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Kommentar Unterbezahlte FrauenMädchen, lernt verhandeln!

Ines Kappert
Kommentar von Ines Kappert

Dass Frauen noch immer ein knappes Viertel weniger Gehalt für die gleiche Leistung bekommen, als männliche Kollegen ist krass. Doch sollten sie auch lernen, einzufordern.

In den Medien ist viel von Identitätskrisen der Männer die Rede. Eine aktuelle Studie des Bundesfrauenministeriums aber zeigt, was der Mehrheit der Deutschen ohnehin bewusst ist: Frauen verdienen in Deutschland im Schnitt knapp ein Viertel weniger als erwerbstätige Männer - bei gleicher Qualifikation. Die nun publizierten Zahlen sollten helfen, die Diskussion über Gleichberechtigung, die sich ja viel zu oft um Identitätsfragen dreht, wieder auf die Füße zu stellen: Frauen sind nicht per se bessere Menschen. Nur: Frauen werden prinzipiell schlechter bezahlt. Das ist das Problem.

Das Versprechen, mit dem die nach 1965 geborenen Generationen aufgewachsen sind, erweist sich nun unhintergehbar als uneingelöst: Für gleiche Qualifikation und gleichen Einsatz gibt es für Frauen weder die gleichen Aufstiegschancen noch das gleiche Geld. Die Gründe dafür kennt man: Chauvinismus, der Karriereknick wegen der Mutterschaft. Unterschätzt wird allerdings, welche Rolle das rasend schlechte Verhandlungsvermögen von Frauen spielt. Männer wissen ihren Wunsch nach mehr Geld deutlich besser einzuklagen. Auch, weil sie ihn schlicht für normal halten - ebenso wie die (meist männlichen) Geldgeber.

Das Wichtige an den neuen Studien ist: Sie sollte Frauen, die oft genug noch zu Selbstzweifeln und Selbstentwertung erzogen worden sind, dazu ermutigen, ein männliches Privileg anzugreifen, ohne in Identitätsgefasel oder eine biologistisch fundierte Generalverdächtigung des anderen Geschlechts zu verfallen. Das Zahlenmaterial gibt ihnen Recht. Dass Misogynie heute offiziell verpönt ist, dürfte gleichfalls von Nutzen sein.

Das heißt aber auch, dass Frauen sich darauf einstellen müssen, für ein angemessenes Gehalt zu streiten. Es ist überfällig, dass Frauen auch mal auf die Idee kommen, sich vor der Unterredung mit der PersonalchefIn darüber zu informieren, wer wo was verdient. Ohne Konfrontation wird es dabei nicht abgehen. Nicht mit den Männern im Allgemeinen, aber mit den konkreten Kollegen und Kolleginnen, für die dann womöglich weniger Geld oder Prestige bleibt. INES KAPPERT

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Ines Kappert
Gunda-Werner-Institut
leitet seit August 2015 das Gunda-Werner-Institut für Feminismus und Geschlechterdemokratie der Heinrich-Böll-Stiftung.   Mich interessiert, wer in unserer Gesellschaft ausgeschlossen und wer privilegiert wird - und mit welcher kollektiven Begründung.   Themenschwerpunkte: Feminismus, Männlichkeitsentwürfe, Syrien, Geflüchtete ,TV-Serien.   Promotion in Allgemeiner und Vergleichender Literaturwissenschaft zu: "Der Mann in der Krise - oder: Konservative Kapitalismuskritik im kulturellen Mainstream" (transcript 2008).   Seit 2010 Lehrauftrag an der Universität St. Gallen.
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2 Kommentare

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  • LW
    L.A. WOMAN

    ... "die männlichen Selbstzweifel, die durch Selbstaufwertung kompensiert werden sollen"

     

    Ach, die liebenden Frauen als Männerversteher

    welch erbauliche Psychologie!

    So sind die harten Tatsachen:

    Es gibt ein Hauen und Stechen um die wenigen lukrativen Stellen, die Einstufungen in den Ausschreibungen sinken rapide, und dann soll Frau noch verhandeln???

    Warum überhaupt??

    Es ist die Aufgabe der Tarifpartner, für die entsprechenden Einstufungen zu sorgen und unsere Superfamilienministerin ist gefragt!

    Ich stelle immer wieder fest, dass Frauen von staatlicher Seite keinerlei Aufklärung geschweige denn Unterstützung erfahren, was ihre Rechte in Bezug auf Einstufungen angeht. Ich kenne das aus eigener Anschauung an der Universität.

     

    Aber Frau Leyen sorgt sich lieber um die Förderung der Frauen, die sowieso auf der monetär besseren Seite stehen, ebenso will sie die schicken Privatschulen und- Kindergärten noch zusätzlich fördern, anstatt anständige Gesamtschulen zu bauen und zu fördern, damit das Elend der 'Prekariatskinder' beendet wird.

  • AZ
    anke zoeckel

    Wenn Frau Kappert mir auch nur drei Frauen zeigt, die stärker als ihre männlichen Kollegen unter Selbstzweifeln und Selbstentwertung leiden, will ich gern einstimmen in ihren immer wiederkehrenden Refrain. Noch aber kann ich ihr nicht folgen. Meine Erfahrungen nämlich sehen ganz anders aus. Meiner Meinung nach resultiert gerade die männliche Hyperpräsenz in den meisten Fällen aus einer ganz gehörigen Portion Selbstzweifel, die durch eine völlig ungerechtfertigte Selbstaufwertung lediglich kompensiert werden soll. Mit derart problematischen Partnern kann man nicht verhandeln. Auch das größte weibliche Geschick ändernt nichts am männlichen Unwillen, Leistung als bilateralen Vorteil wahrzunehmen. Konfrontation? Also bitte! Was soll sich schon ändern, wenn Männer die Konfrontation mit Frauen jetzt auch noch im Beruf verlieren? Steht das Nachgeben aus besserer Einsicht (zum Beispiel im Ergebis von Verhandlungen) überhaupt schon auf dem männlichen Lehrplan?