Kommentar Verhaftung Ruandas Protokollchefin: Freie Bahn für Kriegstreiber
Der politische Schaden, den die Verhaftung von Ruandas Protokollchefin Kabuye in Frankfurt angerichtet hat, ist verheerend.
Dominic Johnson ist Redakteur im Auslandsressort der taz mit Schwerpunkt Afrika.
Man kann nur hoffen, dass die Staatsanwaltschaft Frankfurt wirklich nicht weiß, was sie tut. Der politische Flurschaden, den die Verhaftung von Ruandas Protokollchefin Rose Kabuye am Frankfurter Flughafen am Sonntag angerichtet hat, ist verheerend. Es geht dabei nicht bloß um die lädierten deutsch-ruandischen Beziehungen - die sind im Laufe der Zeit zu reparieren. Es geht um die Stellung Deutschlands bei der Suche nach Frieden im Afrika der Großen Seen, wo der neue Krieg im Kongo droht sich in einen blutigen Regionalkonflikt auszuweiten.
Frankreich war tief in Ruandas Völkermord 1994 verstrickt und hat den darauf folgenden Verlust Ruandas als Einflusszone nie verwunden. Die Regierung von Präsident Paul Kagame wird als Feind, nicht als Partner gesehen. Wenn ein französischer Untersuchungsrichter Haftbefehle gegen ruandische Politiker allein auf der Grundlage von inzwischen teils schon zurückgezogenen und nicht unabhängig belegten Erinnerungen exilierter Ruander ausstellen kann, spricht das nicht für die Unabhängigkeit der französischen Justiz. Der zuständige Untersuchungsrichter wechselte zudem unmittelbar nach seiner Ruanda-Arbeit in die Politik - als Parlamentskandidat der französischen Rechten, die weiterhin dem in Ruanda begonnenen Verlust des neokolonialen afrikanischen Hinterhofs nachtrauern. Wenn sich Deutschland und darüber hinaus die EU in solche zwielichtige Gesellschaft begeben, verabschieden sie sich von jeder neutralen Rolle bei der Suche nach Frieden im Kongo und in der Region.
Fällt aber Europa als Friedensstifter im Kongo aus, lässt das afrikanischen Kriegstreibern freie Bahn. Es ist kein Zufall, dass Ruanda jetzt allmählich die Teilnahme ruandischer Kämpfer an der Rebellion des Tutsi-Generals Laurent Nkunda zugibt, während Angola seine bereits vollzogene Truppenentsendung auf Seiten der Regierung nachträglich als "Ankündigung" offiziell macht. Die Saat eines neuen afrikanischen Krieges, mit Kongo als Schlachtfeld, ist damit gelegt. Europa kann zuschauen.
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