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Kommentar USA und EurokriseAuf Sylt wegen Romney

Dorothea Hahn
Kommentar von Dorothea Hahn

Der US-Finanzminister Timothy Geithner fährt nach Sylt, um Wolfgang Schäuble zu treffen. Das zeigt, wie wichtig die deutsche Politik für Obama werden kann.

D ass Finanzminister Timothy Geithner im Hochsommer nach Sylt fährt, um den deutschen Finanzminister für ein einstündiges Gespräch in dessen Urlaubsdomizil zu treffen, zeigt, wie groß die Sorge in Washington ist.

Die US-Spitze befürchtet, dass jeder Tag ohne eine Rettungsaktion der Europäischen Zentralbank für die gefährdeten Wirtschaften der Eurozone direkt in einen europäischen Crash führen kann. Und dass ein solcher zwangsläufig auch die USA mit in seinen Sog ziehen würde.

Für die US-Wirtschaft, die weiterhin nah am Rand einer Rezession balanciert, wäre ein Zusammenbruch der Eurozone eine Katastrophe. Die Volkswirtschaften auf beiden Seiten des Atlantik sind aufs Engste miteinander verzahnt. Für Barack Obama wäre es das Ende der Hoffnung auf eine Wiederwahl im November. Denn im November werden die WählerInnen denjenigen Kandidaten wählen, den sie für den kompetentesten Mann halten, um sie aus der Krise zu führen.

Bild: Manfred Bartsch
Dorothea Hahn

ist USA-Korrespondentin der taz mit Sitz in Washington.

Sollte sich die wirtschaftliche Lage – im Inneren der USA und/oder in Europa - weiter verschlechtern, kann das paradoxerweise zugunsten von Mitt Romney ausfallen, einem Mann, der ein Inbegriff jener Heuschreckenkapitalisten ist, deren Treiben direkt in die Krise geführt hat. Damit liegt einer der Schlüssel zu Obamas Wiederwahl in Deutschland.

Eine kleine Dosis Inflation

Der US-Präsident versucht schon lange, Berlin zu einem Kurswechsel zu bewegen. Er will, dass die Bundesregierung ihre Austeritätspolitik beendet, dass sie auf Wachstum setzt und dass sie vorübergehend eine Dosis Inflation in Kauf nimmt. Spätestens seit der Präsidentschaftswahl in Frankreich argumentieren damit der US-amerikanische und der neue französische Präsident gegenüber Berlin in der selben Richtung.

Bei seinem Blitz-Besuch auf Sylt, 99 Tage vor den US-Wahlen, dürfte der Emissär des US-Präsidenten zusätzliche Details zur Sprache gebracht haben. Vielleicht hat Geithner seinem deutschen Kollegen angekündigt, dass sein Präsident, im Falle einer Wiederwahl, eine radikale Haushaltssanierung in Angriff nehmen wird. Vielleicht hat er Beispiele aus seiner Erfahrung mit maroden Banken geliefert.

In seinem ersten Amtsjahr war Geithner für die Verteilung eines großen Teils des Bankenrettungsplans (von insgesamt 700 Milliarden Dollar) zuständig. Wobei er leider keine Gegenleistungen verlangte und nicht dafür sorgte, die Grossbanken in kleinere Teile zu zerlegen. Auf jeden Fall aber dürfte Geithner auf Sylt ein Szenario dessen gezeichnet haben, was Deutschland und Europa droht, wenn in den USA Romney Präsident wird.

Der Republikaner will derartig viele öffentliche Ausgaben streichen, dass eine radikale Schrumpfung der US-Wirtschaft zwangsläufig erscheint. Das wiederum hätte umgehend Auswirkungen auf die Export- und Absatzchancen europäischer Unternehmen.

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Dorothea Hahn
Korrespondentin
Kommt aus Köln. Ihre journalistischen Stationen waren Mexiko-Stadt, Berlin, Paris, Washington und New York.
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2 Kommentare

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  • V
    valentin

    Ob Geithner mit Zuckerbrot oder Peitsche im Gepäck nach Sylt gereist ist, also Überzeugung oder Druck, können wohl nur die beurteilen, die dabei waren.

     

    Unbestreitbar das Interesse der USA an a.) Stimulation der (Welt-)Wirtschaft mit Zentralbankgeld / neuen Schulden, b.) Garantien der Europäer für amerikanische Gläubiger.

  • A
    Alex

    Na, vielleicht sollten die Amerikaner selbst ihre Hausaufgaben machen. Was hat noch mal vor vier Jahren die Staatsschuldenkrise überhaupt erst heraufbeschworen? Wo sitzen die Ratingagenturen, die ständig die Krise verschärfen? In wessen Interesse tun sie das?