Kommentar Videokameras: Die Einsicht des Senators
Die Videokameras haben vor Straftaten nicht abgeschreckt und stellen einen Angriff auf die informationelle Selbstbestimmung dar.
B öse Zungen könnten behaupten, das Ende für die Videoüberwachung auf der Reeperbahn sei ein geschickter Schachzug von Innensenator Michael Neumann: Im Interesse seiner Länderkollegen könnte er versuchen, so ein Grundsatzurteil des Bundesverwaltungsgerichts (BVG) zum Einsatz von Videoaugen im öffentlichen Raum zu verhindern. Denn just in diesen Tagen muss die Polizei ihre Stellungnahme im Revisionsverfahren beim BVG zur Reeperbahn-Überwachung abgeben.
Doch es gibt keinen Automatismus, dass der Rechtsstreit durch das Aus für die Kameras beendet ist. Letztlich haben wohl tatsächlich die Auswirkungen des Hamburger Urteils den Ausschlag gegeben. Und wohl die kluge, aber nicht neue Einsicht Neumanns, dass zwischen Aufwand und Intention eine krasse Schieflage besteht: Der Eingriff in die informationelle Selbststimmung der Kiezbesucher steht in keinem zu rechtfertigenden Verhältnis dazu, dass man womöglich ein paar Straftaten verhindern könnte.
Gerade mal fünf Einsätze pro Monat wegen vermeintlicher Vergehen sind zuletzt durch die Observation an den Bildschirmen im Präsidium ausgelöst worden. Und von Straftaten abgeschreckt haben die Videoaugen auch nicht. Zu diesem Ergebnis war schon die Wirksamkeitsanalyse des schwarz-grünen Vorgängersenats gekommen.
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