Kommentar UN-Resolution zu Libyen: Ein Signal an die Bevölkerung Libyens
Der Beschluss des UN-Sicherheitsrates ist ein Erfolg der Diplomatie und straft die vielen Zweifler und Bedenkenträger Lügen, von Washington bis Berlin.
J etzt sind die Fronten klar. Der UN-Sicherheitsrat hat grünes Licht für ein militärisches Eingreifen in Libyen gegeben; Großbritannien, Frankreich, Spanien und weitere Länder machen sich bereit. Sollte der libysche Machthaber Gaddafi weiterhin Zivilisten töten, wird er angegriffen. Für Libyens geschundene und verängstigte Bevölkerung ist dies das Signal: Die Welt lässt sie nicht im Stich.
Das ist keine Kriegserklärung. Es ist ein Bekenntnis zum Recht. Seltsamerweise scheint Gaddafi das als Erster begriffen zu haben. Der Testballon der libyschen Regierung vom Freitagnachmittag, die sofortige Einstellung aller Kampfhandlungen anzukündigen, zeigt, dass der UN-Beschluss weder falsch war noch zu spät erfolgte.
Der große Showdown im Osten Libyens, die befürchtete mörderische Schlacht um Bengasi - es könnte sein, dass es dazu gar nicht mehr kommt. Vielleicht hält Gaddafi still und macht ein internationales militärisches Eingreifen überflüssig. Und wenn nicht, was leider wahrscheinlicher erscheint, hat das eindeutige Folgen. Vielleicht gibt es dann den einen, entscheidenden Luftschlag, der Gaddafis Mordmaschinerie ausschaltet. In jedem Falle hat der libysche Machthaber jetzt ein Katz-und-Maus-Spiel begonnen, in dem er versuchen muss, die internationale Gemeinschaft auszutricksen, statt sie einfach zu ignorieren - und dieses Spiel kann er auf lange Sicht nur verlieren.
Dominic Johnson ist Leiter und Afrika-Redakteur des taz-Auslandsressorts.
Vor diesem UN-Beschluss schien in Libyen nur das Schlimmste bevorzustehen; jetzt ist das Wünschenswerte in den Bereich des Möglichen gerückt. Das ist ein Erfolg der Diplomatie und straft die vielen Zweifler und Bedenkenträger Lügen, von Washington bis Berlin, die schon die bloße Drohung mit militärischen Mitteln zum Schutz von Menschen ablehnen. Wenn es nun gelingen sollte, Libyen zum Frieden und zur Demokratie zu führen, könnte auch die arabische Revolution am südlichen Rand des Mittelmeers insgesamt doch noch Erfolg haben. Ohne Angela Merkel. Ohne Silvio Berlusconi. Sogar ohne Barack Obama. Und auf jeden Fall ohne Muammar al-Gaddafi. Was für eine verrückte Zeit, die diese vier so unterschiedlichen Figuren gemeinsam ins Abseits stellt.
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