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Kommentar VerkehrsprojekteMehr Geld reicht nicht

Kommentar von Richard Rother

In den nächsten Jahren ist die Finanzierung des Neubaus von Straßen und Schienen nicht gesichert. Für die Umwelt und die Landschaft könnte das gut sein.

V erkehrsminister Peter Ramsauer (CSU) möchte Prioritäten setzen: Nicht alle gewünschten Wasserstraßen-, Autobahn- und Schienenprojekte seien realisierbar; Sanierung gehe vor Neubau. Und in den kommenden Jahren soll es offenbar keine Neubeginne mehr bei Straßen- und Schienenprojekten geben. Im Einzelfall mag das diskussionswürdig sein, aber die Richtung stimmt.

Denn bislang funktioniert der Ausbau der Verkehrsinfrastruktur nach dem föderalistischen Wünsch-dir-das-was-Prinzip. Kommunal- und Landespolitiker sagen, was sie gern hätten - der Bund bezahlt ja. Da bekommen die einen einen Tunnelbahnhof, die anderen eine Ortsumgehung um fast menschenleere Städte, und die dritten kriegen ein bisschen Autobahn. Und weil jeder ein Stück vom Kuchen abhaben will, wird munter drauf losgebaut.

In der Hoffnung, dass irgendwann - wie bei der Bahnstrecke Nürnberg-Erfurt - der Zeitpunkt gekommen ist, an dem man aus ökonomischen Gründen nicht mehr aussteigen kann, sondern zu Ende bauen muss, da schon so viel Geld verbuddelt wurde. Ob das alles dem Gesamtnetz - und damit der Befriedigung der Mobilitätsbedürfnisse von Wirtschaft und Bevölkerung nützt - ist dann eher zweitrangig.

Richard Rother

ist Wirtschaftsredakteur der taz.

Natürlich ist Infrastrukturpolitik auch Regionalentwicklungspolitik; dennoch wäre eine Priorisierung von Projekten nötig, die das große Ganze im Blick hat. Zuerst stünde da der Erhalt der bestehenden Straßen, Schienen und Brücken. Weil auch dafür das Geld fehlt, fordert Ramsauer nun die Einführung einer Pkw-Maut.

Je nach Variante gefährdet diese nicht nur die Umwelt, den Datenschutz und den Geldbeutel der Nutzer, sondern ist auch in der Erhebung teuer und technisch kompliziert. Und ohne klare Prioritätensetzung droht: Wenn mehr Geld ins System der Bundesfernstraßen fließt, wird noch mehr Beton für neue Wege in die Landschaft gekippt. Dafür werden Landesfürsten, Unternehmer und Baulobby schon sorgen.

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Redakteur für Wirtschaft und Umwelt
Geboren 1969 in Ost-Berlin. Studium an der FU Berlin. Bei der taz seit 1999, zunächst im Berliner Lokalteil. Schwerpunkte sind Verkehrs- und Unternehmenspolitik.
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7 Kommentare

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  • M
    michael

    Szenario: Fortschreibung eines rot-grünen Trauerspiels :

    Alle Welt weiss, dass 12 Milliarden im laufenden Jahrzehnt dringend für den Ausbau der Schiene zusätzlich gebraucht werden, um den Verkehrsinfarkt auf der Straße zu verhindern. Aber Bundesmittel in dieser Größenordnung sind im letzten Jahrzehnt in Afghanistan verballert worden - auf Initiative von Rot-Grün. Trotzdem sollen bis 2020 die restlichen Mittel im Verkehrsetat zwischen Stuttgart und Ulm vergraben werden ! Auch die Grünen befinden sich in verschiedenen Phasen der "Einsicht in das Unvermeidliche":

    - Ohne Not überweist die Landesregierung schon mal die erste Rate, bevor sie noch überhaupt weiss, ob sie in der Sitzung des Lenkungsausschusses am Freitag überhaupt erstmals korrekte Kosten genannt werden.

    - Anstatt eine Klage der Bahn gegen die Landesregierung wegen Zahlungsverzugs abzuwarten, bei der ein Gericht feststellen könnte, ob der Finanzierungsvertrag rechtswidrig und nichtig ist, schlägt der Verkehrsminister nun selbst solche Verträge für andere Strecken vor.

    - Und am Ende wird das Landeskabinett 2030 durch die Bauruine des Fildertunnels auf Dienstfahrrädern zum Landesflugplatz Stuttgart-Echterdingen flüchten,um von dort via FJ-Strauss-Airport München nach Ulm zu reisen. Einer Legende zufolge soll dort der OB auf Lebzeit Gönner mit den letzten Getreuen von der IHK Ulm zwar mumifiziert, dafür aber unbeirrt durch unbelehrbare S-21-Spinner auf den ersten direkten ICE nach Stuttgart-Echterdingen warten.

    - Die knitzen schwäbischen Wähler haben übrigens 2031 nicht honoriert, dass alle Betonteile von S-21 noch von den rotgrünen Kabinettsmitgliedern in einer beispiellosen good-will-Aktion im Rahmen des "Neuen Politiks o'a'gnehm oliv-gree' angestrichen wurden.

    Als bekannt wurde, dass der feuerpolizeilich gesperrte Tiefbahnhof als Grablege für verdiente Förderer des großkotzigsten Großprojektes aller Zeiten geringere Gebühren verlangt, als es die Stuttgarter Friedhofsordnung erlaubt, gingen die Schwaben auf die Barrikaden : Sie erwarben preisgünstig einen Restposten der Berliner "Piraten" gegen das Versprechen, garantiert politikfrei zu regieren, nur "einige Millionen" Schulden zu machen und ganz bestimmt nie einen Bahnhof zu bauen.

  • B
    Birbändiger

    @Plutokrat

     

    Nicht, dass ich Ihre Empörung über die Plümderung der deutschen (und aller anderen) Staatskassen nicht teilen könnte. Aber

     

    1. was hat das mit dem Thema zu tun und

     

    2. welche konkreten, leidlich aussichtsreichen und möglichst unblutigen Maßnahmen gegen die Ausplünderung schlagen Sie vor?

  • P
    Plutokrat

    @Bitbändiger,

     

    man könnte mit den Hunderten von Milliarden, die unsere sog. Volksvertreter (wohl besser Banken- und Kartellvertreter) gerade an Steuergeldern verprassen jedes Dorf in Deutschland mit einem eigenen Straßenbahnnetz versorgen.

     

    DARÜBER (die Plünderung der deutschen Staatskassen auf viele Jahrzehnte hinaus durch die Agenten des Finanzkapitals vor den Augen der tumben Konsumzombies namens "Volk", die das ganze nur stumpf beäugen und weiter shoppen) redet anscheinend aber keiner, weder in den Medien, noch in der Politik.

  • B
    Bitbändiger

    Es wäre ja schön, wenn die aktuelle Mittelknappheit die Verantwortlichen dazu verführte, über Sinn und Unsinn bestimmter Projekte, sei es nun ein idiotischer Tunnelbahnhof oder die Schaffung von -zigtausenden LKW-Parkplätzen, noch mal nachzudenken. Ist aber wohl eine Illusion.

     

    Für die Kosten von S21 (nicht die läppischen behaupteten 4,1 Mrd., sondern die letztlich tatsächlichen) ließe sich so manche Schienen-Holperstrecke renovieren und so mancher vor allem den Güterverkehr behindernder Engpass mildern. Und man muss auch dem Straßengüter-Gewerbe nicht alle Unannehmlichkeiten aus dem Weg räumen: Jede zusätzliche terminliche Unwägbarkeit bekämpft die idiotische "Just-In-Time"-Mentalität (Lagerhaltung auf Kosten der Steuerzahler), und jede Verteuerung des Straßen-Gütertransports nützt der Schiene und der Wasserstraße. Das Lenkzeiten-Problem z.B. ließe sich statt mit zusätzlichen Parkplätzen auch mit zusätzlichem Personal beheben, nämlich mit 2-Fahrer-Pflicht für LKW ab 7,5 t (selten lassen sich so viele fette Fliegen mit einer Klappe erschlagen!).

     

    Auch einer PKW-Maut, sofern nutzungsabhängig konzipiert (also keine Vignetten-Pauschale!), könnte ich etwas abgewinnen.

     

    Wenn nur endlich mal NACHGEDACHT würde...

  • P
    pertractate

    Den Besitzern von übermotorisierten SUVs wird's relativ egal sein, ja, sie haben endlich die Bestätigung, dass die Anschaffung gerechtfertigt ist. Wirklich leiden tun die Radfahrer, weil sie nach jedem größeren Schlagloch ich plattes Fahrrad schieben können.

  • P
    PeterWMeisel

    Pro Tag werden weltweit ca. 100.000 Autos gebaut - In Deutschland sind die Strassen bereits überfüllt. Wie bei Stuttgart 21 könnte das verkehrstechische Kompetenz-Team der CDU auf die Idee kommen, die Autobahnen zu unterkellern. Damit wäre der zusätzliche Flächenverbrauch geschont und ebenfalls Spekulatios- Flächen verfügbar?

    Wenn dem Bund (Bundes-Bahn) die Milliarden für den Stuttgarter Untergrund ausgehen, werden sich die steuerzahlenden Bürger der Republik freuen oder wird

    es dann eine Maut auch für Bahnbenutzer geben? Man muss bei solcher Politik mit dem Schlimmsten rechnen! Die Grundstücke, wie die 100 ha Gleisfläche in Stuttgart, werden auf der Weltgrössten Immobilienmesse MIPIM 2012 in Cannes von dem CDU Bürgermeister der Stadt feilgeboten. Ein Jahrhunder-Schnäpchen!

  • P
    PeterWMeisel

    Pro Tag werden weltweit ca. 100.000 Autos gebaut - In Deutschland sind die Strassen bereits überfüllt. Wie bei Stuttgart 21 könnte das verkehrstechische Kompetenz-Team der CDU auf die Idee kommen, die Autobahnen zu unterkellern. Damit wäre der zusätzliche Flächenverbrauch geschont und ebenfalls Spekulatios- Flächen verfügbar?

    Wenn dem Bund (Bundes-Bahn) die Milliarden für den Stuttgarter Untergrund ausgehen, werden sich die steuerzahlenden Bürger der Republik freuen oder wird

    es dann eine Maut auch für Bahnbenutzer geben? Man muss bei solcher Politik mit dem Schlimmsten rechnen! Die Grundstücke, wie die 100 ha Gleisfläche in Stuttgart, werden auf der Weltgrössten Immobilienmesse MIPIM 2012 in Cannes von dem CDU Bürgermeister der Stadt feilgeboten. Ein Jahrhunder-Schnäpchen!