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Kommentar UmweltpolitikJenseits des 10-Punkte-Plans

Bernhard Pötter
Kommentar von Bernhard Pötter

Dienstwagen auf Polo-Niveau, Massenställe verbieten, Pfand auf Elektrogeräte: Alles Möglichkeiten des Umweltschutzes. Aber die Umweltpolitik redet nicht gerne drüber.

S icher, Bundesumweltminister Peter Altmaier ist erst seit drei Monaten im Amt; er hat kaum noch ein Jahr Zeit bis zur nächsten Wahl und den Wirtschaftsminister im Rücken. Er will die Energiewende umsetzen, viel Glück dabei. Sein 10-Punkte-Plan für das nächste Jahr spricht außerdem Themen an, die da leicht aus dem Blick geraten. Auch das ist eine gute Idee. Aber es reicht nicht.

Denn gerade Umweltpolitik müsste den Blick über den Horizont der nächsten Bundestagswahl heben und über den Tellerrand eines Ministeriums erst recht. Legt man diese Maßstäbe an, dann ist Altmaiers Liste nur Stückwerk. Denn dann müsste sich die Bundesregierung insgesamt dazu bekennen, Deutschlands Lebensgrundlagen zu sichern und seine Wirtschaft zukunftsfähig zu machen.

Dafür gibt es viele Hebel: Deutschland sollte damit anfangen, seine umweltschädlichen Subventionen abbauen. Die belaufen sich auf 48 Milliarden pro Jahr, dagegen sind die Solarsubventionen ein Klacks. Ein Tempolimit auf der Autobahn rettet Leben, schont die Umwelt und zwingt die deutschen Autobauer zum Umdenken. Bei der Chemiepolitik könnte man nur harmlose Rohstoffe zulassen, ein Pfand auf Elektrogeräte oder eine Abwrackprämie für Stromfresser wären schön.

Bild: taz
Bernhard Pötter

ist Autor der taz.

Und wenn wir schon beim Wünschen sind: Die Politik sollte den Bau neuer Massenställe verhindern und durch einen Biotopverbund die Artenvielfalt retten. Unser Nachbarland Polen müsste die Bundesregierung auf den energiepolitischen Pfad der Vernunft bringen, um damit die EU-Umweltpolitik arbeitsfähig zu machen. Und das Kabinett könnte mit gutem Beispiel vorangehen und für alle Behörden ökosoziale Grundstandards einführen: Dienstwagen auf Polo-Niveau wären der erste Schritt dahin.

Darüber wird nicht gern debattiert. Mit gutem Grund: Auch Umweltpolitik ist die Kunst des Möglichen. Auch wenn sie die Lösung der Probleme damit fast unmöglich macht.

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Bernhard Pötter
Redakteur für Wirtschaft und Umwelt
Jahrgang 1965. Seine Schwerpunkte sind die Themen Klima, Energie und Umweltpolitik. Wenn die Zeit es erlaubt, beschäftigt er sich noch mit Kirche, Kindern und Konsum. Für die taz arbeitet er seit 1993, zwischendurch und frei u.a. auch für DIE ZEIT, WOZ, GEO, New Scientist. Autor einiger Bücher, Zum Beispiel „Tatort Klimawandel“ (oekom Verlag) und „Stromwende“(Westend-Verlag, mit Peter Unfried und Hannes Koch).
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11 Kommentare

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  • LS
    leo solar

    und so weiter und so fort ....

     

    Warum sind die Medien nicht in der Lage (die taz ist da eine große Ausnahme), dem einfachen Bürger den Unterschied zwischen einer Umlage und Subvention näher zu bringen.

    Die hochgejazzten "EEG-Subventionen" in Höhe von 11 oder mehr Milliarden sind nur die Vergütungen für den EEG-Strom. Davon abziehen muss man den Börsenstrompreis (ca. 5-6 Cent/Kwh) und schon werden es viel viel weniger und wir kommen zur EEG-Umlage und sind bei ca. der Hälfte davon.

    Es ist äußerst töricht, nur diese EEG-Umlage in den Raum zu stellen und völlig auszublenden, was die Gesellschaft dafür bekommt.

    Welcher Journalist beherrscht das Einmaleins der Volkswirtschaft?

    Also zum Mitschreiben für alle schlauen Kommentatoren der großen Zeitungen,

    wir bekommen für die EEG-Umlage:

    1. Sauberen Strom.

    2. viele neue Arbeitsplätze.

    3. Wertschöpfung bei uns und Einsparung von Energieimporten.

    4. Klimaschutz und Umweltschutz.

    Warum verteidigt diese Sichtweise niemand, warum liefert sie keine Schlagzeile?

    Es ist zum Verzweifelen.

    Welche wirren Gedanken bringt die Gehirnwäsche der atomar-fossilen Industrie noch alles.

  • A
    A.G.

    Klimaschutz durch Baumschutz

     

    http://buergerfuerbaeume.sharepoint.com/Pages/5vor12.aspx

     

    Sinnvoll wäre auch ein Bundesbaumschutzgesetz. Denn Bäume wandeln im großen Stil kostenlos klimaschädliches CO 2 in Sauerstoff um. Sie werden aber bundesweit massenhaft aus kurzfristigen wirtschaftlichen Interessen unnötig gefällt, wogegen sich bundesweit Bürgerinitiativen engagieren.

     

    Eine entsprechende Petition ist bereits seit 2009 (!) unbeantwortet "in der parlmentarischen Prüfung" des Bundestags.

  • W
    Waage

    Pfand auf Handys, so wie @Verplant vorschlägt wäre eine gute Idee. Könnte ich mal meine große Schublade im Wohnzimmerschrank von (guten) alten Antennennokis und Siemens Handys (die nie richtig funktioniert haben) leeren.

     

    Außerdem wäre man in Zukunft vor netten Freunden sicher die einen vorwurfsvoll anschauen wenn man sich ein neues mobil phone gekauft hat und dann den beliebten Spruch loslassen:

     

    "...hättste mich mal gefragt, dann hättest du mein Altes bekommen können..."

     

    Oh Gott - schönen Dank auch!

  • K
    Keuner

    Wir brauchen eine Ökodiktatur! Wir schaffens nicht alleine! Eigenverantwortung funktioniert in der Masse einfach nicht!

     

    http://www.youtube.com/watch?v=G9r7D_6Tx4E

  • B
    Bert

    Ich hätte auch noch einen Tipp, um auf der Anbieterseite die Stromfresser nach und nach aus dem Warenverkehr zu nehmen.

     

    Top-Runner-Programm

    --> http://de.wikipedia.org/wiki/Top-Runner-Programm

     

    Das war vor einigen Jahren schon mal in der politischen Diskussion, gerade auch bei den Grünen. Vielleicht sollte man auch darüber wieder diskutieren, denn: Es wird einfach noch viel zu viel Müll produziert.

  • S
    strooker

    Warum kommen immer solche Kommentare: "Unser Nachbarland Polen müsste die Bundesregierung auf den energiepolitischen Pfad der Vernunft bringen, um damit die EU-Umweltpolitik arbeitsfähig zu machen."?

     

    Klar, Deutschland kann gewinnen, aber auch verlieren - und dann macht die EU vielleicht etwas ganz anderes als Deutschland. Warum nicht mal kooperieren, um Zustimmung werben und nicht den Zeigefinger heben? Wenn man ein gutes Konzept hat, könnte man das doch wagen.

     

    Wir brauchen weder in Deutschland noch in Europa Glaubenskriege. Die kosten am Ende sogar meist mehr als Abwarten und Nichtstun.

  • S
    Stefan

    Pfand auf Elektrogeräte? Nach dem Dosenpfand traut sich das kein Politiker, wetten?!

  • I
    imation

    "Unser Nachbarland Polen müsste die Bundesregierung auf den energiepolitischen Pfad der Vernunft bringen,..."

     

    Am deutschen Umweltwesen soll die Welt genesen. Und mit Polen fangen wir an!

     

    Das die Polen aber grösseren Wert darauf legen nun ausgerechnet von Deutschland was vorgeschrieben zu bekommen bezweifle ich irgendwie.

  • A
    arabella

    "Deutschland sollte damit anfangen ..." oder:

    Am deutschen Wesen soll die Welt genesen.

  • UU
    und und und

    und man könnte den Ökoblockwart einführen, der alle Nachbarn auf ökologisch einwandfreies Verhalten kontrolliert und notfalls gleich eine drakonische Strafe verhängt. z.B. wenn so ein Unmensch zwei oder dreimal die Woche Fleisch ißt, oder in der Wohnung die Heizung zu weit aufdreht. Dem Ökonazi werden da schon noch viele Dinge einfallen. Da ist sicher auch ein Job für Herrn Pötter drin.

  • V
    Verplant

    Die meisten der Vorschläge klingen durchaus gut und sinnvoll, aber eine genereller Pfand auf Elektrogeräte macht nur bei Geräten sinn, die so gut wie immer eine kurze Lebensdauer haben, wie z.B. Handys. Wer aber die Geräte lange nutzt und womöglich auch noch repariert, der wird mit dieser Maßnahme bestraft, obwohl er die Umwelt besser schützt, als jemand, der es gegen Pfand zurück gibt.

     

    Genauso sieht es mit der Abwrackprämie für sogenannte Stromfreser aus. Haben sie sich mal Informiert, was es für eine Umweltbelastung bedeutet die Geräte zu entsorgen und neue herzustellen, sowie sie hier her zu transposrtieren? Das dürfte doch genauso nach hinten losgehen, wie die Abwrackprämie für Autos.

     

    Wenn schon eine Umweltschonende Abwrackprämie, dann sollten sie mal über eine für defekte Fahrräder nachdenken.