Kommentar UN-Kinderrechtskonvention: Afghanistan ist hier
Die Regierung muss bereit sein, Flüchtlingskindern auch in den entsprechenden Bundesgesetzen gleiche Rechte einzuräumen wie inländischen Kindern.
W enn es um andere Länder geht, besonders um weniger mächtige, verweisen deutsche Politiker und Diplomaten gerne auf internationale Verbindlichkeiten. Menschenrechte, Frauenrechte, Kinderrechte - sie müssten selbstverständlich geschützt und sogar in fernen Ländern wie Afghanistan von Bundeswehrsoldaten "verteidigt" werden.
Umso peinlicher, dass die Bundesregierung noch immer nicht gewillt ist, die UN-Kinderrechtskonvention im eigenen Land vollständig umzusetzen. Besonders Jugendliche, die ohne ihre Eltern geflohen sind, leiden darunter und die kommen - welch Ironie - an erster Stelle ausgerechnet aus Afghanistan.
Achtzehn Jahre hat es gedauert, bis die Ansicht aus der Kohl-Ära, man dürfe ausländische und inländische Kinder trotz UN-Konvention durchaus unterschiedlich behandeln, endlich von der Bundesregierung revidiert wurde. Doch die Rücknahme bleibt ein Lippenbekenntnis, solange die Regierung nicht bereit ist, Flüchtlingskindern auch in den entsprechenden Bundesgesetzen gleiche Rechte einzuräumen. Geradezu hinterhältig ist es, wenn Bundesminister den schlechten Umgang mit Flüchtlingskindern einfach als eine Frage der willkürlichen Praxis in den Bundesländern darstellen, obwohl die Bundesgesetzgebung eine Diskriminierung dieser Kinder quasi vorschreibt.
arbeitet im Inlandsressort der taz.
Derweil ist die Debatte über Integration in vollem Gange. Die Behauptung, Migranten und vor allem Muslime seien selbst schuld an ihrer schlechten Lage, wirkt auf eine breite Öffentlichkeit geradezu elektrisierend. Würde der Blick dieser Öffentlichkeit auf die schlechte Lage von Flüchtlingskindern gerichtet, könnte das auch für Aufregung sorgen - aber für eine deutlich sinnvollere.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Müntefering und die K-Frage bei der SPD
Pistorius statt Scholz!
Urteil nach Tötung eines Geflüchteten
Gericht findet mal wieder keine Beweise für Rassismus
Waffen für die Ukraine
Bidens Taktik, Scholz’ Chance
Aktienpaket-Vorschlag
Die CDU möchte allen Kindern ETFs zum Geburtstag schenken
Israel demoliert beduinisches Dorf
Das Ende von Umm al-Hiran
Unterwanderung der Bauernproteste
Alles, was rechts ist