die Folgen unverstandener Traumata. Lohres Romandebüt "Der kühnste Plan seit Menschengedenken" wurde von der Kritik gefeiert. Anfang 2025 veröffentlichte er seinen zweiten Roman "Teufels Bruder" über Heinrich und Thomas Mann in Italien.
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1 Kommentar

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  • JS
    Jürgen Spiegel

    Berlin muss dazulernen:

    Ob es sich Politiker wie Herrn Wowereit leisten kann.

    Mit seinem JA zu BBI-Schönefeld noch nach dem Leipziger Urteil hat Berlin Drehkreuz-Funktion, die es an Sperenberg hätte, verloren.

     

    Dieser ALLEINflughafen ist - wegen des geringeren Einzugsbereichs - nicht einmal gegen Düsseldorf konkurrenzfähig.

     

    Das betrifft die wirtschaftliche Zukunft der Haupstadt-Region entscheidend!

    Einmal Peking mehr ist etwas anderes als Standort eines "HUB".