piwik no script img

Kommentar: Vetternwirtschaft beim NDRMarmor und das Ende der Gemütlichkeit

Jan Kahlcke
Kommentar von Jan Kahlcke

Lutz Marmor hat einen Verhaltenskodex eingeführt, nach dem bei der Auftragsvergabe ein verschärftes Vier-Augen-Prinzip gilt. Das verhindert Vetternwirtschaft beim NDR.

T olldreist, wie die Fernsehfilm-Chefin des NDR und ihr Mann den Sender gelinkt haben: mit einem erfundenen Autor, der echte Honorare kassiert. Klingt, als wäre dem Krimischreiber die Fantasie in Richtung eigenes Leben durchgegangen.

Schockierend ist daran aber nur die Konsequenz des Betrüger-Duos. Undurchsichtige Auftragsvergaben sind beim Sender indes über Jahrzehnte gang und gäbe gewesen. Leitende Redakteure haben Produktionsfirmen Aufträge zugeschustert, die Bekannten, guten Kumpels oder gleich ihren Ehepartnern gehören. Und auch die Undercover-Tätigkeit des Drehbuchautors namens "Niklas Becker" soll im Sender seit langem ein offenes Geheimnis gewesen sein.

Dass nun Konsequenzen gezogen wurden, hat vor allem mit dem neuen Intendanten zu tun: Lutz Marmor hat einen Verhaltenskodex eingeführt, nach dem größere Produktionen ausgeschrieben werden müssen und bei der Auftragsvergabe ein verschärftes Vier-Augen-Prinzip gilt. Sogar die Kosten, zu denen sich NDR-Mitarbeiter von Geschäftspartnern zum Essen einladen lassen dürfen, hat der Mann aus Hannover gedeckelt. So entsteht ein Klima, in dem ein Problembewusstsein für Vetternwirtschaft wachsen kann.

Dass Marmor sich von der renommierten Heinze trennt, ist ein Signal: Mit der Gemütlichkeit beim NDR ist es vorbei.

40.000 mal Danke!

40.000 Menschen beteiligen sich bei taz zahl ich – weil unabhängiger, kritischer Journalismus in diesen Zeiten gebraucht wird. Weil es die taz braucht. Dafür möchten wir uns herzlich bedanken! Ihre Solidarität sorgt dafür, dass taz.de für alle frei zugänglich bleibt. Denn wir verstehen Journalismus nicht nur als Ware, sondern als öffentliches Gut. Was uns besonders macht? Sie, unsere Leser*innen. Sie wissen: Zahlen muss niemand, aber guter Journalismus hat seinen Preis. Und immer mehr machen mit und entscheiden sich für eine freiwillige Unterstützung der taz! Dieser Schub trägt uns gemeinsam in die Zukunft. Wir suchen auch weiterhin Unterstützung: suchen wir auch weiterhin Ihre Unterstützung. Setzen auch Sie jetzt ein Zeichen für kritischen Journalismus – schon mit 5 Euro im Monat! Jetzt unterstützen

Jan Kahlcke
Redaktionsleiter
Jan Kahlcke, war von 1999 bis 2003 erst Volontär und dann Redakteur bei der taz bremen, danach freier Journalist. 2006 kehrte er als Redaktionsleiter zur taz nord in Hamburg zurück
Mehr zum Thema

0 Kommentare

  • Noch keine Kommentare vorhanden.
    Starten Sie jetzt eine spannende Diskussion!