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Kommentar TimbuktuEine Intervention ist zwingend nötig

Dominic Johnson
Kommentar von Dominic Johnson

Die radikalen Islamisten in Mali haben mit dem Freiheitskampf der Tuareg nichts am Hut. Die Tuareg-Rebellen sind jetzt von ihren einstigen Verbündeten selbst verdrängt worden.

M it der Zerstörung wichtiger Kulturgüter der Tuareg und des afrikanischen Islam durch radikale Islamisten in Timbuktu hat die Krise in Mali einen neuen Höhepunkt erreicht – und einen, der jetzt ein Eingreifen zwingend macht.

Die Tuareg-Rebellen, die in Malis Nordhälfte erst im März und April einen Siegeszug vollbracht und einen unabhängigen Staat „Azawad“ ausgerufen hatten, sind jetzt von ihren eigenen Alliierten verdrängt worden.

Die radikalen islamistischen Kämpfer haben mit dem Freiheitskampf der Tuareg nichts am Hut. „Azawad“ ist tot, noch bevor es tatsächlich gegründet werden konnte.

An seine Stelle tritt ein Al-Qaida-Rückzugsgebiet, das eine Bedrohung für die dortige Bevölkerung und für die gesamte Region von Algerien bis Nigeria darstellt.

taz
DOMINIC JOHNSON

ist Co-Leiter des taz-Auslandsressorts.

Es rächt sich nun, dass seit dem Siegeszug der Tuareg-Rebellen vor einem Vierteljahr keine politische Kraft in Malis Hauptstadt Bamako und in Westafrika insgesamt eine Idee entwickelt hat, wie man innerhalb Malis mit den eigenen Tuareg einen Ausgleich finden könnte, der die Islamisten marginalisiert.

Stattdessen verwickelten sich in Bamako Politiker und Militärs in einen Machtkampf und die Westafrikanische Regionalorganisation Ecowas beschloss zwar mehrfach eine Militärintervention, um dann aber nichts zu ihrer Realisierung zu tun.

Es wäre vermutlich nicht besonders schwierig für eine gut ausgerüstete Spezialtruppe, die drei nordmalischen Städte Gao, Kidal und Timbuktu zu besetzen und die Islamisten in ihre Wüstenverstecke zurückzujagen.

Die Afrikanische Union und der Sicherheitsrat der Vereinten Nationen sollten umgehend grünes Licht für eine solche Militäroperation geben, und an dieser Operation sollten sich auch westliche Nationen beteiligen, die nach ihrem Krieg zum Sturz des Gaddafi-Regimes in Libyen eine gewisse Verantwortung für die Stabilisierung der Region tragen.

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Dominic Johnson
Ressortleiter Ausland
Seit 2011 Co-Leiter des taz-Auslandsressorts und seit 1990 Afrikaredakteur der taz.
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16 Kommentare

 / 
  • KM
    Kommt mir bekannt vor...

    ...auch in Afghanistan stellte sich Mitte der Neunziger Jahre die Frage nach einem Eingreifen der UN (in dem Falle gab es keine regionale Organisation ähnlich der AU). Ein halbes Jahrzehnt später wurde dann die Welt mit den Folgen der eigenen Unfähigkeit konfrontiert. Es bleibt abzuwarten, ob eine Nichteinmischung in Mali und Azawad ähnlich schwer wiegen wird.

  • H
    hmm

    wer sich dafür interessiert wie das thema in den malischen medien behandelt wird:

     

    http://www.maliweb.net/

     

    hier finden sich alle malischen Tageszeigungen online

     

    @ alle Friedensaktivisten:

    Versuchts dochmal mit ner Demo oder einer Unterschriftenaktion oder einer solierklärung für den gemeinsamen antiimperialistischen kampf, dann hören die bestimmt auf! Ironie aus...

    So traurig es auch ist, sie werden mit diesen Gruppierungen nicht verhandeln können, dass haben ja nicht mal ihre (ehemaligen) Verbündeten, die Tuareg geschafft. Ihr politisches Ziel ist es ein Kalifat nach saudischen Vorbild am liebsten in ganz Mali zu errichten. und danach gehts dann in anderen Ländern weiter.

     

    @iBot:

    Sie haben offensichtlich (nicht nur "vermutlich") absolut keine Ahnung von Mali.

     

    Gao, Kidal und Timbuktu sind Kleinstädte mit 25.000 - 75.000 Einwohnern von denen ein Großteil sowohl wegen der Rebellion aber auch wegen der akuten Nahrungsmittelkrise geflohen ist. die größten hauser haben 2 stockwerke. der Autor hat recht wenn er sagt, dass eine Spezialeinheit diese Städte relativ schnell einnehmen könnte.

     

    Die malische Armee ist das Gegenteil einer Spezialeinheit und hat es jahrelang geschafft diese Städte zu halten.

     

    Die Zahl der Kämpfer im Norden wird auf gerademal 1000 geschätzt (und das sind vermutlich sogar alle Gruppen zusammen).

     

    Mein Vorschläg: Die malische Regierung (oder was davon ürbig ist) sollte den Tuareg ernste und aufrichtige Zugeständnisse machen um im Gegenzug gemeinsam mit ihnen die Islamisten einzukessen und zuverhaften. Auf Dauer hätte eine solche Kooperation sogar den Vorteil, dass auch die Unsicherheit in Mauretanien und Niger inkl. der Entführungen beendet werden könnte. Ab die sich dafür Hilfe bei der ECOWAS, der NATO, EU oder USA holen ist mir ehrlichgesagt egal.

     

    @sharken:

    das ist sowas von am Thema vorbei. das mit dem Goldabbau hat bisher aus sicht des "westens" wunderbar funktioniert! besser gehts nimmer...

  • DJ
    Dirk Jäckel

    Irgendwie verstehe ich immer weniger, wie manche "Linke" ticken. Forderung nach Intervention (Mali, Syrien), aber Sorgen um Islamisierung in Europa ganz böse rechts. Man könnte manchmal ob des Geisteszustands Europas geradezu ins Verzweifeln geraten. Vive l'illumination, vive la liberté!!!

  • M
    martin

    Wieso wird seit neuestem bei Konflikten immer eine Militärintervention gefordert? Erst werden jahrzehntelang militärische Fehlschläge herausgehoben, aber seit dem arabischen Frühling fordert die Taz ständig, man müsse eingreifen, man dürfe sich nicht isolieren (siehe Libyen) usw.

    Deutsche Soldaten haben im Ausland, wo auch immer, einfach nix zu suchen. Bei den meisten Interventionen werden durch fremde Truppen mehr Zivilisten getötet, als durch den Feind den man eigentlich daran hindern wollte. Seit wann sind Soldaten denn bitte Menschenretter?

    Man sollte sich auf den Schutz und die Versorgung von Flüchtlingen beschränken. Militärische Eingriffe sollten nur und ausschließlich durch UN-Blauhelme erfolgen.

    Und bitte nicht nur zum Schutz von Kulturstätten, sondern zum Schutz von Menschen.

  • I
    iBot

    Es wäre vermutlich nicht besonders schwierig für eine gut ausgerüstete Spezialtruppe, die drei nordvietnamesischen Städte Hanoi, Hai Phong und Bac Ninh zu besetzen und die Kommunisten in ihre Dschungelverstecke zurückzujagen.

     

    Es wäre vermutlich nicht besonders schwierig für eine gut ausgerüstete Spezialtruppe, die drei afghanischen Städte Kabul, Kunduz und Kandahar zu besetzen und die Islamisten in ihre Bergverstecke zurückzujagen.

     

    "Vermutlich" ist eine äußerst passende Kategorie, wenn's um [asymmetrische] Kriegseinsätze geht. Ganz große Klasse.

  • S
    sharken

    mali ist der drittgrösste goldproduzent in afrika. natürlich gibt es von allen seiten und gruppierungen bestrebungen, darauf einfluss und zugriff zu gewinnen.

    dabei setzen westliche kräfte auf marktliberalisierung, die sich an westlichem verständnis von landeigentum orientiert. damit wird den stämmen dann durch neue -an französischem vorbild entwickelten- gemeindeordnungen die verteilung von fläche entzogen. schwups hat eine internationale firma die schürfrechte, und den bauern bleibt die umweltverschmutzung(zyanidvergiftungen der rinder usw). die exploration der abbaugebiete wurde ab 1987 vom European Development Fund gefördert. auszug aus einem 2011 veröffentlichten bericht des U.S. Department of the Interior und

    U.S. Geological Survey:

    "At least 15 international companies were engaged in gold exploration and (or) production in Mali. These included Resolute Mining Ltd. of Australia; Canadian companies African Gold Group Inc., Avion Gold Corp., Axmin Inc., Etruscan Resources Inc., Great Quest Metals Ltd., IAMGOLD Corp., Merrex Gold Inc., North Atlantic Resources Ltd., and Rockgate Capital Corp.; Glencar Mining plc of Ireland; AngloGold Ashanti Ltd. of South Africa; and Avnel Gold Mining Ltd., Cluff Gold plc, and Randgold Resources Ltd. of the United Kingdom. Oklo Uranium Ltd. of Australia explored for phosphate rock and for uranium."

  • JO
    Jürgen Orlok

    Die Hauptlinie der Argumentation liegt im "global war on terror", nicht im Schutz von Kulturgütern.

    "...westliche Nationen beteiligen, die nach ihrem Krieg zum Sturz des Gaddafi-Regimes in Libyen"

    Etwas Positives hat dieser Artikel doch.

    Hier wird festgestellt, daß der Krieg gegen Libyen ein Angriffskrieg der Massenmörder von NATO&Co war.

    Ein klarer Bruch der UN-Resolutionen. Nach gängiger NATO&Co-Logik hat sie selbst ihre Legitmität verloren und müßte zu regime change führen. Die daraus notwendigen Reaktionen werden nicht eingefordert. Recht und Humanität sind ja auch nur noch Fassade.

    Nun schon wieder einen Krieg zu fordern mit NATO&Co als Ausführende grenzt an Wahnsinn oder blutige, rechtlose Machtpolitik.

     

    Der Autor fordert eine schnelle Umsetzung der NeoKolonialisierung Afrikas !!!

  • V
    vic

    "Eine Intervention ist zwingend nötig"

    Durch wen und wo zuerst?

  • D
    D.J.

    Man fragt sich nur, wieviele Lektionen es eigentlich noch geben muss, bis man begreift, dass derjenige, der sich mit Faschisten oder Islamisten verbündet, letztlich immer der Verlierer ist.

  • D
    Daniel

    Eine andere Lösung gibt es nicht?

     

    Und inwieweit stellt das wirklich eine Lösung dar?

  • S
    swizzel

    Mir hat mal ein weiser Mann gesagt: Pazifismus im Angesicht von Gewalt gegen die eigene Person ist Tapferkeit. Pazifismus im Angesicht von Gewalt gegen meinen Nachbarn ist Feigheit.

     

    Ich kann dem Artikel nur anschließen.

  • J
    Jojo

    Die Beteiligung Deutschland an den Kosovo Einsatz, unter aktiver Beteidigung der Grünen, war entscheidend:

    Joschka Fischka sagte: eben weil wir den II.Weltkrieg ausgelöst haben müssen wir Verantwortung übernehmen.

    Damit meinte er nicht Frieden sondern bomben.

    Dies ist der Initiationsritus mit dem die Grünen Erwachsen wurden.

     

    Seitdem fordern Sie ununterbrochen Krieg - Afganistan und Blauhelm Einsätze.

    In Lybien waren sie auch ganz fleissig um den bösen Gaddafi ( Resultat gesamt ca. 40 000 Tote + failed state) wegzubomben. Als Nebeneffekt wurde Mali destabilisiert und die radikalen Islamisten sind jetzt an der Macht.

     

    Die sollen aber jetzt auch weggebombt werden. Und in Syrien muss man auch noch bomben, deshalb wirbt die TAZ ja für die Radikalislamisten.

     

    Krieg ist das Gegenteil von Umweltschutz. Krieg ist das was von den Grünen übergeblieben ist.

     

    JOJO

  • M
    Medienbeobachter

    Nein, an möglichgen Kämpfen müssen sich keine westlichen Truppen beteiligen, sondern es reicht, wenn sich kriegslüsterne dt. Journalisten auf ins Gefecht machen.

    Selbst durchlebte Kämpfe sind zum einen eine schwer zu toppende Erfahrung und zudem würde dann Herr Johnson anders darüber urteilen, wieso der Westen dort eingreifen sollte. Es gibt nämlich keine Rechtfertigung. Die Kriegsparteien brauchen keine Besserwisser aus dem Westen, die können das unter sich ausmachen. Und wer sich ofern will, kann das gerne machen, aber auf eigene Rechnung.

     

    Herr Johnson, wir werden auf Ihre Kriegsberichte gut und gerne verzichten können. It was a nice try!

  • K
    Klaus

    Aha der Westen soll mal wieder in den Krieg ziehen und dann noch in Afrika gegen Muslime und das mit Forderung durch TAZ Artikel. Wo sind wir denn jetzt gelandet. Wir sind noch nicht mal in der Lage Seeräuber am Strand zu bekämpfen oder die Christen Hatz in Nigeria durch die Muslime dort zu unterbinden. Jetzt sollen wir einen Konflikt zwischen 2 Muslimischen Gruppierungen lösen? Dir Islamisten dieser Welt werden so lange kämpfen, bis sie ausgelöscht sind und das sollen wir übernehmen?

    Wie wäre es wenn in der islamischen Welt eine Bewegung gegen die Islamisten dieser Welt gründen.

  • U
    Unbequemer

    Und dabei habe ich doch gelernt, Islam heißt Frieden. Jetzt muß ich nur noch lernen, warum der dortige Islam so böse ist und der hier so anders sein soll. Wer kann das denn erklären? Oh - gleich kommt was über Evangelikale. Naja - ich weiß zwar nicht, was das eine mit dem anderen zu tun hat, aber ok...

  • A
    Antimilitarist

    Militär gehört abgeschafft.