Kommentar Uiguren-Freilassung: Schäubles schäbige Taktik
Die Weigerung von Innenminister Schäuble, uigurische Guantánamo-Flüchtlinge aufzugeben, ist peinlich.
Johnson Poribiong, dem Präsidenten des winzig kleinen Inselreichs Palau, ist es gelungen, die Regierung eines großen Staates, Deutschlands, zu demütigen. Durch eine einzige Geste: Auf Bitten Barack Obamas hat sich Poribiong bereit erklärt, 17 uigurische Internierte aus Guantánamo vorübergehend aufzunehmen.
Dieselbe Bitte hatte Obama mehrfach an die deutsche Regierung gerichtet. Die Uiguren, sämtlich aus der chinesischen Provinz Xinjiang stammend und in Afghanistan von den USA arrestiert, wurden seit 2008 nicht mehr als "feindliche Kämpfer" eingestuft, gegen sie lagen keine Verdachtsmomente vor. Ihre Freilassung in die USA scheiterte nicht an vorgebrachten Fakten, sondern an einer hysterischen Kampagne.
Innenminister Schäuble erklärte mehrfach, aus den USA lägen nicht genügend Informationen vor, die eine "zusätzliche Gefahr" durch die Aufnahme ausschlössen. Niedersachsens Innenminister sekundierte und behauptete, alle Uiguren seien in Terrorcamps ausgebildet worden. Erwiesen ist: Keiner war in so einem Camp, keiner hatte Kontakte zu al-Qaida.
Zur Begründung seiner Ablehnung führte Schäuble weiter aus, den Uiguren fehle es an einer Bezugsgruppe in Deutschland. Auch das stimmt nicht. München beherbergt die größte uigurische Emigrationsgruppe Europas, fünfhundert Menschen. Ein uigurisches Vereinsleben prosperiert. Darüber hinaus haben sich uigurische Münchner Unternehmer bereit erklärt, den Internierten bei der Jobsuche behilflich zu sein.
Schäubles schäbige Hinhaltetaktik kann sich nur auf eine einzige Quelle stützen, auf die Behauptung der chinesischen Regierung, bei den Uiguren handele es sich um Terroristen. Ja dann, warum sie nicht gleich in ihr Heimatland "zurückführen"?
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